Wer an Palästina denkt, dem fallen an erster Stelle die Pilgerstätten Jerusalem und Bethlehem ein, die einen wichtigen Stellenwert im christlichen Glauben einnehmen. Nur wenige Reisende werden Jericho kennen: Die „älteste Stadt der Welt“, enstanden vor 12.000 Jahren. Ein Ort, an dem der Blinde Bartimäus durch die Kräfte Jesu geheilt wurde. Von mehr als 22.000 Menschen bewohnt, liegt die Stadt mitten im Westjordanland. Jericho ist eine der vielen Attraktionen, für die die Organisation „Holy Land Incoming Tour Operator Association Palästina“ (HLITOA) mit dem Slogan „Mehr als Bethlehem“ auf der diesjährigen ITB Berlin wirbt.
Im letzten Jahr hat Palästina über zwei Millionen Besucher beherbergt. Allein bei den Übernachtungen wurde ein Anstieg von 5% festgestellt. Palästina ist also weiterhin ein wichtiges Ziel für Pilger aus der ganzen Welt, die sich die heiligen Stätten anschauen möchten. Sebastian Plötzgen, Strategic Advisor des „Tourism Development & Marketing Palestine“, betont, dass die Hauptbesuchszeiten in Palästina besonders Ostern und Herbst sind. Überraschenderweise nicht die Weihnachtszeit, trotz der Bedeutung des Ortes Bethlehem für das Christentum. Plötzgen vermutet dazu, dass diese Entwicklung mit dem Wunsch vieler Reisende zusammenhängt, die Feiertage im Kreis der Familie zu verbringen. Andererseits steigt die Anzahl gebuchter Wanderungen besonders im Winter. Die Wärme des Landes zieht europäische Wanderlustige in den kalten Monaten in die Wüsten des Westjordanlandes.
Aber die Instabilität in der Region stellt für die Reiseveranstalter eine Herausforderung dar. Trotz der weitgehend positiven Rückmeldungen der Besucher behindern besonders die Grenzkonflikte mit Israel eine unkomplizierte Reise. Die Reisenden, die sich für Touren durch das ganze „Heilige Land“ interessieren, können schon beim Überqueren der Grenzen zwischen Palästina und Israel den ersten Problemen begegnen. Einigen Reiseunternehmen aus Palästina werden Arbeitserlaubnisse für ihre Tourguides verwehrt, was die Durchführung größerer Touren über die Grenzen hinweg schwierig macht. Zusätzlich dazu haben nicht alle palästinensischen Busse die Erlaubnis auf israelischen Straßen zu fahren. Nur die Wagen mit gelben Kennzeichen dürfen sich frei über die Grenze hinweg bewegen.
Solche Gründe führen dazu, dass viele Touristen eine Reise in das „Heilige Land“ scheuen. Die Organisation „Brot für die Welt“ setzt sich mit ihrem Informationsdienst „Tourism Watch“ ein, Reisen in touristisch wenig erschlossenen Ländern zu stärken. Laut Antje Monshausen, Leiterin der Arbeitsstelle „Tourism Watch“, sollten sich die verunsicherten Besucher beruhigen, denn die Sicherheitslage für Touristen in Palästina und Israel sei besser, als für die Menschen vor Ort. Die Sorgen vieler Reisenden verstehe sie, jedoch handele es sich dabei oft um ein subjektives Empfinden, das durch mediale Berichterstattung gestärkt würde. „Lokale Guides legen einen hohen Wert auf die Sicherheit der Besucher. Durch die gründliche Vorbereitung der Touren werden Schwierigkeiten vermieden“, beteuert Monshausen. Sie empfiehlt, dass sich Reisende bei lokalen Reiseveranstaltern informieren. Zudem sollten bei der Planung einer Reise auch hilfreiche Informationen einer Hilfsorganisation eingeholt werden. Auch empfiehlt sie, dass die Reisenden vermehrt den Kontakt zu palästinensischen Touristenguides suchen sollen, die sich am besten in der Region auskennen. „Gut vorbereitet ist eine interessante Reise durch die palästinensischen Gebiete ohne größere Risikos möglich“, meint Monshausen. So wird in Zukunft vielleicht auch eine Attraktion wie Jericho an Bekanntheit hinzugewinnen. amr