Das Privatvermittlungsportal Airbnb boomt – auch in Berlin. Dennoch gibt es wegen rechtlicher Ungereimtheiten immer mehr Kritik an dem Onlinedienst. Ein genaues Reglement und faire Wettbewerbsbedingungen fordert deshalb die Tourismus-Service-Agentur Visit Berlin. Doch auch Airbnb selbst wünscht sich klarere Gesetze.
Eine Nacht in Berlin für 28 Euro, Doppelbett, modernes Altbauzimmer mit Parkett. Mit solchen Angeboten locken private Onlinevermittlungsplattformen wie Airbnb, Wimbdu oder 9flats. Sie bieten Privatzimmer und Ferienwohnungen zu günstigen Preisen und machen damit der klassischen Hotelbranche zunehmend Konkurrenz. Laut einer Umfrage auf stern.de, die im Februar in Zusammenarbeit mit der Hochschule Worms durchgeführt wurde, haben fast Dreiviertel der Befragten schon einmal einen Aufenthalt über eine Vermittlungsplattform gebucht. Am bekanntesten ist laut Studie Airbnb. Vor sieben Jahren haben Joe Gebbia und Brian Chesky das Start-up im kalifornischen Silicon Valley gegründet. Ursprung ihrer Idee: Eine Messe in San Francisco führte dazu, dass die Hotelzimmer in der Stadt knapp wurden. Kurzerhand stellten die beiden ihre Wohnung als Übernachtungsmöglichkeit zur Verfügung und stellten fest, dass es dafür einen großen Markt gibt.
245.000 Airbnb-Übernachtungen in Berlin
Das Sharing Economy Konzept scheint zu funktionieren: In Deutschland hat sich die Zahl der Übernachtungsgäste bei Airbnb laut Sprecher Julian Trautwein im Vergleich zu 2013 verdoppelt. Rund eine Million Gäste haben das Airbnb-Angebot 2014 genutzt. Allein in Berlin haben im Vorjahr 245.000 Übernachtungsgäste eine Unterkunft bei Airbnb gewählt. Gerade einmal rund ein Prozent macht das im Vergleich zu der Gesamtanzahl an Übernachtungen in der Bundeshauptstadt aus, die 2014 mit knapp 29 Millionen auf einen neuen Rekordwert angestiegen ist. Dennoch bezeichnet es Christian Tänzler, Pressesprecher von visit Berlin, als „vollen Wettbewerb“, der zwischen den klassischen Hotels, Jugendherbergen und Airbnb herrscht. Dieser werde mit „ungleichen Mitteln“ geführt, kritisiert er. Tänzlers Wunsch: „Dass Rahmenbedingungen eingeführt werden, die einen fairen Wettbewerb ermöglichen.“ Unfair sei zum Beispiel, dass Privatpersonen, die ihre Wohnung über Airbnb vermieten, im Gegensatz zu gewerblichen Hotelbetrieben keine Steuern zahlen würden. Diese Kritik lässt Trautwein nicht gelten: „In Berlin zahlen unsere Gastgeber lokale Steuern.“ Im Gegensatz zu Tänzler bezieht er sich dabei aber nicht auf die gewerbliche Umsatzsteuer, die die Hotelbetriebe im Gegensatz zu Airbnb-Gastgebern abführen müssen. Trautwein gibt allerdings zu, dass es schwierig sei, eine pauschale Regelung in Punkto Steuern für die mittlerweile mehr als eine Million Airbnb-Unterkünfte weltweit festzulegen.
Ein weiterer Punkt, den Visit Berlin an den Airbnb-Unterkünften kritisiert: Im Gegensatz zu Hotelbetrieben müssen diese keine Fluchtwege aufweisen. „Es gibt keine einheitlichen Standards punkto Sicherheit, Brandschutz und Lärm“, erläutert Tänzler. „Wir haben nichts gegen Regulierungen“, stellt Trautwein klar. Das Problem sei allerdings, dass sich Airbnb-Kunden eben Freiheiten in Punkto Fluchtwege und Co. wünschen würden und gerade deshalb auch kein klassisches Hotel buchen würden. Die Kritik, dass sich Anrainer oft über Airbnb-Gäste beschweren würden, weil diese zum Beispiel zu laut seien, lässt Trautwein nicht gelten: „Typische Airbnb-Gäste sind Mitte 30 und nicht nur auf Party aus.“ Meist handle es sich um ein bis zwei Personen oder sogar Familien, die diese Unterkunftsform bevorzugen.
Authentisches Wohnen nicht gefährdet
Insgesamt werden laut Trautwein knapp 15.000 Unterkünfte in Berlin über Airbnb vermietet. Bei etwa 9.000 davon seien die Gastgeber tendenziell nicht vor Ort – die Wohnung stehe den Gästen also allein zur Verfügung. Dass die Airbnb-Gäste dadurch keinen Kontakt mit ihren Gastgebern haben und der ursprüngliche Zweck von Airbnb – eine authentische Wohnatmosphäre in einer fremden Umgebung zu garantieren, damit verloren gehe, kann Trautwein nicht bestätigen. Tänzler nennt als Negativbeispiel die Wilhelmstraße in Berlin Mitte, wo „fast keine festen Mieter“ mehr wohnen würden. „Dort sind keine Wohnungen von Airbnb“, stellt Trautwein klar. Es handle sich um Ferienwohnungen von anderen Anbietern. Gleichzeitig räumt er aber ein: „Natürlich gibt es auch Ferienwohnnungen, die bei Airbnb inserieren.“
Klarere Regeln zum Zweckentfremdungsverbot
Insofern könnte auch das seit Mai 2014 geltende Zweckentfremdungsverbot, das das Vermieten privater Ferienwohnungen für illegal erklärt, ein Problem für Airbnb darstellen. Das ursprüngliche Airbnb-Geschäftsmodell, das darauf abzielt, einzelne Zimmer und nicht ganze Unterkünfte zu vermieten, dürfte davon aber weitgehend unberührt bleiben. VisitBerlin bezeichnet das neue Gesetz dennoch als „ersten Schritt in die richtige Richtung.“ Trautwein hingegen übt Kritik daran: „Es gibt keine klare Aussage von der Stadt, ob unsere Gastgeber unter diese Regelung fallen oder nicht.“ Außerdem gestalte sich die Kontrolle des Gesetzes in den einzelnen Bezirken unterschiedlich. Airbnb wünscht sich daher, dass Berlins Bezirksämter das Gesetz entsprechend nachbessern. Ein klares Reglement für Shared Economy-Modelle wie Airbnb fehlt also noch. Darüber sind sich Trautwein und Tänzler ausnahmsweise einig. (fri)
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Termintipp zum Thema:
Shared Economy – Die neue Masche?
6. März 2015 , 12:45 – 13:30 Uhr
Halle 7.1a, Saal New York 2