Action, Spaß und Spannung

Foto: Halle Trends und Events. Quelle: Myriel Camp.

Die ITB Berlin 2011 kann eine sportliche Herausforderung sein. Zumindest in der Halle 4.1. des Messegeländes.

Der Gurt wird angelegt und rauf geht es den etwa 10 Meter hohen Kletterfelsen. Oder versucht man sich doch lieber auf einem Surfboard beim Wellenreiten? Definitiv eines der Favoriten, zumindest die lange Schlange der geduldig wartenden Menschen davor deutet darauf hin.

Geschick und Balance sind gefragt, wagt man sich auf die Slag Line, ein gespanntes, elastisches Seil über dem Boden. Die reinste Wackelpartie – und auch für Zuschauer sehr amüsant. Ziemlich komisch sieht das aus, wenn die Wagemutigen um kostbare Sekunden auf dem Seil kämpfen.

Wer nicht mit ganzem Körpereinsatz dabei sein möchte, der kann Sport im „kleinen Rahmen“ machen: Minigolf und Skateboarding als Fingerakrobatik. Und mit etwas Glück lässt sich beim Glücksrad auch noch ein kleiner Gewinn abstauben. Für die Ruhepause zwischendurch bieten sich einzelne Konzerte und Vorführungen aus verschiedenen Kulturen an. Halle 4.1: Definitiv eine aktionsgeladene Halle, ein großer Spielplatz für groß und klein.

Wer sich darüber hinaus noch über spannende Reiseangebote insbesondere für junge Leute informieren möchte, der kann sich von den zahlreichen Hostel- und Abenteuerveranstalter schon mal gedanklich mitnehmen lassen auf die große Reise.

Allgemein ITB 2011

Sonne, Strand und neue Hüfte: Medizintourismus in Thailand

Foto: Das Bangkok Hospital. Quelle: geographyteachingtoday.org.uk

Inmitten der Stände von Airlines, Reiseanbietern und Ländern Südostasiens steht ein Stand, der auf der ersten Blick gar nicht in das exotische Ambiente traumhafter Urlaubsorte zu passen scheint. Keine lächelnden Thais, keine bunten Panoramen, keine Bildschirme, keine Musik. Es ist der Stand eines Krankenhauses. Hinter dem Infostand sitzt ein Deutscher – und wartet.

Ralf Krewer ist eigentlich Sinologe. Als ihm das Chinesischlernen in Berlin nicht mehr ausreichte, zog es ihn nach Asien. Heute ist er Direktor des Bangkok Hospital. Dazwischen liegt der rasante Aufstieg Thailands zum Mekka im internationalen Medizintourismus.

Medizintourimus, das sind Reisen zwecks ärztlicher Behandlung im Ausland, und eigentlich so alt wie die Zivilisation, meint Krewer. Früher mussten Menschen manchmal weite Reisen auf sich nehmen, um bestimmte Behandlungen oder Arzneien zu bekommen. Alte Kurorte etwa zehren noch heute von ihrem Ruf als Pilgerziel der Kranken. Als globales Phänomen, mit erdumspannender Logistik und technologisch hochspezialisierten Kliniken, boomt diese moderne Form des Tourismus derzeit. Der Mittelstand hat in weiten Teilen der Welt mehr Geld zur Verfügung, außerdem werden die globalen Transportmöglichkeiten immer erschwinglicher. Und damit steigt auch die Nachfrage nach medizinischen Leistungen im Ausland. Wer das Geld hat, kauft sich und seiner Familie die bestmögliche Behandlung.

In Deutschland dürfen Krankenhäuser seit 1998 Gewinne aus der Behandlung von Patienten aus dem Ausland behalten. Aber Kunden aus Afrika, dem Nahen Osten, Asien und Europa machen sich inzwischen auf in ganz unterschiedliche Regionen: nach Polen oder Ungarn; nach Brasilien, das Land des Skalpells; nach  Singapur, Indien, Malaysia und Thailand. Grund genug für Bangkok Hospital, sich auf der ITB Berlin 2011 zu präsentieren.

Bangkok Hospital ist eines von 27 Krankenhäusern der Dusit Medical Services (DMS). Neben der thailändischen Hauptstadt hat das Unternehmen auch Filialen in anderen Ländern, etwa in Äthiopien. Bangkok Hospital ist eine Kette von Krankenhäusern – eine sehr erfolgreiche. Das Forbes Magazine listete es 2006 als eines der besten Unternehmen der Asien-Pazifik-Region. Weltweit arbeiten 4200 Ärzte für die Unternehmensgruppe. Im letzten Jahr wurden stolze 52 Prozent des Umsatzes durch Medizintouristen generiert.

Die größte Teilgruppe darunter stellen Burmesen, vom Umsatz her aber bestimmen Qataris, Emiratis, Äthiopier und Deutsche das Bild, so Krewer. Das große Plus der DMS Kliniken ist modernste Technik: „Ich habe viel mit europäischen Netzwerken wie den Maltesern zu tun. Wenn deutsche Kollegen zu uns nach Thailand kommen und unsere Technologien sehen, sind die immer ganz erschlagen und sagen, so etwas hätten sie nicht mal in Deutschland.“ Die Emirate beispielsweise haben zwar eine gute ärztliche Versorgung, doch viele reiche Araber wollen sich daheim nicht gern von ihren libanesischen oder pakistanischen Ärzten und Krankenschwestern behandeln lassen. Und wieder andere kommen schlicht wegen der Ersparnis an Zeit und Geld. Und warum sollte man sich nach stressigen Untersuchungen oder einer Operation nicht gleich einen Urlaub gönnen? Die DMS-Krankenhäuser liegen bereits in Urlaubsregionen – Samui, Krabi, Phuket. Medizinische Leistungen sind mit einem Erholungsurlaub kombinierbar, gern auch mit Kind und Kegel.

Die Kosten für das alles? „Sie können sich den Urlaub allein durch die Ersparnis bei den Behandlungen leisten“, sagt Krewer. Für einen Rundum-Check, der in Deutschland locker 2.800 Euro und mindestens zwei Tage Zeit koste, zahle man in seinem Unternehmen gerade mal umgerechnet 860 Euro. Alles inklusive. Auch kosmetische Chirurgie, eine Spezialität der klinischen Medizin in Thailand, ist im Angebot, etwa das Face Lift Package für rund 2.800 Euro. Am Service lässt man es im Bangkok Hospital mit der bunt gemischten Kundschaft nicht fehlen: Dolmetscher in 26 Sprachen, Zimmerservice, vier Moscheen, Halal-Küche, tägliche Jazz- oder Klassikkonzerte. „So ein Krankenhaus ist vergleichbar mit einem Fünf-Sterne-Hotel“ erklärt Krewer, „das macht seinen Profit auch nicht mit den Zimmerpreisen, sondern an der Bar, mit Dienstleistungen und im Restaurant.“

Das Geschäft geht gut, und obwohl sich auch in anderen Ländern seit einiger Zeit Reiseunternehmen auf Medizintouristen spezialisieren, wundert sich Krämer, dass sein Stand immer noch der einzige seiner Art auf der ITB Berlin ist. Der Grund: Das ganze von Deutschland aus als Komplettpaket inklusive Transport zu vertreiben, ist aus haftungsrechtlichen Gründen noch nicht möglich. Krewer kann deshalb bisher nur Werbung machen, doch er ist optimistisch: „Auf der nächsten ITB Berlin finden Sie vielleicht schon ganze Reisepakete bei uns.“

Allgemein Fernreisen ITB 2011

Inspiration für Ägyptens Zukunft

Bild: Ägypten mit Kampagne 2.0. Quelle: Jennifer Schwanenberg

Ägypten hat es geschafft, die Revolution vom 25. Januar 2011 auf die ITB Berlin 2011 zu holen. Der ursprünglich vom ehemaligen Präsidenten Husni Mubarak angestoßenen Kampagne, wurde der Stempel der Revolution aufgedrückt. Das ursprüngliche Motto „Wo alles begann“ wurde zu „Wo alles beginnt“, und es wurden weitere Slogans  entwickelt, die direkten Bezug auf die Revolution nehmen. „Frieden, Aufbruch & Energie schreiben Geschichte“, „25. Januar 2011: Eine neue Ära der Gastfreundschaft“, „Die Online-Revolution – made in Egypt“. Neue  Botschaften auf alten Plakaten.

Die Revolution wird zum Verkaufsargument. Ägyptens neuer Tourismusminister Mounir Fakhry Abdel Nour lud auf der Pressekonferenz sogar dazu ein, jetzt in Kairo den Tahrir-Platz zu besuchen: „Es ist eine Erfahrung wert.“ „Tahrir – ein Platz rockt die Welt“, heißt der passende Slogan dazu.

Eine Meinung, die nicht alle Ägypter teilen.

Die Idee zu den neuen Slogans hatte Amr El-Ezaby, der Chef der ägyptischen Tourismusbehörde. Umgesetzt hat das Ganze eine deutsche PR-Agentur – in nur einer Stunde, wie die Chefin erklärt. El-Ezaby ist der Meinung: „Wir konnten die Revolution doch nicht einfach ignorieren.“

Das Feedback auf diese neuen Botschaften ist groß. Die Medien interessieren sich dafür ebenso wie die Besucher. Und zu  was Ägypten sie und Reiseveranstalter genau inspiriert wird man auf der ITB Berlin 2012 erfahren – wenn Ägypten Partnerland ist.

ITB 2011

Die Jagdsaison ist eröffnet: Privatbesucher stürmen die ITB Berlin 2011

Foto: Give-Away Ausbeute. Quelle: Claudia Kovaricek

Seit heute Morgen können sich Privatbesucher auf der größten Tourismusmesse der Welt, der ITB Berlin 2011, über aktuelle Reisetrends und Angebote informieren. Bereits vor neun Uhr sitzen schon viele vor den verschlossenen Messeingängen und warten darauf, endlich hineingelassen zu werden.

Kaum sind die Tore der Messe geöffnet, beginnt die Jagd auf die Werbegeschenke der Aussteller. Sammler kommen ganz auf ihre Kosten: Give-Aways fließen en Masse. An jeder Ecke gibt es etwas – Kugelschreiber, Schlüsselbänder oder Taschen liegen wie jedes Jahr hoch im Kurs. Auch kleine Urlaubshelfer werden in den Messehallen ausgegeben. Praktisches wie einen Asienknigge mit Verhaltenstipps oder Hinweise für unbeschwerte Ferien werden verteilt. Klar wird: Beim Messebummel tauchen inzwischen immer häufiger auch ausgefallene Ideen auf. Zum Teil sind diese hilfreich, manchmal sehen sie aber auch nur nett aus. Quietscheentchen mit lila Federboa, ein traditioneller Strohhut oder eine kostümierte Plastikpuppe in Uniform sind nur einige Beispiele für nichtssagende Werbegeschenke.

Originell wird es dagegen schon beim Anti-Stress-Flugzeug in Knautschoptik, das bestimmt einen angenehm-entspannten Flug verspricht: Durch leichtes Zusammendrücken in der Handinnenfläche werden die Handmuskeln gelockert. Gesundes findet sich auch auf der ITB Berlin 2011: Äpfel mit Laser-Slogan, die neben Fast-Food-Snacks am Rand der Messehallen für vitaminreiche Abwechslung sorgen. Die kreativste Idee: Ein Strandtuch weist mit großen Buchstaben darauf hin, dass es bereits „belegt“ ist. Damit lassen sich die besten Poolliegen im Urlaubsort reservieren. Die Kuriosität des Tages: Ein Light Board,  dessen Zusammenhang mit dem Aussteller sich dem Besucher nicht richtig erschließt. Dass zeitnah auf politische Situationen im Land reagiert wird und Werbegeschenke zum Nachdenken anregen sollen, zeigt sich beispielsweise an einem Poster mit Hinweis auf die friedliche Revolution und den Umbruch in Ägypten.  Imagekampagnen müssen flexibel sein.

Für Beobachter des Messegeschehens am Wochenende wird schnell klar, dass das Interesse der Besucher am Materiellen oft größer ist, als am Aussteller. Scheinbar haben sie gut gefrühstückt, denn die Taschen sind schon am Mittag randvoll, das schwere Gewicht nicht zu übersehen. Zurückhaltung ist für viele ein Fremdwort: Es wird gedrängelt und gegrabscht, um Ausreden sind einige nicht verlegen. Wer sich heimlich bedient und dabei ertappt wird, hat plötzlich einen Bruder, der auch ganz dringend einen Kugelschreiber braucht. Es wird rücksichtslos zugelangt, sodass kurz nach Mittag bereits die ersten Aussteller keine Give-Aways mehr anbieten können. Aber zum Glück gibt’s ja noch den nächsten Stand, an dem man es nochmal versuchen könnte.

Allgemein ITB 2011

Was macht glücklicher, die Partnerschaft oder eine Reise?

Quelle: www.flickr.com/KiralyMikos-Keralka

„Glück ist das Freisein von Unlust“, sprach der weise Epikur vor mehr als 2.000 Jahren. Glück, das kann ein Lächeln sein, beruflicher Erfolg oder das Blättern im Fotoalbum des letzten Urlaubs. Das Gefühl von Glück ist schwer zu definieren und für jeden einzigartig. Wahrscheinlich gerade deshalb fühlt Professor Dr. Karlheinz Zwerenz von der Hochschule für angewandte Wissenschaften München diesem  Phänomen auf den Zahn. In einer Umfrage zum Thema „Wie glücklich macht das Reisen?“ befragte er 211 Teilnehmer im Alter zwischen 20 bis 60 Jahren.

Häufig werden die unbewussten Motive des Reisens außer Acht gelassen. Nicht von  Zwerenz.  Erst sei es die Vorfreude, die uns in einen besonders euphorischen Zustand versetzt, nach dem Urlaub sei es das Erinnern. Der Professor spricht von einem Drang zur Dokumentation und vom Menschen als Jäger und Sammler von Erinnerungen. Glücklich mache neben der Reise an sich daher besonders der Rückblick auf den Urlaub. Im Nachhinein wird „das negative Bild umgedichtet“, Probleme und Ärgernisse werden dramatisiert und zu heldenhaft gemeisterten Abenteuern stilisiert.

Bei der Frage „Geben sie drei Dinge an, die Sie glücklich machen“, nennen die meisten an erster Stelle den beruflichen Erfolg (37 Prozent), das Reisen (36 Prozent) steht an zweiter Stelle. Weniger relevant sind zum Beispiel Partnerschaft und Gesundheit, die nur 7.6 Prozent angeben. Die Umfrage zeigt, dass vor allem das Auswählen der Reise Freude bereitet. Die Reise in die Tat umzusetzen – sich informieren und buchen – macht hingegen wenig Spaß. Professor Dr. Karlheinz Zwerenz, der für die Veranstalter forscht, will dafür ein neues Handwerkzeug entwickeln. Seine Studie soll den Reiseveranstaltern helfen, diese Momente glücklicher zu gestalten.

Allgemein ITB 2011

Irak – Kriegsgebiet oder Reiseparadies?

Quelle: Maria Langhammer.

Blühende Landschaften, einmalige Architektur und wertvolle Überbleibsel längst vergangener Zeiten. Der Irak, der in den europäischen Medien sehr kritisch dargestellt wird, scheint auch eine andere Seite zu besitzen. Davon möchte zumindest der irakische Reiseveranstalter Al-Rafidian Co. Ltd. auf der ITB Berlin 2011 überzeugen. Ich denke mir, das klingt interessant: Ein Land zwischen Krieg und Tourismus. Ich suche den Stand auf und bin fest entschlossen die Frage zu klären, ob der Irak denn wirklich schon als Tourismusdestination in Frage kommen kann. Ich treffe Fadhil Al-Saaegh, Geschäftsführer der Al-Rafidian Co. Ltd.

Al-Saaegh sitzt hinter dem Informationsstand an einem kleinen weißen Tisch auf seinem Stuhl. Gastfreundschaft wird anscheinend groß geschrieben, der gesamte Tisch ist mit Datteln und Schweineohren bestückt. Halt, Schweineohren an einem irakischen Stand? Na, vielleicht hat es mit dem Vorbild Deutschland zu tun, von dem ich später hören werde. Al Saaegh sitzt lässig da, begrüßt mich freundlich. Auf seiner linken Jacketseite steckt ein Pin der irakischen Flagge: nah am Herzen. Die Arme auf den Tisch aufgestützt wartet er auf die erste Frage. Da er kein englisch oder deutsch spricht, vermittelt Haneen E., die nette Empfangsdame aus den Arabischen Emiraten mit irakischen Eltern und fast perfektem Deutsch.

„Erzählen Sie mir etwas über Ihr Land“, frage ich, damit wir miteinander warm werden. Er lächelt und spricht mit fester, selbstbewusster Stimme über sein Land. „Da ich Iraker bin, liebe ich mein Land über alles und möchte es dem Rest der Welt präsentieren. Der Irak hat viel zu bieten. Von Architektur, über Philosophie, Sehenswürdigkeiten, bis hin zur Natur. Außerdem unterscheidet sich unsere Kultur ganz stark von anderen Ländern,“ übersetzt mir Haneen. Er möchte unbedingt, dass auch mehr Touristen europäischer Herkunft in das Land kämen, erzählt sie weiter. Und nun wendet sich das Blatt. Die dunklen Kapitel des Iraks werden aufgeschlagen und kommen ins Gespräch. 

„Wir wissen, dass die Menschen sehr große Angst davor haben in den Irak zu reisen, da sie befürchten dort ihr Leben verlieren zu können. Die Medien präsentieren den Irak immer als zerstörtes und angegriffenes Land. Genau aus diesem Grund sind wir hier: Wir möchten ein schöneres Bild vom Irak vermitteln. Wir möchten zeigen, dass wir eine neue Regierung haben, dass wir eine Demokratie haben und, dass das diktatorische Regime abgeschafft wurde. Bei uns gibt es Meinungsfreiheit, wir können uns frei entfalten. Und die ganzen Geschichten, wie der Verschleierung der Frauen in unserem Land, die das Bild der Menschen über den Irak bestimmen, existieren gar nicht. Das stört uns ein bißchen. Wenn es dort nicht sicher wäre, würden wir hier als Privatsektor gar nicht auftreten und so viel Geld für die Messebeteiligung ausgeben.“

Irgendwie widerspricht dieses Bild den Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes, denke ich und hake nach. Sie übersetzt meine Frage und er schmunzelt. Das Handy klingelt. Es ist wichtig – der Minister ist am Hörer und wir müssen das Interview kurz unterbrechen. Ich kann jedoch nicht warten und frage unsere nette Dolmetscherin ein wenig aus. Ich finde heraus, dass es keine offizielle Tourismusvertretung der Regierung gibt. Die privaten Unternehmen übernehmen für den Irak also sowohl ihre eigene Firmenpräsentation, als auch die Vermarktung des Landes. Die Regierung sei etwas zurückhaltend aus finanziellen Gründen, berichtet sie mir.

Das Telefonat ist beendet und er wendet sich uns wieder zu – wieder mit festem Blick, leicht vor sich verschränkten Armen und in lässiger Pose. „Noch weitere Fragen?“ Aber ja, die Stellungnahme zur Reisewarnung des Auswärtigen Amtes fehle doch noch, erinnere ich Haneen. Scheinbar findet Fadhil Al-Saaegh die Frage etwas lächerlich – oder unangenehm? Er lacht, das Gesicht leicht gerötet. „Wenn die Lage nicht stabil wäre und wir für die Sicherheit nicht garantieren könnten, würden wir nicht so viel Geld in die Hand nehmen und hier auf der ITB Berlin auftreten“, wiederholt er sich. Haneen erzählt mir weiter, dass sie Versicherungsverträge mit den deutschen Unternehmen abschließen würden, um die Sicherheit der Reisenden zu garantieren. Täglich würden 5.000 Touristen in das Land einreisen und auch ohne gefährliche Zwischenfälle wieder heimkehren.

„Das bedeutet, Sie garantieren die Sicherheit durch Versicherungsverträge …“, hake ich nach. Reicht das denn aus? Gibt es Personenschutz? Polizei? Bodyguards oder ähnliches? Al-Saaegh stehe mit seinem Namen für die Reisen. Und dann wird es konkreter: Sie reisen mit uns überwiegend in kurdische Gebiete. In den Regionen, in denen viele Sehenswürdigkeiten und die beeindruckenden Tempel stehen, bestünde gar kein Grund zur Sorge, hier sei es vollkommen sicher. „Dort wurde vor dem Krieg nicht bombardiert, nach dem Krieg nicht und hier war es schon immer sicher. Der Irak an sich ist ein Traum, ist wie ein Zauber“, vermittelt die Dolmetscherin. Ich will aber wissen, ob es auch Regionen gibt, die bewusst gemieden werden. Baghdad zum Beispiel? Er schmunzelt wieder. „Von Baghdad haben die Leute ein vollkommen falsches Bild. Dort leben ca. sechs Millionen Menschen. In Sicherheit. Natürlich, eine Hauptstadt ist immer gefährdeter, Opfer von Terroranschlägen zu werden. Aber ich möchte betonen, dass ständig tausende von Menschen jeden Tag raus- und reinfahren. Und die sind auch in Sicherheit und sterben nicht.“ Na gut. Dabei belasse ich es. Und dann folgt doch noch ein Zusatz von ihm: „Trotz der sicheren Lage, bieten wir als Reiseveranstalter keine Unterkünfte, Führungen oder Reisen in Baghdad an. Wir weichen ein wenig ab und gehen in die Gebiete in Kurdistan, wo wir 100 Prozent Sicherheit gewährleisten können.“

Die Frage bleibt, ob das Land überhaupt schon reif für den Tourismus ist. Gibt es touristische Infrastruktur? Können sich die Touristen dort mit den Einheimischen verständigen? Ich erfahre, dass ein Dolmetscher immer dabei sein sollte. Viele Iraker beherrschten wohl die englische Sprache gut. Doch natürlich könne man nie davon ausgehen, dass dies für alle gilt. Das leuchtet mir nicht ganz ein, wenn nicht einmal der Chef des Reiseveranstalters Englisch spricht.

„Was wünschen Sie sich für den Irak mit Blick auf die Zukunft?“, frage ich.

Fadhil Al Saaegh wünscht, „dass sich die Lage im Irak verbessert und sich genau wie Deutschland entwickelt. Das irakische Volk hat wirklich sehr gelitten und will wieder leben.“ Warum Deutschland das Vorbild sei? Er lacht, gestikuliert selbstbewusst und ändert seine Sitzposition. „Allein schon die Autoindustrie, Mercedes Benz, BMW und so weiter“, sagt er mit einem breiten Lächeln und leuchtenden Augen. „Deutschland hat im Irak einen sehr guten Ruf. „Made in Germany“ ist für uns Iraker eine große Marke.“

„Also ist es der Wunsch, dass ,Made in Iraq‘ auch zu einem Label wird?“, frage ich mit einem Lächeln? „Ja genau, dass ,Made in Iraq‘ auch zu einer Marke wird“, fügt Haneen hinzu. Wir lachen beide, verabschieden uns voneinander. Ich mache mich wieder auf den Weg in das Redaktionsbüro und frage mich, ob Al Saaeghs beruhigenden Worte berechtigt sind.

ITB 2011

Sorgenkinder der Tourismusentwicklung: Eritrea und Haiti

Quelle: flickr / Siri B.L.

Asmara lautet der Name der Hauptstadt Eritreas. Für die 601.000 Einwohner Stadt im Süden des Landes ist eines charakteristisch: die weltweit größte Ansammlung von Gebäuden im Stil der 30er Jahre. Asmara gilt als eine der schönsten Hauptstädte Afrikas. Wussten Sie das?

Vermutlich nicht, und genauso wenig weiß man wohl über das schmale Land im Nordosten Afrikas und dessen Tourismuspotenzial. Urlaub in Eritrea? Das klingt nach bitterer Armut, Hitze und Gefahr, nicht aber nach Architektur, Gebirge, Wüsten- und Vulkanlandschaften, Höhlenmalereien, Steppe und Tieren. Dennoch konnte sich nach der Unabhängigkeit 1993 ein Hauch von Tourismus für „speziell Interessierte“ so Prof. Dr. Rainer Hartmann von der Hochschule Bremen, entwickeln. Ein Tourismus, an den viele Hoffnungen geknüpft seien. Alle Zukunftsvisionen brachen abrupt ab, als es 1998 zum Grenzkrieg mit Äthiopien kam.

Eritrea hat Tourismuspotenzial. Das alleine reicht aber nicht, um das Land für Touristen attraktiv zu machen. Eritrea belegt den letzten Platz bei Reporter ohne Grenzen und die politischen Beziehungen zu Äthiopien sind instabil. Touristen aber suchen nach Stabilität und Sicherheit. Negative Schlagzeilen über Menschenrechtsverletzungen schrecken sie nur.

Schreck und Unsicherheit prägen auch das Image von Haiti, dem anderen kleinen Entwicklungsland, das am touristischen Kuchen teilhaben möchte. Zwar wurde dieses Jahr wieder Karneval gefeiert, und Haiti vergaß für einen Moment das Trauma, dass das Erdbeben am 12.1.2010 ausgelöst hat und „das Land in die Steinzeit katapultierte“. Doch Haiti „is still alive“, so die Moderatorin der Veranstaltung Haiti ein Jahr nach dem Erdbeben. Auch wenn die Koordination der Projekte und Hilfsorganisationen noch immer schwierig ist, „Haiti wird teilhaben an der Zukunft“, versichert der haitianische Botschafter Patrick Saint-Hilaire optimistisch.

Haiti hofft dringend auf die Tourismuswirtschaft. Schon jetzt sind zwei internationale Flughäfen in Planung, die in zwei bis drei Jahren Touristen empfangen sollen. 50.000 km karibische Küstenlinie warten nur darauf, von Urlaubern besucht zu werden. „Wir suchen Investoren, wir brauchen Hotels“, betont der Botschafter. Haiti habe nicht viel Geld, da die Natur kein Gold hergebe, dafür aber eine interessante Kultur und Geschichte. Haiti richtet sich auf, so scheint es, und geht selbstbewusst und entschlossen der Zukunft entgegen.

Allgemein ITB 2011

Community Based Tourism – Chancen und Gefahren

Foto: TO DO! Preisverleihung: Andaman Discoveries. Quelle: Myriel Camp.

Bereits zum 16. Mal wurde dieses Jahr auf der ITB Berlin 2011 der TO DO! Preis für sozialverantwortlichen Tourismus vergeben. Unter den drei Gewinnern war die thailändische Organisation Andaman Discoveries. Sie setzt sich für die Entwicklung der Gemeinden der Küstenregion Phang Nga in Südthailand ein. Eine Möglichkeit diese voranzutreiben sehen sie im Aufbau von Community Based Tourism (CBT). Entstanden ist die Organisation nach dem Tsunami 2004, der Fischern durch die Zerstörung zahlreicher Schiffe die Lebengrundlage nahm.

Community Based Tourism als nachhaltige Form des Tourismus gewinnt immer mehr an internationaler Anerkennung. Aber ist diese Form des Tourismus wirklich nachhaltig, zukunftsträchtig?  Ein Gespräch über Chancen und Gefahren mit dem TO DO! Preisträger Bodhi Garrett, Unternehmensgründer von Andaman Discoveries.

Myriel Camp: Wie werden Gemeinden auf die Möglichkeit des Community Based Tourism als Instrument für Entwicklung aufmerksam gemacht?

Bodhi Garrett: In einigen Gemeinden haben wir im Zuge des Tsunamis Community Based Tourism aufgebaut. Das Konzept hat sich in den benachbarten Gemeinden rumgesprochen und nun wollen viele Gemeinden Tourismus in ihren Dörfern aufbauen. Ein Problem ist, dass es sich mittlerweile zu einem Trend entwickelt und dass das Angebot die Nachfrage weit überschreitet.

Myriel Camp: Auf der TO DO! Preisverleihung betonten Sie die Chancen, die Community Based Tourism für Gemeinden hat, wie zusätzliches Einkommen,  Engagement im Umweltschutz und Stärkung des Traditionsbewusstseins . Sehen Sie auch Probleme hinsichtlich der Umwelt und Kultur, die diese Form des Tourismus mit sich bringt?

Bodhi Garrett: Natürlich hat der Tourismus auch negative Auswirkungen auf die Umwelt, genauso wie jede Form von Entwicklung und Modernisierung negative Auswirkungen auf die Umwelt hat. Der Tourismus jedoch, im Vergleich zu vielen anderen treibenden Modernisierungsfaktoren, führt Einheimischen die Wichtigkeit des Umweltschutzes und Kulturerhalts vor Augen. Schließlich bedingen diese den Tourismus. Bedauernswert ist auch, dass es auf Regierungsebene noch wenig Verständnis für nachhaltigen, partizipativen Tourismus gibt.

Myriel Camp: Wie schaffen es Gemeinden die Aufmerksamkeit der Touristen zu gewinnen?

Bodhi Garrett: Wir produzieren Broschüren über das Tourismusangebot der Gemeinden und vermarkten sie an Reiseveranstalter, die sich dem sozialverantwortlichen Tourismus verschrieben haben. Ziel ist es jedoch, dass sich die Gemeinden in Zukunft selbstständig vermarkten können.

Myriel Camp: Wie lange dauert es im Durschnitt bis sich eine Gemeinde selbstständig vermarkten kann und ohne organisatorische und finanzielle Hilfe von außen zurechtkommt?

Bodhi Garrett: Das ist ganz unterschiedlich und kommt auf die Gemeinde an. Aber ein bis zwei Jahre dauert es mindestens. Andaman Discoveries agiert jedoch auch dann weiterhin als Reisevermittler um Touristen in die Gemeinden zu senden.

Myriel Camp: Hat jedes Gemeindemitglied die Chance am Community Based Tourism teilzunehmen?

Bodhi Garrett: Im Prinzip ja. Um jedoch Gästen einen Homestayaufenthalt anbieten zu können müssen bestimmte Standards erfüllt sein. Fehlt es dem Hauseigentümer an finanziellen Mitteln um diese Kriterien zu erfüllen, leiht ihm die Gemeinde Geld, das er später durch die Einnahmen durch den Tourismus zurückzahlt. Wichtig ist, das Tourismuskonzept unter Einbezug der finanziell schwächsten Mitglieder aufzubauen und es immer wieder entsprechend an die Bedürfnisse aller anzupassen.

Myriel Camp: Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen die Community Based Tourism bewältigen muss um sich in Zukunft nachhaltig selbst tragen zu können?

Bodhi Garrett: Die größte Herausforderung ist definitiv Zugang zum Markt zu bekommen und dass die Nachfrage das Angebot bestimmt. CBT muss von den Gemeinden als Instrument für lokale Entwicklung gesehen werden und nicht als Privatunternehmen. Häufig bieten einige wenige Leute einer Gemeinde Homestayaufenthalte an und verkaufen sich nach außen als Community Based Tourism, ohne dabei die Anforderungen dieses Tourismuskonzepts zu erfüllen. Der Begriff CBT wird schnell und häufig missbraucht, ohne dass leisten zu können, was das Konzept eigentlich verspricht.

Myriel Camp: Was machen Sie mit dem Geld, das Sie bei den TO DO! Awards gewonnen haben?

Bodhi Garrett: Das Geld soll dafür genutzt werden, einen neuen Projektkoordinator auszubilden, der für die Ausbildung der einzelnen CBT Gemeinden der Region  zuständig ist. Außerdem soll etwas Geld für Notfälle und weitere Projekte beiseitegelegt werden.

Link: http://www.to-do-contest.org/

 

 

 

 

 

 

 

ITB 2011

Superlative und Mund-zu-Mund-Propaganda

Quelle: Heide-Park Resort.

Fast jährlich eröffnet ein deutscher Freizeitpark eine Achterbahn, die Rekorde schlägt. Dabei geht es nicht primär um die Befriedigung der Zielgruppenbedürfnisse, sondern vielmehr um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit.

Auch Heide-Park Resort hat auf der ITB Berlin 2011 eine neue Achterbahn präsentiert. Der Park stellt „die Krake“ als „Deutschlands ersten Dive Coaster“ vor. Eine „Fahrattraktion der Superlative“, ein „Wunderwerk der Technik“ aus 700 Tonnen Stahl. Große Worte für eine Fahrt, die keine 60 Sekunden dauert, wie Projektleiter Dirk Loppnow bei der Pressekonferenz zugibt.

Der Park wolle damit seine Position als Marktführer in Norddeutschland stärken, erklärt Sabrina de Carvalho, Marketing/Sales Direktorin des Parks. Dabei folgt man einer festen Strategie: „Wir investieren in Zyklen: Drei Jahre lang in Familienattraktionen, dann wieder eine große Investition in eine Achterbahn.“

Durch die Strategie wird die Kernzielgruppe – Familien – zufrieden gestellt und der Park kommt regelmäßig in die Medien. Denn die größte, schnellste, teuerste Achterbahn ist immer ein gefundenes Thema für die Presse. Es drängt sich die Einsicht auf, dass Medien über Märchenwälder, Kinderkarussells oder Bootsfahren seltener berichten. Das scheint nicht spannend, nicht sexy genug.

Der Deutschlandmarktführer Europa-Park investiert mit ähnlicher Strategie, wenn auch ohne den festen Zyklus. Andrea Oswald, Sales Managerin des Parks, ist der Meinung, dass Familien mehr Geld in den Park bringen, „als Marktführer müssen wir trotzdem auch Achterbahnen bauen. Wir müssen da Flagge zeigen.“

Flagge für bis zu 21 Millionen Euro, wie im Fall der 2001 eröffneten Holzachterbahn „Colossos“ im Heide-Park. Warum das sein muss, kann keine der beiden Sales Managerinnen auf der ITB Berlin 2011 so recht erklären. Mund-zu-Mund-Propaganda ist für Freizeitparks ein wichtiges Mittel in der Kommunikation, das belegen mehrere Studien. Kein Werbeträger ist so erfolgreich, wie die Empfehlung eines Besuchers.

Allgemein ITB 2011

Ein großer Schritt aus den Kinderschuhen: ITB Berlin unterzeichnet Kinderschutzkodex

Bild: Die ECPAT setzt sich für Kinderschutz ein. Quelle: Claudia Kovaricek

Soziale Verantwortung im Tourismus zu übernehmen: Diesem Thema widmet sich die ITB Berlin in diesem Jahr besonders intensiv. Und zu dieser Verantwortung bekennt sich die Messe jetzt auch ganz offiziell: Mit der Unterzeichnung des Verhaltenskodex zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung im Tourismus.

Für die Organisation ECPAT Deutschland e.V. (End Child Prostitution, Pornography and Trafficking of Children), ist das absolutes Neuland: Bisher haben rund 1.000 Reiseunternehmen, Touristikverbände und Hotelketten – hauptsächlich als Mitglieder des Deutschen Reiseverbandes (DRV) – den Verhaltenskodex unterzeichnet. Die Teilnahme der größten Tourismusmesse der Welt bietet dem Thema jetzt eine viel größere Öffentlichkeit. „ Die deutsche Reisebranche hat erkannt, wie wichtig es ist, soziale Verantwortung zu zeigen gegenüber den Menschen, die nicht selber sprechen können“, erklärt der DRV-Beauftragte Hans-Gustav Koch.

Die Arbeitsgruppe, zu der neben der ITB Berlin unter anderem auch der DRV, die REWE Touristik, Studiosus und die Thomas Cook AG gehören, ist sich einig: Untenehmen die mitmachen wollen, müssen eine Firmenphilosophie entwickeln, die sich mit der Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern auseinandersetzt, die Sensibilisierung und Schulung der Beschäftigten und Kunden sowie ein jährlicher Fortschrittsbericht gehören ebenso dazu. Damit sowohl Reisende, als auch Angestellte in Touristikunternehmen auf das Thema Kinderschutz vorbereitet werden, hat die ECPAT sogar ein spezielles E-Learning- Programm entwickelt: Der kostenlose Kurs ermöglicht es, sich Schritt für Schritt in der Umsetzung des Verhaltenskodex zu schulen.

Aber was geschieht jenseits des gesprochenen und geschriebenen Wortes? „Man muss gewisse Tabuzonen betreten“, sagt Dr. Martin Buck, Direktor des KompetenzCenters Travel und Logistics der Messe Berlin, „dabei besteht die Gefahr, dass man es sich mit kommerziellen Partnern nicht gerade leichter macht“. Schließlich verfolgt eine Region, die sich als Aussteller auf der ITB Berlin präsentieren will, eine andere Marketingstrategie und wird ungern über Widersprüche reden, die dieses positive Bild trüben könnten. Zudem ist es schwierig, Erfolge im Kampf gegen sexuelle Ausbeutung von Kindern zu messen: „Es gilt, Bewusstsein zu wecken, Informationen zu geben und nachzuhalten, was daraus geworden ist“, erklärt Buck. Die strafrechtliche Verfolgung der Täter liegt schließlich in der Hand der einzelnen Länder und diese handhaben das bekanntlich ganz unterschiedlich. Dass sich eine Reisemesse, trotz dieser offensichtlichen Schwierigkeiten zu der Unterzeichnung des Kinderschutzkodex entschlossen hat, nennt Matthias Leisinger, Vorsitzender der Organisation TheCode und CSR Beauftragter von Kuoni, einen „mutigen Schritt“. Für ihn stellt die Pionierrolle der ITB Berlin eine große Chance dar, um ein Thema – welches in vielen Ländern nach wie vor tabu ist – wirksam einer breiten Masse zu vermitteln.

Allgemein ITB 2011

In Asien zur Ruhe kommen

Foto: Halle 26-Asien. Quelle: Myriel Camp

Ein riesiges gelbes Schild mit der Aufschrift „26-Asien“: Dieser Hinweis ist jedoch überflüssig,  denn bereits von weitem steigt einem der Duft von asiatischen Köstlichkeiten in die Nase. Kein Wunder. Noch bevor man die Halle 26 wirklich betreten hat verleiten gleich zwei asiatische Essenstände, ein Thailänder und ein Japaner, dazu, einen zweiten Mittagssnack zu sich zu nehmen.

Einmal angekommen, stellt sich ganz unbewusst der Entspannungsmodus ein. Die Asienhalle ist keine Durchgangshalle wie die meisten Hallen der ITB. Besucher kommen allein aus dem Grund, Asien zu besuchen. Das spiegelt sich in ihrer Gelassenheit wieder. Die Leute laufen langsamer, schlendern häufig sogar und sind nicht hektisch auf dem Weg von einem Termin zum nächsten, wie in anderen Hallen, in denen man sich zwischen gehetzten Besuchern durchschlängeln muss.

Ruhig geht es in Asien allerdings nicht zu. Im Gegenteil: viele Besucher, viel Gewusel, viele Geräusche, viel Gelächter, viele fremde exotische Sprachen. Hat man sich eventuell in Thailands Metropole Bangkok verirrt? Eins ist zumindest spürbar: Die Halle Asien repräsentiert nicht nur Asien, sie lebt es auch.

Besucher fühlen sich in der Halle wohl. „Die Halle vermittelt  asiatische Mentalität“, „Die Menschen an den Ständen strahlen Wärme und Offenheit aus und sind nicht nur unter sich, wie es in einigen anderen Hallen der Fall ist“, so die Kommentare einiger Gäste. Genügend Sitzmöglichkeiten zum Verweilen , zum Lauschen der asiatischen Musik, Bestaunen der thailändischen Boxer oder Bewundern der farbenfrohen traditionellen Kleidung der Asiaten.

Obwohl laut einigen Ausstellern dieses Jahr weniger Gäste die Asienhalle besuchten als im vergangenen Jahr, ist sie trotzdem voller Leben.

ITB 2011

Tourismus – Chance und Herausforderung für mongolische Nomaden

Quelle: Marie-Christine Kesting.

Wer eine Reise plant, denkt nicht sofort an die Mongolei. Doch nach der Selbstdarstellung des Sustainable Tourism Development Center (STDC) von Ulaanbaatar, erwartet die Besucher dort „eine atemberaubende Natur und eine beeindruckende Kultur und Geschichte“.

Nur drei Millionen Mongolen leben auf einer Fläche die dreimal so groß ist wie Deutschland. Die Hälfte von ihnen sind Nomaden. Doch die nomadische Kultur ist durch den Klimawandel und den unachtsamen Umgang mit der Natur- und Tierwelt gefährdet. Das STDC setzt zum Schutz der Kultur und Natur voll auf Bildung. Die Mongolen sollen stärker für den Wert und die Einzigartigkeit ihres Landes sensibilisiert werden, zum Beispiel für den Schutz der Schneeleoparden, wie auch der archäologischen Funde, wie Dinosaurierfossilien oder Schätzen aus der Zeit von Chinggis Khaan.

Und hier kommt auch der Tourismus ins Spiel. Damba Gantemur, der Präsident des STDC, ist der Meinung, dass man den Tourismus als ein strategisches Instrument einsetzen könnte, um die nomadische Kultur zu stärken und die Existenz der Menschen vor Ort zu sichern. Der sogenannte Communitiy-based Tourism kann der Bevölkerung, die sonst finanziell von der Viehhaltung abhängig ist, ein sicheres Zusatzeinkommen bieten. Davon profitieren beide Seiten; Gäste und Gastgeber. So bekommen die internationalen Besucher einen direkten, authentischen Einblick in eine außergewöhnliche Lebenswelt, und die nomadische Bevölkerung lernt durch das entgegengebrachte Interesse an ihrer Kultur den eigenen Reichtum neu schätzen.

Rucksacktouristen sind allerdings nicht gerne gesehen, denn selbstorganisiertes Reisen ist oft mit wenig Achtung vor der Natur und den Traditionen verbunden. Doch mehr noch als respektloses Verhalten von Touristen sind für Damba Gantemur Überangebot und schlechte Vermarktung der Gemeinschaften ein Problem. Dadurch kämen die erwirtschafteten Gelder oft nicht vor Ort an, sondern blieben in Agenturen hängen. Aus diesem Grund bietet das STDC inzwischen Kurse für die nomadischen Gemeinschaften an, die auch  über Ansprüche und Bedürfnisse von Touristen informieren. Sie helfen den Nomaden, sich selber zu organisieren, damit sie nicht von Reiseagenturen abhängig gemacht und finanziell ausgenutzt werden.

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ITB 2011

Vielfalt in High-Tech-Verpackung

Quelle: Jennifer Schwanenberg.

Trotz geschwungener Erker ist es gradlinig, trotz einiger Teppiche und Kissen wirkt es steril. Die Hallen, in denen die Staaten am arabischen Meer, Süd- und Zentralarabien auf der ITB Berlin 2011 auftreten, glänzen in modernem Traditionsbewusstsein.

Am Freitag sind die Hallen bevölkert von Geschäftsleuten, Ausstellern und Schaulustigen. „Es ist nicht so gedrängt, wie vergangenes Jahr aber es gibt viele Give-Away-Sammler“, erklärt mir Imran A. Siddiqui, Manager bei Emirates Springs Hotel Apartments. Auf dem kleinen Messetisch stehen Datteln und Nüsse für mich bereit. Die bunten Teller sind das einzige aus Pappe in der Halle. Glänzende Materialien und High-Tech neben Teppichen und blechernen Teekannen.

Ein Counter in Bootsform schmückt den Stand von Dubai, hinter Sharajah stehen Nachbauten traditioneller Holz-Behausungen. Der Fotograf ist gerade in der Pause, sonst könnte ich in einen Kaftan schlüpfen, mich auf die Kissen setzten und ein Erinnerungsfoto machen lassen.

Die Staaten präsentieren sich mit hohen Ständen und geometrisch korrekt angeordneten Sitzecken. Fast alle sind besetzt. Egal ob Männer im schwarzen Anzug oder in weißen Gewändern, ob Frauen mit dunklen Haaren und bunten Kopftüchern, alle sind im Gespräch. Am Empfang des Kuwait-Standes steht Sheikha Al-yaqoub, Angestellte der kuwaitischen Tourismusbehörde. Sie sagt, „es ist ruhig dieses Jahr. Die Menschen beziehen wohl die Ereignisse in Nordafrika auf alle Staaten des mittleren Ostens.“

Schlendert man durch die Halle spürt man die Schnelllebigkeit. Niemand hier „schlendert“. Die Stewardessen am Stand von Emirates sehen zwar entspannt aus, aber das Lächeln bleibt in jeder Lage professionell. Emirates hat den größten Touchscreen der Welt in die Halle gestellt und die – nach eigenen Angaben – schönste Business-Class-Suite. Für mein Empfinden ist sie etwas zu goldglänzend, um gemütlich zu sein und noch immer zu klein, um wirklich den Namen „Suite“ zu verdienen. Aber was will man erwarten – es ist schließlich ein Flugzeug.

Viel auf wenig Raum zu packen scheint für Emirates ein Leichtes. Sie haben einen gigantischen Erdball auf ihren Stand gebaut. Damit er in die Halle passt, haben sie ihn platt gedrückt. So haben sie die Welt mit auf der Messe, können darin Gespräche führen und darauf ihren Flugrouten zeigen.

Alles in der Halle ist bis ins Detail geplant und organisiert. Die Stände sind gepflegt, wie die Anzüge der Manager, die geschwungenen Silhouetten der Stände und die bunten Gewänder der Bacuhtänzerinnen erinnern an „Tausend und eine Nacht“. Nur etwas fehlt: „Es gibt keinen Platz zum beten in der Halle.“ Das stört den Hotelmanager Imran A. Siddiqui. Trotz der schönen Fassaden.

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Allgemein ITB 2011

Japan schließt seinen Stand

Quelle: Isabel Schoelen

Es gibt keine Glückskekse und Tee an diesem Vormittag am Stand von Japan auf der ITB Berlin 2011. Dort, wo gestern noch munter dem Alltag nachgegangen wurde, wird heute emsig zusammengepackt. Der Ernst der Lage ist den Japanern ins Gesicht geschrieben. Auf der Veranstaltungstafel kleben gelbe Zettel auf denen handschriftlich „entfällt“ steht. Die Besucher grabschen nach den letzten Tüten, die der Stand unter die Menge bringt. Man könne keine Informationen geben, sagt die perfekt Deutsch sprechende Mitarbeiterin. Der Manager des Standes sitzt ein wenig benommen an einem Tisch in der Mitte der Tische, eine Mitarbeiterin fragt ihn, ob er bereit wäre, einige Fragen zu beantworten. Die Mitarbeiterin kommt zurück und sagt, er sei beschäftigt und habe leider keine Zeit. Fest steht, dass die Japan Tourism Agency beschlossen hat, den Stand auf der Messe bis 11.30 Uhr zu schließen. Zurück bleiben vier Mitarbeiter des japanischen Teams, die die Stellung halten sollen. Was die Japaner in ihrer Heimat erwartet, ist ungewiss.

Allgemein ITB 2011

Die Illusion der Bewertung

Quelle: Maria Langhammer.

Auf der ITB Berlin 2011 diskutierten Vertreter der Bewertungsplattformen Holidaycheck, TripAdvisor und neuerdings auch Google und die Vertreter der Hotellerie über das Thema „Social Media und Bewertungsplattformen – Freunde fürs Leben?“ – Ein Kommentar.

TripAdvisor, Holidaycheck und nun auch Google Places – die Qualität eines Hotels wird immer stärker in der Öffentlichkeit diskutiert. Und natürlich ist alles authentisch, denn schließlich sind es ja die Endverbraucher, die ihre Stimmen abgeben. Oder? Die Zweifel daran sind berechtigt. Hotelrankings sind undurchschaubar. Sie erscheinen manipuliert und kein Hotelier weiß so recht, warum sein Haus sich im Ranking auf Platz 1, 50 oder 100 befindet. Geht es da noch mit rechten Dingen zu? Es fällt schwer daran zu glauben.

Die Hotellerie sieht nicht richtig durch und bleibt skeptisch – zu Recht. Es fehle Ihr an Fairness und Transparenz, die Kriterien für das Ranking seien undurchsichtig und die Kooperationsbereitschaft nicht immer wie gewünscht, kritisiert der Geschäftsführer des Hotelverbandes Deutschland (IHA), Markus Luthe. Die Bewertungsportale kommen nicht gut weg, und doch pochen sie auf ihre Unabhängigkeit und auf die unzähligen Vorteile, die sie angeblich bieten. Kommentar- und Bewertungsfunktionen gäbe es, damit eventuell unfaire Bewertungen mit einer Gegendarstellung ausgeglichen werden könnten. Und Filter und manuelle Tests, um zu prüfen, ob sich nicht doch eine gefälschte, gekaufte oder von der Konkurrenz geschriebene Bewertung eingeschlichen hat. Es bleibt jedoch offen, ob diese Maßnahmen wirklich erfolgreich sind.

Denn wie soll dies auch nachgeprüft werden? TripAdvisor versucht, mit unheimlich beeindruckenden Zugriffszahlen den Erfolg zu stützen – jedoch vollkommen ungeachtet der Tatsache, dass diese ja nur den Erfolg der Website, nicht aber die Qualität der Bewertungen beweisen. Ohnehin ahnen viele Verbraucher noch nichts von der Kritik. TripAdvisor macht mit lasziver Selbstverständlichkeit ein Geheimnis aus seinen Ranking-Kriterien, Holidaycheck legt im Gegensatz dazu besonderen Wert auf Transparenz. Aber was genau dahinter steckt, bleibt offen. Und Google? Nach den Eskapaden mit Google Street View und dem fehlenden Datenschutz, reißt die Kritik nicht ab. Bewertungen von TripAdvisor zum Beispiel scheinen einfach kopiert und aus dem Zusammenhang gerissen, rufschädigende Bewertungen mit großer Beliebtheit hoch ins Ranking gestellt. Auf einen Nenner werden die Beteiligten wohl nicht kommen.
Wenn die Hotellerie schon nicht durchsieht, wie sieht es dann bei den Verbrauchern aus? Viele haben großes Vertrauen in die Bewertungsportale und betrachten diese als eine wichtige Entscheidungshilfe. Doch rätselhafte Rankings, von schwarzen Schafen erkaufte Bewertungen oder von der Konkurrenz zur Geschäftsschädigung geschriebene Bewertungen führen auch die Verbraucher in eine missliche Lage: Sie werden getäuscht.

ITB 2011 Trends

„Ein Wasserkocher reicht nicht mehr“ – Chinesischer Auslandstourismus als Zukunftsmarkt

Foto: Prof. Dr. Wolfgang Arlt klärt Touristiker über die Bedürfnisse chinesischer Kundschaft auf. Quelle: Moritz Jacobi.

Sie kommen in Gruppen, machen viele Fotos, kaufen unheimlich viel ein und verlassen nach durchschnittlich zwei Übernachtungen Deutschland schon wieder: chinesische Touristen. Vor 2001 als touristische Zielgruppe noch ignoriert, sind Chinesen inzwischen eine der wichtigsten überhaupt. Sie bereisen Afrika, Europa, Asien und die Karibik. Unternehmer und Regierungen reiben sich die Hände angesichts der zahlungskräftigen Oberschicht, die in typischen Urlaubsländern nicht zuletzt die finanziellen Löcher stopfen soll, die die Wirtschaftskrise bei europäischen und amerikanischen Quellmärkten gerissen hat.

Innerhalb Chinas wurde schon immer viel gereist. Eine Reise von 1.000 Li sei wie das Lesen von 10.000 Büchern, sagt ein Sprichwort. Doch schaffte es jahrhundertelang kaum ein Chinese je ins Ausland. Selbst Xiu Xiake, der berühmteste Reiseschriftsteller in der Geschichte des Landes, verließ China niemals. Im Jahr 1925 reisten zwanzig Chinesen zur Kirschblüte nach Japan. Sie gelten als die ersten Outbound Touristen des Landes – und sollten lange Zeit die einzigen bleiben. Erst seit der wirtschaftlichen Öffnung des Landes und der Hinwendung des Mittelstands zum Konsumerismus seit den 1990er Jahren nimmt der Tourismus eine immer bedeutendere Rolle ein.

Heute wird das Reich der Mitte als wichtigster Zukunftsmarkt im Tourismus prognostiziert. Waren bisher westliche und arabische Länder die größten Zielgruppen der Tourismusindustrie, so entwickelt sich nun China langsam aber stetig zum wichtigsten Quellmarkt für Outbound Tourismus. Die UNWTO beschwört die magische Zahl von 100 Millionen Ausreisen im Jahr 2015, in diesem Jahr werden es schätzungsweise 55 Millionen sein. Die meisten Reisen führen dabei lediglich nach Hong Kong, Macau oder zur chinesischen Diaspora in Südostasien, ein weiterer Teil betrifft nur den täglichen Grenzverkehr von Händlern. Doch auch Europareisen gehören zunehmend zum Statussymbol, vornehmlich unter wohlhabenden Chinesen. Deutschland verzeichnet dabei mehr chinesische Touristen, als jedes andere EU-Land: über eine halbe Million.

Doch die Bedeutung von Auslandsreisen und die Vorstellung eines gelungenen Urlaubs sind in China andere, als hierzulande; etwas, worauf sich Reiseveranstalter, Fremdenverkehrsämter und Hoteliers in den nächsten Jahren einstellen müssen. Für Westler gilt das Reisen in der Freizeit als eine Parallelwelt der Erholung, Selbstfindung oder Bildung des Individuums, idealerweise verbunden mit Orts- und Klimawechsel. Im Urlaub eine andere Person werden – für Chinesen undenkbar. Skifahren, am Strand in der Sonne liegen oder tausend Jahre alte Kulturstätten besuchen, können sie auch zu Hause. Sie verbinden Urlaub stattdessen mit Prestigegewinn, Erlebnissen im Kollektiv und Einkaufsmöglichkeiten. Ein Großteil der chinesischen Auslandstouristen sind – vor allem in Deutschland – Geschäftsreisende. Studien zeigen, dass Freizeittouristen oftmals die deutschen Städte aufsuchen, die sie zuvor auf Geschäftsreisen besucht hatten: die kennen sie, und die wollen sie später ihrer Familie zeigen.

Doch je mehr Auslandsreisen zu einem Teil des im Leben von immer mehr Chinesen werden, umso unterschiedlicher wird die Klientel. „Es gibt jetzt auch die Macchiato-Fraktion, gut ausgebildete und auslandserfahrene Individualreisende aus China. Es reicht einfach nicht mehr aus, einen Wasserkocher ins Hotelzimmer zu stellen, weil Chinesen so gerne Tee trinken“ , sagt Professor Dr. Wolfgang Arlt, Tourismusforscher und Chinaexperte an der FH Westküste und Gründer des China Outbound Tourism Research Institute. Arlt war im vergangenen Jahr u. a. vom jamaikanischen Tourismusministerium eingeladen worden, das nach dem rezessionsbedingten Ausbleiben der US-amerikanischen Touristen auf die chinesische Oberschicht zielt. Seit 2008 gibt es verstärkt Nachfrage nach sinologischer Expertise in der Tourismusindustrie. Man beginnt, China als Käuferpool wahrzunehmen. „Wir alle sind schließlich auch Kunden der Chinesen. Jeder trägt irgendetwas made in China am Körper. Es ist immer gut, zu schauen, wie die Kunden ticken,“ sagt Arlt.

Im kleinen Metzingen, der Heimatstadt von Designer Hugo Boss in der Nähe Stuttgarts, weiß man das längst. Chinesische Touristen stellen im berühmten Outletcenter inzwischen eine der kaufkräftigsten Gruppen – mit zweistelligen Wachstumszahlen. „Die Chinesen geben pro Person deutlich mehr aus als der durchschnittliche deutsche Kunde“ sagt Ute Christmann von Outletcity Metzingen. Der Global Blue Report, der die Zahlen über Kunden aus dem Ausland, denen die Mehrwertsteuer zurückerstattet wird, nach Ländern aufschlüsselt, listet China bereits auf Platz Sieben. Mehr als die Hälfte des Reisebudgets geht im Schnitt für Markenprodukte drauf. Und so gibt es inzwischen auf chinesisch geschulte Servicekräfte und Verkäufer, chinesische Broschüren und außerhalb von Metzingen sogar das erste Hotel für chinesische Reisegruppen. Damit beweist man Gespür für die kulturelle Identität der ostasiatischen Gäste. „Chinesische Touristen im Ausland sehen sich selbst vor allem als chinesische Touristen. Informationen und Beschilderungen auf Chinesisch helfen also nicht nur dem individuellen Urlauber, sondern zollen gewissermaßen allen Chinesen und der Bedeutung Chinas in der Welt Respekt,“ erklärt Arlt. Nicht ohne Grund ist der chinesische Auslandstourismus in Europa weitgehend in auslandschinesischer Hand.

Die chinesische Regierung, die die touristischen Agenturen noch fest in staatlicher Hand hält, sorgt sich um ihren Ruf. Regelmäßig erneuert die Regierung ihren Aufruf, während Auslandsreisen etwa nicht in der Öffentlichkeit zu urinieren, nicht mit freiem Oberkörper in die Öffentlichkeit zu gehen, nicht rückwärts zu laufen, nicht zu spucken, zu schmatzen oder Essensreste auf den Boden zu werfen. Universitäten veranstalten Etikettenwettbewerbe. Das Benimmbuch eines in London lebenden chinesischen Autors rät, „sich nicht in der Öffentlichkeit die Ohren zu säubern“ oder „Frauen besser nicht nach ihrem Alter zu fragen.“

Auch das Bild von Europa ist in China ein anderes: die Alte Welt wird als eine Destination mit unterschiedlichen kulturellen Facetten auf kleinem Raum wahrgenommen. Dabei interessieren weniger die historischen Stätten oder das Verlangen nach authentischer Kultur, sondern Entertainment. „Mit den Chinesen reisen keine Bewunderer unserer Kunstschätze an“, so Arlt. Die erste große Gruppe chinesischer Touristen in Island beispielsweise war von spontan akquirierten chinesischen Studenten aus Norwegen durch das Land geführt worden, von dem diese selbst genauso wenig Ahnung hatten wie ihre Reisegruppe. Die auf der Tour frei erfundenen Märchengeschichten der Guides, etwa über Berge, an denen früher Jungfrauen geopfert worden seien, erfüllten schließlich ihren Zweck: Unterhaltung der Reisenden, auf chinesische Art. Es geht eben auch ohne die Suche nach Authentizität.

Allgemein Fernreisen ITB 2011 Trends

„Wenn wir gerechtere Verhältnisse herstellen wollen, sind die Menschenrechte der Rahmen“

Foto: Heinz Fuchs, Leiter von Tourism Watch. Quelle: Jennifer Schwanenberg.

Tourism Watch hat vor der ITB Berlin 2011 die Studie „Alles was Recht ist“ zur Beachtung der Menschenrechte im Tourismus veröffentlicht. Neben vielen Zahlen und Beobachtungen werden Forderungen an politische Gremien und Regierungen, an Reiseveranstalter und Verbände gestellt. Gespräch mit Heinz Fuchs, dem Leiter von Tourism Watch, dem Informationsdienst des Evangelischen Entwicklungsdienstes.

Jennifer Schwanenberg: Sie sagten in einem Interview, Ägypten müsste innerhalb der Demokratisierung den Tourismus neu gestalten. Ist das nicht zu idealistisch?

Heinz Fuchs: Wir können dem Land nur raten, auch auf den Tourismus zu schauen und ihn nicht so weiter zu führen wie er bisher war. Der Tourismus war sehr mit dem Militär und den Herrscherfamilien verstrickt.

Jennifer Schwanenberg: Wie soll eine Neugestaltung aussehen?

Heinz Fuchs: Man muss sich entscheiden: Setzt man weiterhin auf die großen Investoren mit ihren Anlagen oder verstärkt auf eine diversifizierte Struktur mit kleineren und mittleren Betrieben. Ein gutes Beispiel ist Südafrika: Dort wurde eine Politik des Black-Enpowerments initiiert. Bisher besonders benachteiligte Bevölkerungsgruppen wurden im neuen Südafrika stärker am Tourismus beteiligt. Eine ähnliche Strategie könnte es auch in Ägypten geben. Ich denke, wenn Menschen selbst Verantwortung übernehmen und Business betreiben, trägt dies auch zu einer demokratischen Gesellschaft bei.

Jennifer Schwanenberg: Nach dem arabischen Frühling soll jetzt ein touristischer Frühling kommen?

Heinz Fuchs: Das wird sich zeigen. Auch Deutschland und die EU werden sich vermutlich mit Geldern an der Neuorganisation der ägyptischen Gesellschaft beteiligen – da sollte der Tourismus und von wem er in Zukunft getragen werden soll Thema sein. Am Rande der Messe habe ich schon deutlich wahrgenommen, dass sich auch Reiseveranstalter Gedanken machen, wie es weiter gehen kann. Sie schauen, wer die Geschäftspartner sind und waren und ob sie mit denen in den alten Strukturen wirklich weiter arbeiten wollen.

Jennifer Schwanenberg: Wie realistisch ist es in Ihren Augen, dass deutsche Reiseveranstalter mit ihren ägyptischen Geschäftspartnern brechen und sich neue suchen?

Heinz Fuchs: Das mag ein extremer Schritt sein. Das Thema familiengeführte Hotels gibt es derzeit in Ägypten noch kaum. Da könnte ein Anstoß kommen. Auch die Bundesregierung könnte mit den Mitteln, die sie zum gesellschaftliche Neuaufbau Ägypten zur Verfügung stellt, den Aufbau von privaten touristischen Unternehmen wie familiengeführte Hotels unterstützen. Beratung über Struktur, ökonomisch-sozialen Stellenwert und für mehr Partizipation im Tourismus könnte Teil der Entwicklungszusammenarbeit sein.

Jennifer Schwanenberg: Welchen Einfluss hat Korruption auf Menschenrechte im Tourismus?

Heinz Fuchs: Wir haben uns Korruption nicht genauer beschäftigt, gibt es sie auch im Tourismus. Ich bezweifle aber, dass jemand hier belastbare Zahlen und Fakten nennen kann. Natürlich dürfen die Staaten keine Korruption zulassen.

Jennifer Schwanenberg: Aber was tut man, wenn er es doch zulässt?

Heinz Fuchs: Da hilft es wenig, sich hinzustellen und „Pfui“ drauf schreiben oder irgendein Flugblatt verteilen. Beraten, erinnern und Antikorruptionsstrategien entwickeln im Sinne von „good governance“ ist ein Aspekt, der in den Regierungsgesprächen mit Ägypten eine Rolle spielen sollte. Dazu gehören Fragen: Wie schafft man es Korruption zu minimieren? Welche Regeln gelten für touristische Investitionen? Das Feld ist riesengroß und wird sehr komplex, wenn man es auf die Details herunter bricht.

Jennifer Schwanenberg: Was früher in der Tourismuskritik kritisch benannt wurde, glauben Sie jetzt über den Menschenrechtsbegriff sanktionsfähig zu machen. Doch wer setzt den rechtlichen Rahmen für Menschenrechtsverletzungen?

Heinz Fuchs: Der frühere UN-Generalsekretär Kofi Anan vertrat deutlich die Auffassung, dass die Souveränität einzelner Staaten bei den Menschenrechten endet. Er hat die Menschenrechte ganz hoch gehängt. Wenn wir gerechtere Verhältnisse auf der Welt herstellen wollen, sind die Menschenrechte der Rahmen dafür. Die allermeisten Staaten haben diesen Rahmen anerkannt und die Menschenrechtskonventionen unterschieben. Innerhalb dieses Rahmens müssen wir agieren. Auf dieser Ebene gibt es viel Bewegung, um die Menschenrechte auch auf die Verantwortlichkeit von Unternehmen zu übertragen. Wenn man beispielsweise auf die Web-Seite des Bundesverbandes der Deutschen Industrie geht, gibt es dort Informationen, dass deutsche Unternehmen im Ausland die Pflicht haben, die Menschenrechte zu respektieren und ihre Umsetzung zu fördern. Als Thema ist es dort angekommen – bei einem Verband, der nicht gerade als der progressivste gilt. Hinsichtlich Tourismus hat in Deutschland meines Wissens noch kein Verband eine eindeutige menschenrechtliche Verantwortung angemahnt.

Jennifer Schwanenberg: Unternehmen sollen also in die Pflicht genommen werden, sich für menschenrechtliche Belange zu engagieren. Aber warum sollten sie das tun?

Heinz Fuchs: Dass wir uns damit beschäftigt haben, hat vor allem den Hintergrund, dass wir in den letzten fünf Jahren die Diskussion über die gesellschaftliche Verantwortung im Tourismus, im Sinne von Corporate Social Responsibility, mit initiiert und geführt haben. Wir haben ein bisschen darauf vertraut, dass sich unternehmerische Verantwortung im Kerngeschäft freiwillig reguliert und haben die Politik weitgehend außen vor gelassen. Wir haben aber gemerkt: es gibt Dinge, die haben nichts mit Freiwilligkeit zu tun: Menschenwürdige Arbeit, die Kernarbeitsnormen oder Schutz von Kindern – das sind Verpflichtungen und keine freiwilligen Leistungen. Die Staaten müssen dafür sorgen, dass diese Pflichten eingehalten werden und bei Nicht-Einhalten auch sanktioniert werden können.

Jennifer Schwanenberg: Und welche Sanktionsmöglichkeiten gibt es?

Heinz Fuchs: Es gibt staatliche Instrumente der Außenwirtschaftsförderung wie beispielsweise die Hermes-Bürgschaften: Wenn jemand gegen Menschenrechte verstößt könnte er beispielsweise für einige Jahre von den Hermes-Bürgschaften ausgeschlossen werden, also von den staatliche Förderinstrumenten. Oder jemand könnte Außenwirtschaftsförderung nur in Anspruch nehmen, wenn er eine menschenrechtliche Risikoprüfung durchgeführt hat. Wenn jemand bei der Deutschen Bank einen Kredit für Auslandsinvestitionen bekommen will, ginge das nur, wenn das Investitionsvorhaben eine Menschenrechtsprüfung durchlaufen hat. Die Möglichkeiten liegen auf der Hand, sie sind nur noch nicht im Einsatz.

Jennifer Schwanenberg: Sollte man diese auf internationaler Ebene diskutieren?

Heinz Fuchs: Es ist gut und wichtig, dass es den internationalen Menschenrechtsrahmen gibt, um sich überhaupt in diese Richtung zu bewegen. Aus nationalstaatlicher Sicht ist es immer schwierig. Wie beispielsweise bei der Ticketbesteuerung – immer kommt die Antwort: National können wir da gar nichts machen. Wir müssen zumindest europäisch oder gleich global agieren. Mit dem Argument kann man natürlich Vorreiterrollen und Pionierarbeit ausbremsen.

Jennifer Schwanenberg: Wie setzten wir das in verantwortliches Wirtschaften um? Soll Deutschland das alleine durchziehen?

Heinz Fuchs: Es wäre eine große Chance, wenn Deutschland hier eine aktive Vorreiterrolle für mehr menschenrechtliche Verantwortung in der internationalen Wirtschaft übernehmen würde. Wenn dann die Regierung zusätzlich ihre Rolle im Weltsicherheitsrat für eine konsequente Menschenrechtspolitik nutzen würde, wäre dies ein wichtiger Beitrag und Deutschland würde bei diesen Prozessen nicht immer hinterher rennen.

Jennifer Schwanenberg: Im globalen Markt kann das ägyptische Unternehmen aber auch auf andere Partner setzten. Wenn es die Sanktion nur in Deutschland gibt, ist es sehr eingeschränkt.

Heinz Fuchs: Jetzt verfallen Sie in diesen Sog: „Wir können ja gar nicht, weil es die anderen auch nicht machen.“ Die Diskussion gibt es jetzt gerade auch bei der Überarbeitung der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen: Macht man die Regeln besonders streng, oder so, dass man auch Länder wie China mit an Bord bekommt. Ich bin dafür, dass man es so macht, dass man auch China mit an Bord hat. Gemeinsame Regeln verhindern Wettbewerbsverzerrungen und fördern den Dialog zur Rolle von Unternehmen in der Gestaltung einer menschlichen Globalisierung.

Jennifer Schwanenberg: Was ist ihre konkrete Forderung an die Reiseveranstalter in Bezug auf Ägypten und Tunesien?

Sie sollen sich einen Moment Zeit nehmen, um zu sehen, mit wem sie bislang gearbeitet haben und mit wem sie zukünftig arbeiten wollen. Sie sollten die Länder nicht als Schnäppchen präsentieren. Ägypten und Tunesien werden Schwierigkeiten haben aus dieser Billig-Politik überhaupt wieder raus zu kommen. Zusätzlich übt es enormen Preisdruck auf vergleichbare Urlaubsziele wie Türkei oder die Dominikanische Republik aus. Die Preise, die gezahlt werden, sind Abzocke auf Rücken derjenigen, die die Revolution organisiert haben. Sie sind kein ernst zu nehmender Beitrag, dass zukünftig faire Löhne bezahlt werden können. Die gängigen 198 Euro pro Woche mit Flug nach Ägypten sind im Grunde schon eine Menschenrechtsverletzung.

Allgemein Interview ITB 2011

Alleine stark – zusammen bekannt: Die neue Marke Seidenstraße

Quelle: flickr.com/spielbar.com

Kann die Seidenstraße mehr sein, als nur ihre romantische Geschichte? Ist es möglich, sie als gesamttouristische Destination zu vermarkten? Uzbekistan, Turkmenistan, Aserbaidschan und andere Anlieger wollen der Straße ein neues Image geben: „Towards a Stronger Silk Road Brand“ – heißt die Marketingkampagne für die Seidenstraße und ihrer angrenzenden, touristisch interessanten Länder. Doch wie lässt sich eine 10.000 km lange Straße vermarkten, die sich von Europa bis Zentralasien zieht? Die sich in viele Routen aufteilt und bisher hauptsächlich durch Marco Polo oder Genghis Khan bekannt wurde? Motiviert durch die vielfältige Geschichte der Seidenstraße und dem touristischen Potential der angrenzenden Länder geht die World Tourism Organization (UNWTO) dieser Frage auf der ITB Berlin 2011 nach: Unter anderem in Gesprächsforen mit Ansprechpartnern aus den teilnehmenden Ländern der Seidenstraße.

Die teilnehmenden Vertreter sind sich einig: Reisende auf der Suche nach neuen, unbekannten Zielen werden zur Zielgruppe, die man für Orte begeistern kann, die auf ihrer touristischen Landkarte bisher ein weißer Fleck waren. Mit einer Mischung aus Legenden, Romantik und Geschichten aus vergangener Zeit. Aber auch mit einer Anlehnung an die aktuelle Realität unterschiedlicher Religionen und ethnischer Gruppen entlang der Straße.

Soweit das Ziel – und der Weg dorthin? Laut aktueller Marktforschungsergebnisse seitens der UNWTO aus dem Jahre 2011 im Rahmen des Silk Road-Programmes – bei dem über 300 Blogs, Chat-Rooms und Soziale Foren auf Schlagworte im Zusammenhang mit der Seidenstraße untersucht wurden – zeigte sich: Insbesondere junge Reisende, Backpacker und Individualtouristen interessiert eine Reise entlang der Seidenstraße. Die kulinarische Vielfalt, die sich von Europa über Zentralasien zieht, spielt dabei eine große Rolle. Aber auch der Sicherheitsaspekt und die Transportmittel vor Ort müssen stimmen. Für einen reibungslosen Grenzübergang ist sogar ein Silk Road-Touristenvisum geplant.

Kulturelle Vielfalt ist in jedem Fall ausreichend vorhanden, bietet doch jedes der teilnehmenden Länder an der Seidenstraße seine eigenen Highlights: Die Seidenraupen-Farm im kleinen griechischen Dorf Soufli, die Moschee in Bukhara in Usbekistan, von der auch heute noch die Gebetsrufe erklingen, oder der Stoffbasar in Xian, auf dem Händler schon seit Jahrhunderten feilschen. „Bis sich die Marke Seidenstraße aber tatsächlich in den Reisekatalogen wiederfindet, wird es sicherlich noch einige Jahre dauern“, erklärt Dr. Roger Carton, Managing Director der TEAM Tourism Consulting, „eigentlich hat es noch gar nicht richtig begonnen. Aber wir beziehen alle Nationen der Seidenstraße in unser Marketing-Projekt ein.“

Allgemein Fernreisen ITB 2011

Auf zu neuen Ufern – Themenkreuzfahrten erobern die Welt

Bild: Auf und ahoi!. Quelle: Isabel Schoelen

Der Boom hält weiter an und die Nachfrage scheint ungebrochen. Laut aktueller Studie des Deutschen ReiseVerbandes (DRV) haben 2010 im Vergleich zum Vorjahr 18,9 Prozent mehr Deutsche eine Kreuzfahrt gebucht. Über 1,6 Millionen Gäste aus der Bundesrepublik sind im vergangenen Jahr an Bord gegangen. Dabei scheint das Potenzial lange noch nicht ausgeschöpft zu sein.

Inzwischen zeichnet sich mit Themenkreuzfahrten ein neuer Trend ab. Neben Heavy-Metal-Törn oder Golfsport an Bord, setzen Reedereien zunehmend auch auf  Familien als Zielgruppe. So auch die Reederei Disney Cruise Line. Das größte jemals in Deutschland gebaute Schiff, die Disney Dream ist bereits auf Tour in der Karibik. Neben ihr gibt es zwei weitere Disney Schiffe und ein viertes befindet sich bereits im Bau. An Bord erlebt der Gast nicht nur Mickey & Co. live, sondern das Schiff steuert auch die konzerneigene Privatinsel Castaway Cay auf den Bahamas an.

Es zeigt sich, dass Schiffe längst keine Fortbewegungsmittel nur für ältere Menschen sind. Mittlerweile werden für jede Altersklasse das entsprechende Programm und Unterhaltung geboten. Außerdem ist eine Schiffsreise nicht mehr nur etwas für Reiche, sondern auch für Normalverdiener.

Wer sich nicht sicher ist, ob eine Kreuzfahrt das Richtige ist, für den bietet sich eine Minikreuzfahrt von drei oder vier Tagen Dauer an. So kann man Bordluft schnuppern und sich einen Eindruck verschaffen.

Auf der ITB Berlin 2011 sind die Reedereien in Halle 25 vertreten. Daher nichts wie hin und „Leinen los“. Bis Sonntag wird dort noch über aktuelle Trends und Angebote informiert.

Allgemein ITB 2011

Japanische Gelassenheit am Stand – Verzweiflung und Zerstörung im eigenen Land

Quelle: Isabel Schoelen.

Als die Veranstaltung „Haiti ein Jahr nach dem Erdbeben“ in Halle 4.1. beginnt, nimmt die Messe wie gewohnt ihren Lauf: Am Stand von Burundi wird getanzt und getrommelt, Fachbesucher informieren sich in den Hallen, man verhandelt und trinkt Kaffee. Dabei wird in diesem Moment Japan von einer Naturkatastrophe heimgesucht. Haiti wurde durch das Erdbeben am 12. Januar 2010 zurück in die Steinzeit katapultiert.

Die genauen Ausmaße des bisher schwersten Erdbebens in der Geschichte Japans mit der Stärke 8.9 sind noch nicht bekannt, doch es bringt Japan, ein Land des Fortschritts und der Strebsamkeit zum Stillstand. Nichts geht mehr an den Flughäfen im Norden, das Telefonnetz ist zusammengebrochen und auch der Strom ist ausgefallen. Die Rede ist von bis zu zehn Meter hohen Wellen, die die Gegend rund um die Stadt Sendai verwüsten.

Ein Wunder, dass die Vertreter am japanischen Stand in Halle 26 dabei so gelassen und ruhig bleiben. Professionell und routiniert lächelt und scherzt man – und geht seinem Business nach. Das Mitgefühl des Teams für ihre Landsleute ist minimal. Man entschuldigt sich stattdessen: „What can we do?“ „We are very sorry, but”, der freundliche Japaner druckst ein wenig herum, „it is our duty promoting Japan“.  Viel wissen die japanischen Repräsentanten noch nicht über die Katastrophe in ihrer Heimat, tausende Kilometer  entfernt vom geschäftigen Messestand auf der ITB Berlin 2011.

Die zurückhaltende Dame vom Infocounter der Region Mie lässt sich wenig Emotionen entlocken, sie komme ja eh aus dem Süden und veranschaulicht die Distanz zum betroffenen Gebiet auf einer Landkarte. Weitere  Auskünfte möchte sie nicht erteilen, da dies ja ein negatives Licht auf Japan werfen könnte. Keiner vom Messestand beklagt offenbar Angehörige unter den Opfern. Die Repräsentanten geben sich erstaunlich optimistisch in dieser Situation. Japan, ein Land mit 127 Millionen Einwohnern habe die Erfahrung und das Wissen, die Folgen der Naturkatastrophe zu meistern. Nur aus der guten Idee, den Vulkantourismus weiter auszubauen, werde wohl vorerst nichts, sagt die scheinbar einzige Betroffene: Mie Schneider-Yamato.  Sie aber hat gut reden: Sie lebt in der Schweiz.

Allgemein ITB 2011

Jürgen Stein präsentiert: Familienunternehmen Dschungelcamp

Quelle: Isabel Schoelen.

„Am 24. Dezember 2010 ging das Licht an“ berichtet Jürgen Stein, Gründer der Selva Bananito Lodge in Costa Rica. Er meint hiermit nicht etwa die Geburt Jesu, sondern die Solartechnik, die den Strom in sein kleines Dschungelcamp gebracht hat. Wer einen braungebrannten Ranger im sportlichen Outdoor- oder gar Ökooutfit erwartet, liegt falsch. Der engagierte Großgrundbesitzer mit heller Haut und leicht igelartigen, dunkelbloden Haaren spricht ein perfektes Englisch, Deutsch und selbstverständlich das für Costa Rica typische, akzentfreie Spanisch. Wer ihn anspricht, wird erst einmal herzlich umarmt.

Jürgen Stein wuchs in Kolumbien auf, sein Großvater wanderte bereits 1926 aus Deutschland aus und widmete sich der Landwirtschaft. Die Mutter unterrichtete Jürgen Stein und seine zwei Schwestern, denn eine Schule gab es weit und breit nicht. Die Familie zog nach Costa Rica als er acht Jahre alt war. Hier ging Stein auf die Deutsche Schule in San José. Studiert hat Jürgen Stein Kunstgeschichte in den USA und Tourismusmanagement in Österreich. Sein Vater kaufte 15 Hektar Land in der Nähe der Hafenstadt Limón an der Karibikküste. Von der Hauptstadt dorthin, mitten ins Nirgendwo, dauerte es damals fünf Stunden mit dem Auto, dann weiter mit dem Zug und nochmal drei Stunden auf einem Pferd. Heute erreicht man die Lodge und das dazugehörige inzwischen 850 Hektar große Steinsche Privatreservat innerhalb von  vier Stunden. 

Die Idee, das Land des Vaters für den Ökotourismus zu nutzen, entwickelten seine Schwester und er schon früh. „Wir sind umweltbewusst aufgewachsen, und es ist so schön dort“, so Stein. Im Dezember 1995 kommen die ersten Gäste ins Hotel, das damals aus sieben Zimmern besteht. Die Häuser sind alle aus Abfallholz gebaut und mit Öllampen ausgestattet. Strom gibt es anfangs nicht. Das Wasser wird durch Solarenergie erhitzt. Stein legt großen Wert auf Recycling und die verantwortungsvolle Nutzung von Ressourcen. Die Seife des Hotels zum Beispiel ist komplett ökologisch abbaubar und selbst die Visitenkarten und Flyer bestehen zu 90 Prozent aus Bananenfasern. Gebadet wird nicht im Pool sondern in Flüssen oder  Wasserfällen.

Costa Rica, so sollte man meinen, ist das ideale Land für Ökourlauber: rund 20 Prozent der Fläche des Landes, das die Größe Niedersachsens hat, stehen unter Naturschutz. Insgesamt kann sich Costa Rica mit vier Prozent der Artenvielfalt der Erde brüsten. Doch so stolz ein jeder Costarikaner darauf auch sein mag: die Realität offenbart sich außerhalb der Schutzgebiete. Müll liegt überall am Straßenrand und die Flüsse sind stark verschmutzt. Dass ihr Trinkwasser nicht aus dem Hahn, sondern aus eben diesen Flüssen kommt, ist den Wenigsten bewusst.

In der der Selva Bananito Logde kämen die überwiegend europäischen Touristen zurück zu ihrer Ursprünglichkeit, so Jürgen Stein. Wer nicht an Wanderungen, Canopy- oder Reittouren teilnehmen möchte, den fordert er auf, stattdessen den Geist zu entspannen, die Hängematte zu genießen und ein Buch zu lesen oder Vögel zu beobachten. Was der Regenwald ihm persönlich bedeute? „Der Regenwald“, sagt er ohne zu zögern, „das ist der Ursprung des Lebens“.

Wenn man den fixen Manager reden hört, so glaubt man, es gebe keine Rückschläge und Misserfolge in seinem Leben. Kaum vorstellbar, in einem Land, in dem es keine Straßennamen gibt und in dem kleinere Erdbeben zum Alltag gehören. Doch selbst bei Überschwemmungen ist die Lodge zu Pferd erreichen. Und im Notfall kann man sich immer noch an einem Drahtseil vorbei an Faultieren und Affen von Baumkrone zu Baumkrone hangeln. Jürgen Stein selbst saust nur noch selten zwischen den Wipfeln hin- und her. Er sitzt im Büro in der Hauptstadt, von wo aus er die Natururlauber koordiniert und alles weitere delegiert. Der nachhaltige Tourismus auf seiner Lodge ist trotz aller Regenwaldromantik ein Geschäft und Stein versteht es, dies überzeugend zu verkaufen. Ein flotter Satz hier, ein Lachen dort, für jeden hat Stein den passenden Spruch auf Lager.

Die Selva Bananito Lodge funktioniert als Familienunternehmen. Sein Cousin Benny Stein betreut mit ihm gemeinsam den Stand auf der ITB Berlin 2011, seine Schwester organisiert Schildkrötentouren in Costa Rica. „Die Finanzierung kommt aus reiner Leidenschaft und  Verantwortung“, so sagt er in seinem Vortrag, und klingt dabei ein bisschen wie sein eigener Pressesprecher. Mehr über den ökonomischen Hintergrund einer der ökologischsten Lodge Costa Ricas erfährt niemand etwas.

Auf die Frage nach seiner Heimat antwortet Stein: „Ich glaub, der Urwald!“ Für die Zukunft plant er weitere vier Zimmer. Und auch das wird dem zielstrebigen, selbstbewussten Mann mit Brille vermutlich mühelos gelingen.

Allgemein ITB 2011

Urlaub = Sonne, Strand, Palmen

Quelle: Isabel Schoelen

Was ist das Symbol schlechthin, das wir Deutschen mit Tourismus und Urlaub verbinden? Professor Dr. Felix Bernhard Herle, Dozent an der Hochschule Bremen, kennt die Antwort. Ganz oben auf der Liste stehen Sonne, Strand und Palmen. Ganz anders allerdings sehen das  Chinesen. In einer Studie in Kooperation mit der East China Normal University in Shanghai bestätigt Herle das, was viele schon immer wussten: das Topsymbol der Chinesen ist: das Fotografieren. Außerdem verbinden die Asiaten mit Tourismus Sehenswürdigkeiten und  Reiseleiter. Mit diesen neuen Erkenntnissen können Verlage jetzt besser Reiseführer und Magazine an ihre Zielgruppe anpassen, so Herle.

Allgemein ITB 2011

Ready, set, go! – Alpine Ski-Weltmeisterschaft in Schladming

Bild: Werbebanner als Vorgeschmack auf die Ski WM 2013. Quelle: Joana Juckel

Der Countdown läuft. In knapp 700 Tagen fällt der Startschuss für das Winter-Sportereignis in Österreich – die Alpine Ski WM in Schladming. Seit Februar diesen Jahres ist die Stadt in der Steiermark offizieller Träger der FIS-Fahne. Vom 04.02. bis 17.02.2013 findet die Ski WM nach zwei erfolglosen Bewerbungen erneut in Schladming statt. 1982 war die Weltskielite zuletzt zu Gast in der Steiermark, nun laufen die Vorbereitungen für das anstehende Sportevent auf Hochtouren. Bereits im kommenden Jahr muss alles fertig sein – vom Stadion bis hin zur Zufahrt für die Besucher. Dann findet nämlich das Saisonfinale der FIS in Schladming statt und dient als „letzte Feuerprobe“, weiß Margot Bachbauer vom Steiermark Tourismus. Am Messestand in Halle 17 informiert sie über die Region und natürlich über die WM.

Alle offiziellen Bauten sollen in diesem Jahr fertig gestellt werden und mit der futuristischen Talstation „Planet Planai“ ist der erste Meilenstein schon erreicht. Diese ist bereits in Betrieb und im Winter 2011/2012 soll sowohl das Stadion, als auch das so genannte Service Deck mit Parkmöglichkeiten stehen.

Was die Besucherzahlen angeht, rechnet die Stadt mit mehr Besuchern als bei der WM in Garmisch Partenkirchen. Dort waren zwischen 5000 und 10000 Besucher täglich an der Piste, um den Sportlern zuzujubeln.

Was die Lautstärke am Pistenrand angeht, will Schladming neue Maßstäbe setzen: und zwar mit Hilfe von grünen „Herzglocken“ – kleine Kuhglocken, die bereits bei der Abschlussveranstaltung der FIS WM 2011 an die Besucher verteilt wurden.

Sie sollen einen Vorgeschmack darauf geben, was die Sportfans 2013 in Schladming erwartet. Ähnlich wie Südafrika im vergangenen Fußballsommer mit dem Phänomen Vuvuzela, setzt die Steiermark auf ein lautstarkes Instrument, um einen Wiedererkennungswert zu schaffen.

Um dem erwarteten Besucheransturm zu regeln, setzt Schladming auf die tatkräftige Unterstützung der Nachbarstädte. In der gesamten Region stehen rund 25000 Betten zur Verfügung und hier und da sind weitere Hotels in Planung. Außerdem erweitern Hotels ihr Kontingent und bauen aus. Alternativ zum typischen Hotelaufenthalt empfiehlt sich eine Unterbringung im eigenen Almdorf. „Almhütten direkt an der Piste mit eigener Sauna liegen voll im Trend“, sagt Margot Bachbauer.

Skifahrer unter den Besuchern brauchen sich während der WM nicht sorgen, selbst keinen Ski auf die Piste zu setzen, denn bis auf wenige Ausnahmen, werden alle Pisten im Skigebiet geöffnet sein. Lediglich das Pistenvergnügen am Hausberg Planai wird um etwa 20 bis 30 Prozent gemindert. Schladming und ganz Österreich ist bereit, den Skizirkus zu eröffnen und die Weltelite des Skisports zu begrüßen. Für die Einheimischen könnte es am Besten schon heute losgehen.

Allgemein ITB 2011

„Tourism for peace“ – ein kleiner Schritt auf dem Weg zu einem echten Frieden

In der Halle 4.1 der ITB-Berlin, in der „Trends und Events“ vorgestellt werden, findet sich ein besonderer Stand, an dem sich der palästinensische Ort Jenin und der israelische Landkreis Gilboa gemeinsam präsentieren. Ihr Motto heißt: „Tourismus für den Frieden“. Damit erfüllt das palästinensisch-israelische Joint-Venture den Satz des israelischen Tourismusministers Stas Misezhnikov mit Leben. Er hatte auf der Pressekonferenz zur Eröffnung des israelischen Standes davon gesprochen, dass Tourismus eine Brücke zum Frieden schaffen könne.

Dass in der Grenzregion zwischen Jenin und Gilboa heute eine friedliche Atmosphäre und reger Austausch herrschen, ist vor allem zwei Männern zu verdanken, die schon vor Jahren begonnen haben miteinander zusammen zu arbeiten und die sich heute als Freunde bezeichnen: Der Palästinenser Kadoura Mousa, Gouverneur von Jenin, und der Israeli Dani Atar, Landrat von Gilboa. Noch vor kurzem galt Jenin als „Hauptstadt des Terrors“ und deshalb war es auch in Gilboa nicht mehr sicher. Aber schon 2005 nahm Dani Atar Kontakt zu Kadoura Mousa in Jenin auf, überzeugt davon, dass nur die wirtschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit langfristige Sicherheit für beide Seiten verleihen könne.

 Atar erreichte 2007 eine eingeschränkte Öffnung des Grenzüberganges, so dass heute ein reger Austausch an der Grenze stattfindet. Vor allem Palästinenser überqueren die Grenze um in Gilboa einzukaufen. In Zukunft sollen auch Touristen den Weg in beide Richtungen nehmen.Denn Jenin und Gilboa haben ein grenzüberschreitendes Tourismusprogramm entwickelt: Orte biblischer Ereignisse sollen auf beiden Seiten Besucher anziehen. Eine besondere Attraktion ist die byzantinische Kirche St. Georg im Dorf Burkin nahe Jenin, die fünftälteste der Welt. Hier soll Jesus zehn Leprakranke geheilt haben. Auf israelischer Seite lädt das Gilboa-Gebirge zu Wanderungen ein, wo der biblische König Saul seine letzte Schlacht gegen die Philister kämpfte, in dem er und sein Sohn ums Leben kamen. Im Winter kann man hier sogar Skifahren und auf Einladung von Atar sollen sich dort in Zukunft auch palästinensische Kinder vergnügen dürfen. Außerdem sind in Jenin und Gilboa zwei Zentren für Kultur und Sprache geplant, in denen palästinensische Lehrer Israelis arabisch und umgekehrt israelische Lehrer Palästinensern hebräisch beibringen sollen. Schließlich soll in den kommenden Jahren ein gemeinsamer Industriepark auf palästinensischem wie auf israelischem Gebiet aufgebaut werden und zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Denn der Friede hänge auch davon ab, ob in Jenin neue Arbeitsplätze entstehen, so Mousa.

ITB 2011

Frankreich setzt neue Standards

Quelle: Maria Langhammer

Fünf Kategorien und 240 Bewertungskriterien in vier Themenfeldern: Ausstattung, Kundenservice, Barrierefreiheit und Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft. „Die bisherigen Kriterien konzentrierten sich lediglich auf Hotelausstattung und schlossen überhaupt nicht den Faktor Service ein, der das eigentliche Herzstück der Hotellerie ist”, sagt Christine Trotignon vom französischen Verkehrsbüro. Seit 1986 gibt es die Hotelklassifizierung in Frankreich, doch seitdem hat sich viel getan. Vieles, was damals noch gar nicht zur Debatte stand, ist heute selbstverständlich und verlangt auch von den Unternehmen ein Umdenken: Heute muss ein Hotel umweltfreundlich sein. Außerdem steht der Gast stärker im Mittelpunkt und Sonderwünsche werden wichtiger, z.B. bei Menschen mit Behinderung. Auch die Sprachkenntnisse des Personals spielen inzwischen eine große Rolle bei der Vergabe von Sternen.

Bisher ging Frankreich bei der Hotelklassifizierung immer eigene Wege. Weltweit sind fünf Sterne Standard, In Frankreich gab es zuletzt nur vier. Ein direkter Vergleich war für Reisende also sehr schwer. Das soll sich ändern: Die Gäste können Hotels jetzt besser einschätzen und diese werden dadurch international konkurrenzfähiger.

Seit der Einführung des neuen Systems im Januar 2010 haben sich schon 1.000 Hotels in ganz Frankreich freiwillig klassifizieren lassen, 4.000 stehen noch in der Warteschlange und täglich bewerben sich weitere. Die Kosten für die Inspektionen tragen die Hotels selbst. Darüber hinaus müssen sich die vier und fünf-Sterne Häuser einmal alle fünf Jahre den kritischen Augen eines unangekündigten Testers stellen. „Die meisten Unternehmen haben ihr eigenes System aufgebaut, um den hohen Standard zu halten. Schließlich ist es ja in ihrem eigenen Interesse, zufriedene Gäste zu beherbergen und so wettbewerbsfähig zu bleiben“, betont Christine Trotignon. Ein Grund für die neue Klassifizierung war auch, dass es in den vergangenen Jahren nur wenige Kontrollen gegeben hat. Hotels, die einmal Sterne errungen hatten, wurden danach nicht mehr überprüft – auf Kosten der Qualität. Bisher fehlte also die Selbstkontrolle. Ob sich das mit dem neuen System ändert, wird sich in den kommenden Jahren zeigen. Vielleicht setzt Frankreich auch für andere Regionen einen Maßstab. Eines ist jedoch sicher: Mit diesem Schritt möchte Frankreich wieder den Menschen und den Service in das Zentrum des Gastgewerbes rücken.

 

Allgemein ITB 2011

Sind „Futouristen“ die Touristen der Zukunft?

Ist nachhaltiger Tourismus nur eine Modeerscheinung? Nein!, da sind sich Ernst Burgbacher, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Dr. Volker Böttcher, Geschäftsführer von TUI Deutschland und Dr. Peter Fankhauser, Geschäftsführer der Thomas Cook AG, einig: Nachhaltigkeit und Tourismus bedingen sich, die nachhaltige Sicherung einer intakten Umwelt ist Grundvoraussetzung für den zukunftsfähigen Tourismus. Burgbacher, Böttcher, Fankhauser waren am CSR Day auf der ITB Berlin 2011 Gäste der Initiative „Futouris“, die sich für die Verbesserung der Lebensverhältnisse, den Erhalt der biologischen Vielfalt und den Umwelt- und Klimaschutz engagiert. Andreas Koch, Vorsitzender von „Futouris“, richtet einen Appell an Touristikunternehmen, Mitglied dieser Initiative zu werden und nachhaltige Projekte zu fördern. Auch Ernst Burgbacher rief dazu auf, mit „Projekten statt Parolen“ aktiv zu werden.

Schon Mitglied bei „Futouris“ sind die beiden Reiseveranstalter Thomas Cook und TUI Deutschland, die sich mit verschiedensten Projekten auf der Internetseite von „Futouris“ präsentieren. So engagiert sich TUI Deutschland beispielsweise mit einem Projekt für den Schutz der Heimat von Walen auf Teneriffa und unterstütz den Aufbau von Lebens-, Bildungs- und Kulturstätten der vom Erdbeben betroffenen Menschen auf Haiti. Thomas Cook setzt sich für die Erhaltung des Waldbestands im Alexander-von-Humboldt-Nationalpark im Osten Kubas ein und engagiert sich für den Schutz der Mittelmeermönchsrobben auf Madeira.

Aber wie sehen das die Touristen selbst? Sind sie bei ihrer Reiseplanung genauso vorausschauend wie die Reiseveranstalter? Laut Dr. Peter Fankhauser ist das Bewusstsein für nachhaltige Reisen bei vielen Touristen vorhanden, es hat bei der Reiseplanung bislang jedoch keine Priorität: „Preis und gutes Wetter sind immer noch die ausschlaggebenden Faktoren“. In Zukunft erhoffen sich die „Futouristen“, dass nachhaltige Reiseangebote sich stärker im Markt etablieren. Das Interesse an nachhaltigem Tourismus ist groß, was die zahlreichen Zuhörer belegen. Welche Bedeutung dieser für Touristen in der Zukunft spielen wird, ist jedoch noch offen.

ITB 2011

Auf dünnem Eis: Wie man den Klimawandel vielleicht besser nicht inszenieren sollte

Quelle: Isabel Schoelen

Die Veranstaltung „Between Melting Glaciers and Social Responsibility – Course Correction in Tourism” klingt vielversprechend. Eingeladen sind unter anderem Vertreter der Tourism Watch/EED Germany, der Climate Change and Disaster Prevention und des Centre for Ecology and Development und last but not least: ein Jongleur. Der Künstler muss zwischen den einzelnen Rednern die Balance zwischen Tourismus und Umweltschutz „metaphorisieren“, wie die Moderatorin Mary Amiri es ausdrückt. Geschickt wirft er bunte Globen durch die Luft und hält dabei das Gleichgewicht. Danach jongliert er mit Ringen zu spanischen Rhythmen.

Irgendwie verloren geht dabei die Glaubwürdigkeit der Veranstaltung. Künstliche Pinien, die liebevoll mit Kunstschnee dekoriert sind, einer Brücke, die  über einen glitzernden Fluss führt, Eisbären und Pinguine, die das Geschehen völlig zurecht misstrauisch beobachten und der unvermeidliche Wegweiser zum Nordpol bilden die Kulisse des Schauspiels. Im Hintergrund hört man die Snowboarder vom Globetrotter Stand kreischen. „We are skating on very thin ice“ heißt es in der Anmoderation.

Zu kurz kommt: der Klimawandel. Das globale Thema unserer Zeit, das in Zukunft über Leben und Tod entscheiden wird. Wenigstens Sabine Minninger von der Climate Change und Disaster Prevention bringt es innerhalb ihrer 15-minütigen Sprechzeit auf den Punkt: „Der Tourismus ist selbstzerstörend“. Bis 2050 werde der Tourismus zu 25 Prozent Anteil an der globalen Emission haben. Dabei fliegen nur insgesamt zehn Prozent der Weltbevölkerung. Initiativen wie atmosfair drohen zu scheitern, da sie dem konstanten Wachstum der Tourismusbranche nicht hinterher kommen. Tatsächlich kompensiert bisher weniger als ein Prozent der Deutschen seinen CO2 Ausstoß mit einer Spende an die Umweltorganisation.

Am Ende der Veranstaltung wird die „Fairtrade Reisestandard-Urkunde“ verliehen. Dazu gibt es eine fair gehandelte Rose aus Kenia, wie Heinz Fuchs betont. Anstatt Rosen von regionalen Händlern zu überreichen, wird die Rose eingeflogen. Fairtrade bedeutet nicht automatisch auch klimafreundlich, geschweige denn nachhaltig. Ob solche Veranstaltungen zwischen schmelzenden Gletschern und sozialer Verantwortung für eine Kurskorrektur sorgen? Wohl eher nicht.

Der Tourismus nähert sich Themen wie Umweltschutz und Nachhaltigkeit, setzt sich aber – noch – nicht konkret genug damit auseinander.

Allgemein ITB 2011

Tausend Meter tief im Meer – Champagner gefällig?

Foto: Der C-Quester 3. Quelle: Moritz Jacobi.

Verdutzte Gesichter bei Besuchern, die plötzlich einem knallroten Mini U-Boot gegenüberstehen. Die niederländische Firma U-Boat Worx stellt auf der ITB Berlin 2011 ihr Produkt vor:  Mini U-Boote, die für Urlaubsausflüge, aber auch zu Forschungszwecken oder als Beiboot von Yachten eingesetzt werden können.

Das Ausstellungsmodell C-Quester 3 sieht aus wie eine Rettungsboje in „Baywatch“ im PKW-Format, wiegt knapp viereinhalb Tonnen und fährt mit maximal zwei Passagieren und einem Piloten bis zu 6 km/h. Lithium-Ionen-Batterien treiben vier Turbinen an, um das Boot in maximal 100 m Tiefe zu befördern. Im Innenraum sitzen zwei Passagiere während der Pilot stehend das Boot lenkt. Die transparente Kuppel bietet einen guten Rundumblick in die marine Umgebung. Die 15 Mitarbeiter des Unternehmens bauen und betreiben auch andere Bootstypen, etwa den C-Explorer mit bis zu sieben Passagieren und 1.000 m Tiefgang. Nachdem sich der Einsitzer der 2005 gegründeten Firma nicht besonders gut verkauft hatte – die Passagiere hätten selbst fahren müssen – stieg man vor zwei Jahren auf U-Boote für Kleingruppen um. Ein neues Marktsegment im Unterwassertourismus, denn bisher wurden U-Bootfahrten nur für größere Gruppen angeboten. Von Aruba in der Karibik legt beispielsweise die „Atlantis“ mit bis zu 45 Personen ab in die Tiefen des Meeres.

Wieviel Zeit der Bau eines U-Bootes beansprucht? Mindestens drei Monate, sagt Erik Hasselman, Marketing Manager bei U-Boat Worx, doch der neue Siebensitzer braucht bis zu eineinhalb Jahre. „Wir stellen das neue Modell für bis zu sieben Personen vor, um zu schauen, ob es dafür auch eine Nachfrage gibt. Es ist schon etwas Exklusives, man fährt im kleinen Kreis mit dem U-Boot durch das Meer und erhält wissenswerte Infos vom Kapitän, zum Beispiel über Korallenriffe. Unsere Piloten sprechen mehrere Sprachen, um sich mit den Passagieren zu unterhalten.“ Die Boote gehören zur Kategorie der one atmosphere submersibles, d.h. im Innenraum herrscht ungefähr derselbe Druck wie an der Oberfläche, und Probleme des Druckausgleichs erübrigen sich. Der C-Quester 3 kostet rund eine Million Dollar (über 720.000 Euro).

Bisher wurden fünf Boote verkauft, zwei als Beiboote von Superyachten, zwei für touristische Unternehmen und eines für die marine Forschung. Da die Boote auf Bestellung gebaut werden, berücksichtigt die Firma auch individuelle Wünsche der Kunden. So kann der klimatisierte Innenraum auf Wunsch sogar mit iPod-Station und Champagnerkühler ausgestattet werden. Aber das kostet extra.

httpv://www.youtube.com/watch?v=5U3RDuovv6A&tracker=False

Allgemein ITB 2011 Kurztrips

Tunesien – Folgt nach dem politischen der touristische Neuanfang?

Foto: Mehdi Houas, Minister für Handel und Tourismus. Quelle: Myriel Camp

Neues Logo, neuer Slogan „I love Tunisia – the Place to be … now!“, damit präsentiert sich Tunesien auf der ITB Berlin 2011. Mit dieser Kampagne möchten die Tunesier Urlauber in ihrem Land willkommen heißen. Denn inzwischen ist die Lage sicher, so die Botschaft.

Die Pressekonferenz von Tunesien lockte  dieses Jahr viele Journalisten an. Wie läuft der Tourismus nach der Revolution und dem Sturz des Diktators Ben Ali? Was erwartet sich das Land von der Zukunft? Diesen Fragen widmete sich Mehdi Houas. Tunesiens neuer Minister für Handel und Tourismus appelliert dabei gleich an die Deutschen, sein Land wieder zu bereisen. Denn seiner Meinung nach ist die Revolution in Tunesien vorbei, die Lage hat sich stabilisiert und Touristen können wieder kommen.

Dennoch: Das Vertrauen in die Sicherheit des Landes muss erst wieder aufgebaut werden. Zurzeit hat Tunesien 40 Prozent weniger Besucher als vor einem Jahr. Doch für große Werbekampagnen ist es wahrscheinlich noch zu früh, dafür ist die Lage im Land noch zu verworren. Aber es gibt auch ermutigende Zeichen: Rewe Touristik schickte als erster Veranstalter schon am 22. Februar 2011 wieder Touristen nach Tunesien, am 27. Februar 2011 folgten weitere Unternehmen. „2011 wird ein schwieriges Jahr für Tunesien werden“, sagt Mehdi Houas, „wir wollen jedoch die Zeit für Investitionen nutzen und den Tourismus auch in neuen Bereichen fördern.“

Der Kulturtourismus soll wichtiger werden, damit Besucher besser am Leben der Tunesier teilnehmen und die reiche Tradition des Landes erleben können. Als Beispiel nennt der Minister zwölf archäologische Fundstätten, die zu Besuchermagneten ausgebaut werden. Und möglicherweise kommen jetzt auch ganz neue Besucher ins Land, nämlich die, die aufgrund des korrupten Regimes Tunesien bislang boykottiert haben. Vor sechs Wochen haben die Tunesier ihren Diktator ins Exil geschickt. Und genau wie das Land, muss sich nun auch Tunesiens Tourismus wieder stabilisieren.

Allgemein ITB 2011

Ruhr 2011 – Mythos mit Großereignis und Mitmach-Charakter

Auch 2011 soll die Einzigartigkeit der Ruhr-Region Anziehungspunkt für Touristen und Kulturinteressierte sein. Besucher können sich auf Events und Entertainment, Kultur und Festivals freuen: Ein Programm mit einer Mischung aus emotionalen und aktiven Veranstaltungen. „Wenn man das Ruhrgebiet besucht, besucht man nicht nur eine Stadt, sondern eine Metropole“, beschreibt Oliver Scheytt , Geschäftsführer der RUHR.2010 GmbH auf der ITB Berlin 2011 das geplante Programm des Ruhr Tourismus Verbandes.

So bietet sich beispielsweise die Möglichkeit, mit dem Fahrrad ab der Bochumer Jahrhunderthalle auf dem bisher fast unbekannten Radweg entlang der ehemaligen Erzbahntrasse bis nach Essen zu fahren. Dort wird das 200-jährige Krupp-Bestehen mit besonderen kulturellen Veranstaltungen gefeiert: Diverse Fotoausstellungen zeigen, welche Entwicklung ein Traditionsunternehmen im Ruhrgebiet erfahren hat. In Oberhausen gehen Besucher des Gasometers auf eine magische Ausstellungsreise und erleben, welche Weltkultur- und Naturstätten es weltweit zu sehen gibt.

 Eine außergewöhnliche Veranstaltung gibt es auch in diesem Jahr: Angelehnt an die „Schachtzeichen“ während der Ruhr2010, bei denen 350 gelbe Ballone auf den ehemaligen Schachtanlagen der Region für einen besonderen Anblick sorgten, stehen 2011 die Halden im Fokus. Für bis zu 12.500 Menschen in 50iger Gruppen steht im Sommer eine geführte, achtstündige Wanderung auf dem Programm, die sich über die Halden der Ruhrstädte zieht. Alle Teilnehmer bekommen auf dieser Wanderung hautnah einen Eindruck über die typische Landschaft des Ruhrgebiets und werden zusätzlich durch individuelle Kunstobjekte auf den Halden – wie beispielsweise der neuen Landmarke „Tiger & Turtle – Magic Mountain“ auf der Halde in Duisburg –  unterhalten. „ Der einzigartige Erfolg von Ruhr 2010 mit 13,4 Prozent mehr Übernachtungsgästen im Ruhrgebiet kann als erfolgreiches Event verzeichnet werden“, sagt Scheytt. „Wir hoffen, dass sich unsere nachhaltige Planung auch in diesem Jahr weiter fortsetzen lässt“.

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