Vom Kohlenpott zur Kulturmetropole

Foto: Sarah Glaeser

Die Metropole Ruhr will auf der ITB Berlin 2010 einem breiten Publikum zeigen, „was dieses Jahr bei uns abgeht“, sagt Axel Biermann, Geschäftsführer der Ruhr Tourismus GmbH.

Nachdem im Januar die spektakuläre Eröffnungsfeier der Kulturhauptstadt RUHR.2010 in Essen stattfand, strömen viele Fachbesucher zur Pressekonferenz der Ruhr Tourismus GmbH auf der ITB Berlin 2010. Im Auftritt mit elegantem Design und aufwendiger Hightech-Ausstattung zeigt sich, was der Titel Kulturhauptstadt der ehemaligen Montanregion gebracht hat: Einen intensiven Imagegewinn.

Über eine Treppe gelangt man auf eine Plattform des zweistöckigen Messestandes der Ruhr Tourismus GmbH. Bistrotische, Snacks und Weinservice strahlen eine angenehme Café-Atmosphäre aus. Wobei das Bild eines Kiosks mit der Aufschrift Beim ‚Mampf’-Fred eher eine Imbissbude suggeriert. Den Lärm der Messebesucher nimmt man hier oben kaum wahr. Lediglich die Geräusche einer Installation mehrerer im Halbkreis angeordneter Bildschirme im unteren Teil des Messestandes, die Ruhrpanoramen von Adolf Winkelmann, begleiten die Vorträge der Referenten. Diese stellen das „Informations-Infrastruktur-Konzept“ vor, „ein geschmeidigeres Wort fällt mir leider nicht ein“, gesteht Biermann. Dieses Konzept umfasst ein einheitliches Corporate Design sowie ein abgestimmtes System von verschiedenen Infostellen für Touristen, das in diesem Ausmaß einmalig in Deutschland und Europa ist. Die Infostellen, die sich an 25 Standorten in 13 Städten befinden, präsentieren die Metropole Ruhr als kompaktes Reiseziel. Sie verdeutlichen aber auch die Individualität der einzelnen Anziehungspunkte. Das Hagener Osthaus Museum, im Kunstquartier Hagen, kann man auch direkt über einen Touchscreen anwählen, der zukünftig zur interaktiven Recherche an allen Infostellen bereitstehen wird. Man erhält sämtliche Infos sowie geschichtliche Daten über das Museum und kann sich den Weg dahin anzeigen lassen. Der Touchscreen reagiert noch etwas schwerfällig, aber daran werde gearbeitet, wie ein Mitarbeiter des Messestandes erklärt.

Nach einem „bombastischen Einschlag“ von RUHR.2010 als Partnerregion der ITB Berlin 2009, gelte es, in diesem Jahr die geplanten Events erfolgreich durchzuführen, so Biermann. Das Ruhrgebiet habe ein attraktives touristisches Angebot. Dies müsse nur intensiver nach außen kommuniziert werden. Biermann kommt ins Schwärmen, als er den längsten Biertisch der Welt vorstellt: Für einen ganzen Tag wird die A40, die Autobahn durch das Ruhrgebiet, gesperrt und auf einer Länge von 60 Kilometern Biertische aneinandergereiht, an denen sich die Menschen von Duisburg bis Dortmund treffen können. Überschwänglich zählt er eine Veranstaltung nach der anderen auf. Auch über das Kulturhauptstadtjahr hinaus gilt: „Nach diesem Feuerwerk in 2010 wollen wir 2011 nicht wie ein glühender Meteorit versinken“, so Biermann.

Man ist stolz auf das Ruhrgebiet und was es zu bieten hat. Da kommt die Verleihung der Goldenen Palme 2010 durch GEO Saison für die Dr. Tigges Studienreise Europas Kulturmetropole Ruhr am Abend zuvor gerade recht. Durch die Auszeichnung mit dem Kreativpreis der Branche fühlt sich die Ruhr Tourismus GmbH bestätigt, dass „wir auf dem richtigen Weg sind und sich das Ruhrgebiet künftig als Ziel für Städte- und Kulturreisen etablieren wird“ (Biermann).

Auch wenn Optimismus und Tatendrang allgemein förderlich sind, verwundert es in diesem Fall, ruft man sich die Pressemitteilungen der letzten Monate ins Gedächtnis. Das Ruhrgebiet ist stark verschuldet, wie unter anderem die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete. Alleine Oberhausen mit 1,5 Milliarden Euro und Duisburg schlägt Oberhausen um Längen: Der Schuldenberg ist doppelt so hoch. So kommt auf jeden Bürger Nordrhein-Westfalens im Schnitt eine Last von 2797,27 Euro zustande.

Es bleibt abzuwarten, ob hier eine vernünftige Lösung gefunden werden kann oder ob man wie Wolfgang Petry in seinem Lied „Ruhrgebiet“ alles wegfeiert:

Zwischen Rhein und Weser das Herz der Welt,
hier bist du keine Nummer, keiner sieht auf dein Geld,

eine grüne Oase zwischen Kohle und Stahl,
wenn wir zusammen feiern ist uns alles egal.

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Sportliche Entdeckungsreise

Foto: Wegweiser der Deutschen Fußball Route NRW. Quelle: Max Dahmer

Vom Ascheplatz bis zum Austragungsort des Champions League Finales, dem Fußball im Ruhrgebiet ganz dicht auf den Fersen. Routen für alle Freunde des runden Leders und ganz nebenbei ein bisschen Fußballgeschichte.

Wo hat Lukas Podolski das Dribbeln gelernt? Mit welchen Schuhen hat Pelé seine Fans begeistert? Was ist die größte schwarz-gelbe Wand? Die Antworten werden auf der 750 Kilometer langen Strecke durch ganz Nordrhein-Westfalen von der Deutschen Fußball Route e.V. geliefert. Die Fußballhighlights im Ruhrgebiet können bequem mit dem Auto oder, ganz sportlich, mit dem Fahrrad erreicht werden. An 15 Orten und 165 einzelnen Stationen erfährt der Fan alles über Weltmeister, Sieger der Herzen und Ikonen des Fußballs. Von Aachen bis Bielefeld liegen unzählige interessante Geschichten und nette Anekdoten am Wegesrand und warten darauf, entdeckt zu werden. Wie zum Beispiel das erste Frauenländerspiel ohne Einwilligung des DFB oder der Dortmunder Gewinn des Weltpokals.

Auf der Website und per Handy-Applikation gibt es für jede Anlaufstelle einen Videoclip. Neben Informationen zur Route bietet die Landkarte der Deutschen Fußball Route e.V. Ratschläge für Übernachtungsmöglichkeiten und andere Veranstaltungen. In Zukunft soll der Fußballfan auf seiner Reise auch selbst die Möglichkeit bekommen, gegen das Leder zu treten. Eine sportliche Entdeckungsreise. Ab diesem Frühjahr.

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Mit dem Handy um die Welt

Quelle: Marcus Schoft

Smartphones blitzen überall im Publikum auf, E-Mails werden kontrolliert, Aktien verkauft und Hotelzimmer gebucht. „Oft sind die Kunden schon wesentlich weiter als wir“, befürchtet Marco Nussbaum. Der Geschäftsführer von der Hotelkette prizeotel diskutiert mit vier Experten, wie internetfähige Handys für die Hotelwelt genutzt werden können. Denn schon längst ist das mobile Internet fester Bestandteil der Reisewelt geworden.

In einem sind sich die Fachleute einig: Der Markt für Smartphones und ihre Anwendungen wird in den kommenden Jahren extrem wachsen. Die Touristiker wollen diesen Trend nicht verpassen. „Wir müssen unheimlich offen dafür sein“, sagt Nussbaum. Um den Anschluss nicht zu verlieren, rüsten die großen Hotelketten nun mit mobilen Handyprogrammen, sogenannten Apps, auf. Damit sind Programme gemeint, die zum Beispiel über ein Onlineportal erworben und auf dem Handy gespeichert werden. Im Gegensatz dazu stehen mobile Web-Angebote, die speziell für die Darstellung auf Handys optimiert wurden.

Hotels und Fluggesellschaften bieten nicht nur mobile Web-Angebote an, sondern versuchen sich auch auf dem Markt der Apps zu etablieren. Allein der Hilton-Konzern hat inzwischen sieben Apps für verschiedene Smartphones auf den Markt gebracht. Damit kann man bisher jedoch nur Hotelzimmer buchen. Es sei aber schon wesentlich mehr möglich, versichert Oliver Harnisch, Vizepräsident von Hilton. So könnte das Mobiltelefon auch vor, nach und während des Hotelaufenthalts von Nutzen sein. „Wenn der Gast ein sechstes Kissen wünscht kann er das über ein Roomservice-App schon bestellen bevor er eincheckt“, erklärt Harnisch.

Trotz aller Euphorie über die zahlreichen Möglichkeiten können die neuen Systeme aber auch von Nachteil sein, warnt Hiltonmanager Harnisch. „Wir kommen zwar näher an den Gast heran, manche möchten das aber vielleicht nicht.“ Es werde gar einen wilden Wust an Werbung geben, die den Nutzern mobiler Angebote erreicht, befürchtet Martin Thyssen von Blackberry. „Es gibt schließlich kein anderes Medium, das nur für den Kunden relevante Werbung bereitstellt.“

Die Kritik, das mobile Internet beeinträchtige den Datenschutz, lässt Tobias Ragge, Geschäftsführer Hotel Reservation Service (HRS), nicht gelten. „Die Geräte werden zum Zahlungsmittel, wenn das aber nicht funktioniert ist der Handel tot“, meint Ragge.

Auch Sicherheitsexpertin Alexandra Wolf-Klawonn von ADS Consult gibt Entwarnung bei der Übertragung sensibler Daten. „Der Nutzer ist kaum greifbar, da er nicht so lange online bleibt.“ Bei Daten, die über einen freien WLAN-Zugriff übermittelt werden, sei allerdings Vorsicht geboten. Ein böswilliger WLAN-Anbieter könne die übermittelten Daten problemlos kopieren. Das Publikum der Podiumsdiskussion scheint sich daran nicht zu stören. Es surft weiter bedenkenlos im Internet.

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Auch unter den ITB-Maskottchen gibt es Promis mit Leibwächtern

Quelle: Kristn Schrader

Sie ist das stärkste Mädchen der Welt. Und trotzdem rückt ihr Leibwächter ihr auf der ITB Berlin nicht von der Seite. Nur ein paar Minuten lang kann man sich mit Pippi Langstrumpf und den beiden Polizisten Herrn Kling und Herrn Klang unter acht Augen unterhalten. Dann stößt Nils-Magnus Angantyr in die lustige Runde. Der Marketingleiter von Astrid Lindgrens Värld in Schweden sorgt sich um die Persönlichkeitsdaten der Schausteller. Keiner der ITB-Besucher soll wissen, wer hinter den beliebten schwedischen Kinderbuchfiguren steckt. Die illustren Drei sollen hier nur ihre Rolle spielen und die Touristen auf den Themenpark in der südschwedischen Stadt Vimmerby aufmerksam machen. Im gleichen Atemzug sollen sie aber auch für ganz Schweden werben.

In Deutschland kennt jedes Kind Pippi Langstumpf. Von einer solchen Bekanntheit kann Zakumi bislang nur träumen. Das Maskottchen wird von vielen Messebesuchern wahrscheinlich nur aufgrund seines T-Shirts erkannt. Darauf steht in großen Buchstaben Weltmeisterschaft 2010“. Wie Pippi bewegt sich auch der kuschelige Leopard auf der ITB Berlin nur in Begleitung. Anstatt Zakumi am Sprechen zu hindern, ist seine Leibwächterin Ijeoma Okere jedoch dafür da, die Fragen der Interessenten zu beantworten.

Zakumi selbst kann das nicht. Das Maskottchen kann nämlich gar nicht sprechen. Die FIFA hat dem Leoparden Redeverbot erteilt. So sollen Verständnisprobleme vermieden werden. Allein Südafrika hat elf amtliche Landessprachen. Und Zakumi soll schließlich auf der ganzen Welt unterwegs sein.

Damit das funktioniert, gibt es mehrere Zakumis. Der Leopard, der auf der ITB Berlin anzutreffen ist, muss sich um ganz Europa kümmern. Und Kümmern heißt mehr, als nur für Fotos zu posieren. Viele Menschen wollen den plüschigen Gesellen umarmen. Einige suchen nach einem stressigen Tag sogar Trost und vertrauen ihm ihre Probleme an. Über den Tag verteilt muss Zakumi allerdings auch einiges erleiden: Sein Schwanz lädt geradezu dazu ein, daran zu ziehen. Manchmal werde ihm sogar gegen den Kopf gehauen, erzählt der junge Mann, der nach einer guten halben Stunde verschwitzt aus dem Kostüm steigt.

Bis zu sechs Mal am Tag zeigt er sich als Zakumi auf der Messe. Auch ohne Kostüm darf er seinen Namen nicht nennen. Fotos verbietet die FIFA ebenfalls. Niemand soll eine Verbindung zwischen dem sympathischen jungen Mann und dem plüschigen Leoparden herstellen können. Zakumi soll einzigartig sein. Den Mensch unter dem Kostüm stört das wenig. Er mag seine Rolle. Auch über seine ständige Begleitung freut er sich. Vor allem, weil er ausschließlich durch den Mund seines Kostüms sehen kann. Wie bei Blinden haben seine anderen Sinne die Aufgaben der Augen zwar weitestgehend übernommen, aber der Tastsinn bleibt durch die großen Plüschtatzen eingeschränkt. Im Zweifelsfall hilft Leibwächterin Ijeoma bei der Orientierung.

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Action Cooking

Quelle: Imke Schroeder

Kekse backen in Form des Brandenburger Tor: Das Spektakel Naturfreunde Jugend und Besucher backen und verzieren Plätzchen von bekannten deutschen Bauwerken lockte die Besucher in Scharen. „Sogar das Fernsehen war heute hier“, verkündet die Bäckerin stolz. Inzwischen ist Ruhe eingekehrt. Nur zwei kleine Mädchen werkeln an Brandenburger Tor, Berliner Funkturm und dazwischen dicke Enten. Doch am Stand der Naturfreunde gibt man sich zufrieden: Unzählige Bleche verschwanden schon in den Mägen der Besucher.

Auch etwas weiter in Halle 10 können Keksförmchensehenswürdigkeiten gekauft werden: Der Eiffelturm oder die Freiheitsstatue. Und auf dem Weg dahin, hätte man gleich noch eine Kochvorführung im Saarland mitnehmen können, bei der Akrobatik mit Messern und Küchenutensilien die Zuschauer anlockten. Mit frischem Gemüse aus dem Glas und Champignons aus der Dose blieb zwar der Geschmack auf der Strecke, doch der Unterhaltungsfaktor war ungleich größer. Vielleicht sollte man im kommenden Jahr messerwerfenden Köchen mit keksebackenden Kinder kombinieren: Die einen können nichts Genießbares kochen, die anderen dürfen noch nicht mit Messern jonglieren. Das klingt nach einer vielversprechenden Symbiose. Und das Auge isst ja bekanntlich mit.

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Wenn die pinke Badehose lockt

Foto: Marcus Schoft und Max Dahmer. Quelle: Marcus Schoft.

Voll beladen mit Taschen, Postern, Kugelschreibern und unzähligen anderen Kleinigkeiten ziehen die urlaubshunrigen ITB Berlin-Besucher durch die Hallen. Es scheint als würde manch einer sogar die Gesundheit seiner Bandscheiben oder seinen guten Ruf mit den vielen Taschen aufs Spiel setzten.

Um beispielsweise eine der kultverdächtigen Brillen von dem Hostelbetreiber Superbude zu bekommen, geben die Geschenkesammler alles. Verkleidet mit einer ausgefallenen Perücke und einer aufgeblasenen Gitarre gilt es ein möglichst verrücktes Video zu drehen.„Für die Brille tun sie einfach alles“, stellt Jörn Hoppe von Superbude Hostels fest. Bisher wurden etwa 700 Brillen unter die Menschen gebracht. Den glücklichen Brillengewinnern winkt vielleicht noch eine Reise. Denn das Video, das im Internet die meisten Klicks bekommt gewinnt eine Übernachtung in der Superbude.

Auch beim L’TUR-Stand geht es heiß her. Der Eventmanager Dieter Hoffmann lockt die vorbeiströmenden Massen mit lukrativen Geschenken. Einfach verschenken kommt für ihn aber nicht in Frage. Bei Bobbycar-Rennen oder Volleyballspielen müssen die Interessenten sich ihr Geschenk hart erkämpfen. Immerhin verteilt Hoffmann Geschenke im Gesamtwert von 3.000 Euro. Da ist schon mal ein 100 Euro Gutschein drin, für denjenigen der die pinke Badehose anzieht. Für Mareike Lippelt hat sich das Volleyballspiel gelohnt. Sie hat ein hochwertiges Badetuch gewonnen. „Lächerlich machen würde ich mich aber nicht“, erklärt die junge Messebesucherin.

Während der Kugelschreiber an jeder Ecke wartet, stößt der aufmerksame Messebeobachter auf viel Skurriles. In Costa Rica gibt es eine Rotfichte, in Südafrika wartet das afrikanische Blasinstrument, eine Vuvuzela, in Südkorea hilft Kim Jong beim Basteln eines Lampions und an den Ständen vom Jemen, den Vereinigten Arabischen Emiraten und von Indien werden die Hände der Interessierten mit Hennatatoos verziert. Sehr beliebt sind auch Namensschilder in Sprachen, wie Koreanisch oder Arabisch. Beim leeren der Taschen wird sich zeigen, welcher Aussteller mit seinem Präsent am längsten in Erinnerung der Reiselustigen bleiben wird und damit vielleicht in sein Land lockt.

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Wenn Essen, Getränke und Tourismus sich kreuzen – eine kulinarische Weltreise auf der ITB Berlin

Fotos: Christina Heuschen

Wie wäre es, die Welt durch Essen oder Trinken kennenzulernen? Einmal Gerichte aus der ganzen Welt probieren. Und das an einem Tag. Das geht, denn auf der ITB Berlin stellen sich Länder auch durch ihre kulinarischen Köstlichkeiten vor.

Die Reise beginnt in Deutschland. Der Magen ist noch leer. Das Highlight in Hamburg sind Pralinen. Erstaunlich, da Hamburg dafür eigentlich nicht bekannt ist. „Schokovida ist die erste Schokolaterie Hamburgs“, betont Sandra Engel, Head of Marketing Services & Cooperations beim Hamburg Tourist Board. Die Besucher können zusehen, wie Pralinen hergestellt werden. Großes Gedränge. Alle möchten schauen. Aber vor allem kosten. Die Pralinen zergehen auf der Zunge. Bis sie sich ganz auflösen. Tee gibt es auch. Doch der ist bei dieser Veranstaltung Nebensache.

Comedy. Artistik. Kochen. Das gibt es im Saarland. Heraus kommt eine Lyonerpfanne. Doch Applaus gibt es vor allem für die artistischen Übungen. Stimmen aus dem Publikum verraten zum Essen nichts Gutes: „Naja, geht so.“ oder „Nichts besonderes.“ Es scheint nicht allen zu schmecken.

Ein weiterer Anlaufpunkt ist Halle 4.2. Hier liegt Spanien. In Andalusien kann man Tapas essen. Iberischen Schinken. Kleine Köstlichkeiten. Wer möchte bekommt dazu auch einen Sherry.Direkt um die Ecke sind die Kanaren. Ananas. Mango. Papaya. Passionsfrucht. Frisch, fruchtig und lecker. Kein Wunder, dass bereits morgens eine Schlange an der Bar steht. Manche stellen sich sogar ein zweites oder drittes Mal an. Ohne den Ozean zu überqueren geht es in die Dominikanische Republik. Hier trinkt der Gast Rum. Mit Eiswürfeln. Kalt.

Zurück auf dem europäischen Kontinent, führt kein Weg an Polen vorbei. In Halle 15.1 schlemmen die Besucher St.-Martins-Hörnchen. Plunderteig. Gefüllt mit Mohn. Glasiert. Und mit gehackten Nüssen bedeckt. Diese süße aus Poznań stammende Spezialität wird auf der ITB Berlin vor den Augen aller gebacken, und kann danach direkt verzehrt werden. Noch ganz warm. Frisch aus dem Ofen. Der Bauch wird voller. Großes Gedränge, auch hier.

Zum Glück gibt es auch in Ungarn in Halle 11.1 etwas Süßes. Baumkuchen. Kürtöskalács. Aber was ist nun besonders an diesem Baumkuchen? Vanille. Zimt. Mandeln. Schokolade. Kokos. Nuss. Sechs Geschmacksrichtungen, für jeden etwas. Wer es lieber herzhaft mag, kann in Ungarn auch Käse probieren. Schafskäse in den verschiedensten Richtungen: Knoblauch, Safran, Räuchergeschmack, Natur und Weichkäse. Eine weitere Alternative ist Gemüse. Salzig eingelegt. Die Spezialität: Wassermelone mit Krautsalat. Wem das zu exotisch ist, sollte Kirschtomaten, Gurken oder Paprika kosten. Langsam wird es eng. Viel passt in den Magen nicht mehr. In der Halle des Partnerlandes der ITB Berlin angekommen, gibt es wieder einmal etwas zu trinken. Çay. Mit Zucker. Becher dampfen. Besucher schlürfen den türkischen Schwarztee.

Wer jetzt immer noch nicht genug hat, kann noch den israelischen Stand in Halle 23b besuchen. Frisch gepresster Orangensaft. Dazu Pita. Eine Spezialität aus dem Nahen Osten mit Humus, Auberginensalat, Weißkrautsalat oder Couscoussalat.

Noch nicht einmal drei Stunden dauert diese Reise. Drei Stunden, in denen man die Welt mal anders kennenlernt. Der Magen ist voll. Satt.

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Mit der Blechbox durchs Ruhrgebiet

Foto: Die Grand Tour Box. Quelle: RUHR.2010

Als Grand Tour bezeichnete man seit der Renaissance Kunst- und Kulturreisen des Bildungsbürgertums vor allem zu antiken Stätten in Italien. Grand Tour 2010 verbindet im Kulturhauptstadtjahr die Projekte und Veranstaltungen der Kulturhauptstadt RUHR.2010 mit den Höhepunkten Bildender Kunst – nicht nur im Ruhrgebiet, sondern auch in ganz Nordrhein-Westfalen.

Alles passt in eine Blechkiste. Diese enthält Broschüren, Gutscheine für Hotelübernachtungen sowie Eintrittskarten für Museen und Kulturereignisse. Nur planen muss der Kulturliebhaber noch selbst. Vier Tourenbroschüren mit den Titeln Bau- und Wohnkultur, Lichtkunst, KunstRäume und Grand Tour Highlights sowie das Kulturhauptstadtprogramm RUHR.2010 helfen dabei; aber auch Insidertipps, wo man gut Essen und Trinken kann und Empfehlungen für interessante Sehenswürdigkeiten. Partner sind bisher mehr als 50 Kulturinstitutionen, darunter 30 Museen, sowie acht Hotels.

Die Grand Tour 2010 Box gibt es in drei Varianten: Die S-Box für einen Tag kostet 49 Euro und beinhaltet vier Eintrittsgutscheine. Die L-Box für zwei Tage ist für 149 Euro für zwei Personen erhältlich und umfasst eine Übernachtung im Doppelzimmer im Vier-Sterne-Hotel sowie zwei Eintrittsgutscheine. Die XL-Box für drei Tage kostet 298 Euro für zwei Personen inklusive zweier Übernachtungen im Doppelzimmer im Vier-Sterne-Hotel und sechs Eintrittsgutscheinen. Besucher müssen lediglich in einem der Partnerhotels anrufen und ein Zimmer reservieren. Als Zahlungsmittel vor Ort dient der Hotelgutschein.

Also auf zur Grand Tour ins Ruhrgebiet!

Weitere Informationen sowie Bestellung unter http://www.grand-tour-2010.de/.

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Kapitän spielen

Fotos: Julia Gutwein

Der Vulkan ist aktiv, Rauch steigt empor und die Anlage setzt sich in Bewegung. Die perfekte Welle beim Vulkan-Surfen reiten, während der Fahrradfahrt ein Videospiel spielen oder einfach mal im Flugsimulator starten und landen. Wer sich jetzt noch langweilt ist selber schuld. Es gibt viel zu entdecken und auszuprobieren auf der ITB Berlin 2010, die heute, 12.03.10 ihre Türen für Privatbesucher geöffnet hat.

In Halle 4.1 Trends & Events können sich Messebesucher ein wenig austoben. Hier beherbergt einer der größten Aussteller dieser Halle, Globetrotter Ausrüstung, eine Kletterwand, eine Vulkan-Surf- Anlage und das Spiel Lavasteine werfen. Wer seine Kraft, Geschicklichkeit oder Wurftechnik testen will, ist hier genau richtig. Die Surfanlage besteht aus einem weichen Teppich, der auf eine Art Laufband gelegt wurde. Nach einer kleinen Einweisung kann man sich schließlich auf das Surfbrett stellen und die Lavawelle reiten. Für Schwindelfreie geht es an die Kletterwand daneben. Wer dann noch mit Lavasteinen Kegel umwerfen möchte, kann sich bei Erfolg einen kleinen Preis verdienen.

Ein paar Meter weiter hat die Firma DaPhi ein etwas anderes Fahrrad aufgebaut. Zum sechsten Mal auf der ITB Berlin mit einem öffentlichen Internetcafé dabei, präsentiert sie sich dieses Jahr mit einer besonderen Idee. Ein Fahrrad, das durch den Betrieb der Pedale Strom erzeugt. Die Lampe auf dem Gepäckträger beginnt zu leuchten und der Fernseher vor einem zeigt ein Videospiel. Jetzt noch den Controller in die Hand nehmen und ja nicht aufhören zu treten, denn sonst geht der Fernseher wieder aus und das Spiel ist vorbei. Geschicklichkeit und Ausdauer sind gefragt.

Gleich nebenan präsentiert sich das Jugenddorf am Ruppiner See, ein Veranstalter von Fußballcamps für Nachwuchskicker. Hier können kleine und große Fußballfans die Bälle eine Rampe hochschießen, um sie in einen Korb zu platzieren.

Wessen Interesse eher bei der Fliegerei liegt, der geht in die Halle 3.2 der Türkei und nimmt an einem Gewinnspiel der Turkish Airlines teil. Mit ein wenig Glück gewinnt man das, wovon viele träumen: Einmal in der originalgetreuen Nachbildung eines Boeing 777-Cockpits am Steuer sitzen und unter Anleitung über den Wolken fliegen. Danach kann man sich zum Entspannen in einen der bequemen First Class Sitze setzen. Einen ähnlichen Flugsimulator gibt es am Stand von Smartbox Experience in Halle 25.

Seefahrer begeben sich am Besten an den Stand der BMW Erlebniswelt in Halle 6.2 und lassen sich herausfordern den Rekord beim Aufbau des Segels an einem Simulator zu brechen (ca. 7 Sekunden).

Auch in Halle 6.2 gibt es dann noch einen Fahrsimulator auszuprobieren. Dieser von dem IPEK des Karlsruher Instituts für für Technologie (KIT) soll ein zukünftiges Fahrzeugmodell simulieren.

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Bewusster Reisen mit dem Köfferchen im Fair Trade T-Shirt

Foto: Christine Plüss, Geschäftsführerin vom Arbeitskreis für Tourismus und Entwicklung (AKTE). Quelle: Jasmin Siebert

Die geschälte Banane auf dem Plakat entpuppt sich erst auf den zweiten Blick als T-Shirt. „Fragen Sie auch bei T-Shirts nach Fair Trade“ steht darunter. Christine Plüss, Geschäftsführerin vom Arbeitskreis für Tourismus und Entwicklung (AKTE) in Basel hat schon einen Schritt weiter gedacht: „Wir brauchen nicht nur die fair gehandelte Banane mit Fair Trade T-Shirt, sondern auch das Köfferchen mit T-Shirt“, fordert die Geschäftsführerin des gemeinnützigen Vereins.

Die Schweiz ist Pionierland im fairen Handel, sechs Prozent der weltweit fair gehandelten Produkte wurden im Jahr 2008 in der Schweiz verkauft. Während die Deutschen in diesem Jahr nur 1,60 Euro pro Kopf für fair gehandelte Produkte ausgaben, waren es in der Schweiz 21,90 Euro. Lebensmittel, die bio und fair sind, gibt es dort in jedem Supermarkt.

Doch faire Bedingungen sollten nicht nur bei Lebensmitteln und Kleidern, sondern auch für die Urlaubsreise gelten. Das Internetportal www.fairunterwegs.org von AKTE will Reisende für das richtige Verhalten unterwegs sensibilisieren. Das größte unabhängige Reiseportal im deutschsprachigen Raum beantwortet Fragen, die auf anderen Reiseportalen fehlen: Wie groß ist der ökologische Fußbabdruck des Landes? Wie steht es mit den Menschenrechten im Urlaubsland? Wer sind eigentlich diese Menschen, die am Strand Mangos verkaufen?

Doch nicht nur der andere, tiefere Blick aufs Reisen unterscheidet www.fairunterwegs.org von anderen Internetseiten. „Bei uns gibt es keine Werbung und Buchungen sind nicht möglich“, erklärt Plüss. Stattdessen gibt es Tipps dazu, was einen seriösen Reiseveranstalter ausmacht. Der bewusste Reisende soll sich selbst fragen: Werden faire Arbeitsbedingungen eingehalten? Strapaziert mein Urlaub die Umwelt übermäßig? Wie viel Prozent des Reisepreises kommen sickern bis zur ärmeren Bevölkerung im Zielland durch? Reiseveranstalter, bei denen sich der Urlauber sicher sein kann, dass sie ihre soziale und ökologische Verantwortung wahrnehmen, sind am CSR-Siegel der unabhängigen Gesellschaft für Zertifizierung im Tourismus TourCert erkennbar.

Wo TourCert aufhört, setzt Fair Trade Tourism in South Africa (FTTSA) an. Es ist das einzige weltweit anerkannte Siegel, dass Fairness in Hotels und Restaurants im Urlaubsland garantiert. Seit neun Jahren wird im Land der diesjährigen FIFA FussballWeltmeisterschaft Südafrika 2010 auf Fair Play im Tourismus geachtet. Bisher sind nur in Südafrika touristische Einrichtungen zertifiziert, weitere Länder sollen in den nächsten Jahren hinzukommen. „In jedem Land gibt es andere Probleme. Das Label kann nicht einfach von Südafrika auf Indien übertragen werden“, erklärt Katarina Mancama, Research Managerin von FTTSA.

Während in Südafrika Schwarze diskriminiert werden, sind es in Indien die Kastenlosen. Ihr Traum ist es dennoch, dass es eines Tages für alle Länder und Reiseveranstalter ein internationales Gütesiegel gibt. Dass irgendwann globale Standards durch ein Siegel, dass Reiseveranstalter und die touristischen Einrichtungen im Zielland gleichermaßen umfasst, garantiert werden, ist auch das Ziel von Plüss.

Bis es soweit ist, kann sich der bewusste Reisende unter www.fairunterwegs.org selbst aufklären.

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Zukunft des Jugendcampings nicht hoffnungslos

Die Zeiten in denen Jugendliche gerne mit Campingzelt über Stock und Stein durch die Walde ziehen sind vorbei. Das zeigt die erste Studie der Bundesregierung „Campingmarkt in Deutschland“ : Nur etwa vier Prozent der 14 bis 19-Jährigen machen Campingurlaub.

Woran liegt das? Erwin Pfeiffer vom Automobilclub ADAC ist der Ansicht, es sei ein Hemmnis, dass Führerscheinneulinge keine größeren Fahrzeuge wie Caravans mehr fahren dürften. Feste Unterkünfte würden immer beliebter, Campingplätze sollten sich darauf ausrichten.

„Camping ist sehr ausrüstungsintensiv“, beschreibt Eicke Schüürmann, Geschäftsführer der Leading Campings GmbH, und Jugendliche wollen flexibel sein. Mit einer teuren Campingausrüstung ist das schwer. Im Vergleich mit Campingplätzen käme man in Städten wie Lloret de Mar auch günstig in Hotels unter, in denen Essen und Trinken umsonst seien.

Dennoch: Camping ist im Rahmen von „Jugendgruppenreisen, Abenteuer und Sport unter Jugendlichen immer noch beliebt“, so Schüürmann. „Jugendliche wollen freier sein, sich nicht an Essenszeiten binden“, und das biete Camping.

Mehr generelle Infos über die Studie in der aktuellen Pressemitteilung des Deutschen Tourismusverbandes e.V. :http://www.presseportal.de/pm/43910/1575629/dtv_deutscher_tourismusverband_e_v

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Komplizierter als ein Kühlschrank

Zwei junge Urlauber im Reisebüro: „Wir haben da mal etwas von CO2-Ausgleich bei Flugreisen gehört. Können Sie uns dazu etwas sagen?“ Die Reiseverkehrsfrau schüttelt den Kopf. „Nein, da kann ich nichts zu sagen.“

Dieser Videoeinspieler während der Diskussionsrunde „Is CSR a rip-off?“ erregte die Gemüter am Corporate Social Responsibility Day auf der ITB Berlin. Dass CSR ein „schwieriges Thema in schweren Zeiten“ und noch nicht jedem bekannt sein kann, sind sich die Experten einig. Doch dass eine Mitarbeiterin im Reisebüro noch nichts von CO2-Kompensation gehört hat, schockiert die anwesenden Touristiker dann doch. „Wir sind am Anfang eines Prozesses“, meint Jens Hulvershorn, der Futouris und Gebeco vertritt. „Die Kunden werden immer wacher“, pflichtet ihm Johannes Reißland, Geschäftsführer vom forum anders reisen bei. Die Bedeutung der ökologischen und sozialen Kriterien, die der Dachverband für nachhaltiges Reisen, schon vor 30 Jahren festgelegt hat, kommt langsam auch bei den großen Reiseveranstaltern an. Thomas Bösl, Geschäftsführer von Raiffeisen-Tours, und Harald Zeiss, verantwortlich für Qualitäts- und Umweltmanagement bei der TUI, sind sich der zunehmenden Bedeutung von CSR bewusst. Doch der Informationsfluss zu den Mitarbeitern nach unten ist langsam. Die Sensibilisierung der Mitarbeiter für CSR-Themen braucht Zeit. Schließlich ist das CSR-Siegel komplizierter als ein Siegel für umweltschonende Haushaltsgeräte. Und wenn sich noch nicht einmal die Experten einig sind, was denn unter CSR zu verstehen sei, wie sollen es dann die einfachen Mitarbeiter wissen?

Auch CSR-Experte Michael Hoppkins konnte in seinem Vortrag „CSR – Was ist das?“ nur Ideen davon vermitteln, was CSR bedeutet. Problematisch sind die zahlreichen verschiedenen Gewänder, in die sich die Nachhaltigkeit kleidet: Ecotourism, Sustainable oder Responsible Tourism. Es geht darum, dass mit dem Urlaub weder der Natur noch den Bevölkerung im Reiseland geschadet wird.

Firmen werben oft mit einzelnen Hilfsprojekten, die sie – manchmal auch nur einmalig – unterstützen und die ihr Kerngeschäft nicht unmittelbar berühren. CSR dagegen bedeutet Transparenz und Nachhaltigkeit entlang der eigenen Wertschöpfungskette. Die Maßnahmen fangen im deutschen Reisebüro an, begleiten die Anreise und enden bestenfalls in einer Kooperation im ärmeren Zielland.

Ganzheitliches Denken im Tourismus. Das klingt für viele neu und doch kann nur auf diesem Weg die vielgelobte Nachhaltigkeit erreicht werden. Dass ein Umdenken auf breiter Basis nicht reibungsfrei verlaufen kann, zeigte sich auch in der Expertenrunde Is CSR a rip-off? „Sollten wir dem kleinen Arbeiter verbieten, in seinem hart erarbeiteten Jahresurlaub wegzufliegen?“, provoziert Zeiss von der TUI. „Können wir den Klimawandel stoppen, wenn wir jeden für 20 Euro nach Barcelona fliegen lassen?“, kontert Reißmann vom forum anders reisen und erntet lautstarken Beifall aus den vollbesetzten Zuschauerreihen.

Wie ein Bewusstsein für CSR auch in den Massentourismus transportiert werden kann, blieb die große offene Frage beim CSR-Tag.

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Urlaub zwischen zwei Buchdeckeln

Abschalten in Bettenburgen, relaxen neben dem Kinderplanschbecken: Wer wirkliche Erholung und Einsamkeit sucht, kann im Atlas der abgelegenen Inseln fündig werden. Auf dem ITB BuchAward 2010 wurden in den Kategorien das Besondere und das literarische Reisebuch Reisebücher abseits von standardisierten Reiseführen geehrt. Tipps für 100 unvergessliche Abenteuer, oder ein Reiselesebuch über die Sahara versprechen müßige Lesestunden abseits der Reisebuchnorm. So schickte der mareverlag gleich zwei Preisträger ins Rennen: Der Atlas der abgelegenen Inseln schrieb und gestaltete die Grafikerin Judith Schalansky. Wobei nicht nur der Atlas besonders ist, sondern auch die Autorin: Sie reist nicht gerne. Sondern verbringt ihre Freizeit lieber über Atlanten. So stellt sie fünfzig abgelegene Inseln vor, auf denen zum Teil nur zehn Einwohner leben. Und auch auf diesen entlegenen Inseln kann man Urlaub machen, vorausgesetzt es kommt einmal ein Schiff vorbei.

In der Kategorie das literarische Reisebuch gewannen Die wundersamen Irrfahrten des William Lithgow, herausgegeben von Roger Willemsem. Ungewöhnlich für den Gewinner dieser relativ neuen Kategorie ist der Umstand, dass dieser Reisebericht vor über vierhundert Jahren geschrieben wurde. Nachdem dem jungen William Lithgow von den Brüdern seiner Liebsten beide Ohren abgeschnitten wurden, entschloss er sich in den Orient zu reisen, da ihm ein Turban als einziger Ausweg erscheint, um seinen Makel zu verdecken.

Der Fokus lag auch hier auf dem Gastland Türkei, dem der Hauptpreis gewidmet war. Scheinbar jeder Reiseführer von, mit und über Istanbul und die Türkei bekam hier einen Preis. Auch das 2010 obligatorische Thema Südafrika wurde in einer eigenen Sparte geehrt. Wobei Laudator Peter Hinze sogleich betonte: „Bei Südafrika wird’s beim Gruppenbild nicht so kuschelig, da gibt’s nicht so viele.“

Die Masse an Reisebüchern, ob nun Bildband oder Sachbuch zeigt: Man kann auch zwischen zwei Buchdeckeln Urlaub machen. Und einfach abschalten.

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Wandern macht glücklich

Quelle: Marian Wilhelm

Wandern ist Volkssport. Das Wort Sport fiel bei den zahlreichen Veranstaltungen zum Thema auf der ITB Berlin 2010 allerdings eher selten. Es gehe um eine „Neudefinition des Begriffs Wandern“ aus dem Selbstverständnis der Wanderer heraus, meinte Dr. Hans-Ulrich Rauchfuß, Präsident des deutschen Wanderverbandes. Deshalb wird das Wandern als „Gehen in der Landschaft“ unter bestimmten Vorzeichen definiert und etwa von der Österreich-Werbung unter dem Motto Magie des Gehens vermarktet. Aspekte wie körperliche und seelische Gesundheit und Natur-Erleben treten in den Vordergrund.

Doch „Wo hört Spazierengehen auf, wo fängt Wandern an?“, fragte Prof. Dr. Heinz-Dieter Quack, Geschäftsführer des Europäischen Tourismus Instituts (ETI) und Organisator der ersten nationalen Wanderstudie, die der deutsche Wanderveband zusammen mit Wirtschafts-Staatssekretär Ernst Burgbacher vorstellte. Bundesweit wurden in der Hauptstudie 4.500 Wanderer vor Ort beim Wandern befragt, wobei der Endbericht erst im Sommer 2010 präsentiert wird, da die Detailergebnisse zum Winter-Wandern noch erhoben werden.

Die wichtigsten Ergebnisse in Zahlen:

  • 56% der Deutschen wandern mehr oder weniger oft.
  • Das sind ca. 40 Millionen Menschen, also jeder zweite Deutsche über 16 Jahren.
  • Dabei werden 3,6 Milliarden Kilometer zurückgelegt und
  • 7,5 Milliarden Euro ausgegeben.
  • Das entspricht laut Wirtschafts-StaatsSekretär Ernst Burgbacher 144.000 Arbeitsplätzen.
  • Davon allein knapp 100,00 € für Ausrüstung pro Jahr.
  • Der durchschnittliche Wanderer ist dabei 2 Stunden und 39 Minuten unterwegs.

Grund für diese enorme Beliebtheit ist einerseits der niederschwellige Zugang, d.h. es sind wenig Voraussetzungen notwendig. Andererseits sorgt ein erhöhtes Bedürfnis nach Naturerlebnissen seit etwa zehn bis 15 Jahren für eine „Renaissance des Wanderns“, wie Prof. Quack feststellt. Die Motive Ruhe, Gesundheit und Bezug zur Natur sind dominant.

Das Spektrum reicht von Pilgerreisen und spirituellem Wandern bis zu Trekking in den Hochalpen oder im Himalaya. In Deutschland sind das Mittelgebirge sowie Österreich und Nord-Italien die beliebtesten Wanderziele. Für die Zukunft zeigt sich neben marktwirtschaftlichen Potentialen, vor allem bei der Generation der best agers, eine leichte Technologisierung. Hier vor allem bei der Planung der Wanderungen, die zunehmend übers Internet erfolgt und in beschränktem Rahmen auch über mobile Technik bei den jüngeren Wanderfreunden.

Die Herausforderung bei der Vermarktung liegt laut Sieghard Preis von den Österreichischen Wanderdörfern in dem was er „Simulacration“ nennt, also der emotionalen Vermittlung des genius loci von Naturlandschaften. Denn Landschaft ist für ihn „eine Metapher, die im Kopf des Betrachters entsteht.“ Dementsprechend ist das Marketing des Naturraums die Verankerung von „Sehnsuchts-Bildern“ bevor der Gast überhaupt anreist. Das in Szene setzen von Natur erfolge primär auf der visuellen Ebene. Das gilt im Übrigen natürlich nicht nur in diesem Segment, sondern für den Tourismus im Gesamten, wie man an der Beliebtheit der Urlaubsfotografie feststellen kann. Darüber hinaus werden aber auch gezielt andere Sinne angesprochen, zum Beispiel über die Vermarktung der Kulinarik oder Sinneswanderungen in der Natur. Thorsten Hilber von Alpstein Tourismus, einer bayerischen Firma, die sich auf Realisierung von Vermarktungskonzepten für ganze Regionen spezialisiert hat, nennt das dann „aus der Landschaft Produkte schnitzen“. Man sieht: Es braucht viel Arbeit um die Magie des Gehens erlebbar zu machen.

Allgemein ITB 2010

Henna statt Kugelschreiber

Foto: Hennabemalungen. Quelle: Imke Schroeder

Anstatt den Besucher mit herkömmlichen Give-Aways wie Kugelschreibern und Blöcken zu langweilen, haben sich Indien, Jemen und die Vereinigten Emirate etwas Besonderes einfallen lassen: Mit Hennapaste werden die Handrücken von Besucherinnen verziert. Traditionell wird die Hennabemalung vor Festen, vor allem bei Hochzeiten getragen. „Und je dunkler das Henna wird, umso mehr liebt dich dein Mann“, verraten die Henna Girls.

Eine originelle Idee, die auf große Nachfrage stößt. An drei Ständen bilden sich lange Schlangen mit interessierten Frauen aus aller Welt. Dennoch meint das indische Henn Girls, das dies kein anstrengender Job sein. Und obwohl alle drei Henn Girls den ganzen Tag lang die winzigen Verzierungen auf den Handrücken zahlreicher Besucherinnen auftragen, sind sie sich einig: Es macht immer noch Spaß, denn es ist ihr Hobby. So übt Rukaya aus den Vereinigten Emiraten Henna schon seit ihrer Kindheit. Denn keine der dreien macht Hennamalerei in ihrem Heimatland beruflich. Alle sind berufstätig, so wie Rabia aus dem Jemen, die als Biologielehrerin arbeitet. Bei ihr kann man sich sogar schwarzes Henna machen lassen, eine seltenere Form des Naturstoffs.

So unterschiedlich die Hennabemalungen von Land zu Land sind, eines gilt jedoch für alle: Geduld. Denn die Hennapaste muss mindestens eine halbe Stunde trocknen. Genug Zeit, um sich nach einem passenden Mann umzuschauen

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Ein Großteil der Amerikaner mit Reisepass ist schwul

Foto: Buntes Frankfurt. Quelle: Kristine Arndt

Sie haben viel Geld und keine Kinder: Sie lieben exklusive Reisen und sind bereit, dafür viel Geld auszugeben – DINKS. Diese Abkürzung steht für double income no kids und beschreibt für Stadtmaketingmanager einen dicken Fisch, den es gilt in die eigenen Gewässer zu locken.

Frankfurt am Main spitzt diese Zielgruppe noch etwas mehr zu: „Schwule und Lesben sind als Publikum sehr interessant“, erläutert Jasmin Bischoff. Sie war maßgeblich an dem Projekt des Gay guide der Stadt Frankfurt beteiligt. „Natürlich haben Schwule und Lesben keine anderen Bedürfnisse, aber wir halten mit dem Guide für sie spezielle Szene-Tipps bereit,“ verrät Bischoff und hofft damit, die begehrte Klientel an den Main zu locken.

Der Gay Guide ist eine ganz normale Werbebroschüre, die – sieht man einmal von der AIDS-Beratung ab – auf nur einer einzigen Doppelseite besonders wird. Neben Szeneclubs werden hier auch Hotels nur für Homosexuelle empfohlen.

Die 19 Seiten starke Broschüre liegt auf der ITB Berlin zum ersten Mal aus. Bald soll sie aber vor allem in Amerika verteilt werden. „Laut einer Studie der Deutschen Zentrale für Tourismus ist ein Großteil der Amerikaner mit Reisepass schwul“, sagt Bischoff. Diese Studie und Marktforschung über Einkommensgruppen sind der Grund für Konzepte wie der Gay guide. Frankfurt wartet und wirbt mit dem Heft in Regenbogenfarben ganz gezielt um homosexuelle Touristen, die der Zielgruppe entsprechen – und möglichst viel Geld in der Stadt spülen.

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Von Suppenhühnchen, elektronischen Freunden und Engeln in Weiß: Die ITB Berlin lässt sich auch für einen Wellness-Trip nutzen

Foto: Wellness-Oase auf der ITB Berlin. Quelle: Kristin Schrader

Die Angebote für Wellness-Trips häufen sich. Kaum ein Stadtbummel vergeht, ohne dass man idyllisch gelegene Hotelanlagen mit ihrem Entspannungsangebot locken. Luxuriöse Spas laden zu Wochenenden mit der besten Freundin ein. Irgendwie vergessen die Gastgeber nur leider anscheinend gerne, dass eine der beliebtesten Dinge an Einladungen deren Kostenfreiheit ist. Das Minuszeichen beim Blick auf die Kontoauszüge verdirbt auch die schönste Entspannung. Als wesentlich günstiger erweist sich da ein Besuch der ITB Berlin. Für 14 Euro lässt sich nicht nur die Welt des Tourismus entdecken. Auch zahlreiche Massagemöglichkeiten bieten Tiefenentspannung. Zumindest, wenn man kein Problem hat, sich öffentlich zu entkleiden. Wer außerdem gewillt ist, Schlangestehen eher als Fitnessaktivität zu betrachten denn als Zeitverschwendung, sollte sich schleunigst zum Messegelände aufmachen.

Als erster Anlaufpunkt für Entspannungssuchende bietet sich die Halle 16 an. Und das nicht nur, weil sie logistisch praktisch am Osteingang der Messe platziert ist. Verschiedene Anbieter locken in der Wellnessoase mit den unterschiedlichsten Formen der Entspannung. Problematisch ist nur, dass man auf ein allzu ausgiebiges Frühstück eher verzichten sollte. Für viele der Massagen muss sich nämlich in Terminlisten eintragen werden. Diese Prozedur erinnert an einen Ausverkauf bei H&M. „Heute morgen war es echt schlimm. Innerhalb von ein paar Minuten waren alle Zeiträume belegt“, berichtet Benjamin Krauss. Der Marketing-Manager der Firma beauty24 moderiert das Geschehen auf der liebevoll mit Holzboden ausgelegten Bühne in der Mitte der Halle. Leider hat das zur Folge, dass die aufgestellten Massageliegen sich in Präsentierteller verwandeln. Für manch einen dürfte es das Genusserlebnis etwas schmälern, vor sämtlichen Passanten seinen Oberkörper zu entblößen. Schließlich verdeckt das Handtuch über den Hüften nicht jedes Speckröllchen.

Fachbesucher, die schon am Freitag die Messe besuchen durften, konnten sich in dieser Hinsicht glücklich schätzen. An diesem Tag wurde unter Anderem eine Klangschalentherapie angeboten. Für diese müssen vorerst nur die Schuhe ausgezogen werden. Zugegebenermaßen fühlt es sich dafür am Anfang etwas merkwürdig an, barfuß in einer großen Metallschüssel auf der Bühne zu stehen. Wohl das erste Mal im Leben stellt sich Mitleid mit den Suppenhühnchen bei Tim Mälzer ein. Sobald Marian Chruscz jedoch mit dem großen Hammer die Schüssel in Schwingungen versetzt, breitet sich ein wohliges Gefühl im Körper aus. Zumindest im unteren Teil. Das sei vollkommen verständlich, erzählt Chruscz, der Mann mit dem Hammer. Gürtel und Büstenhalter schränken den Fluss der positiven Schwingungen im Körper ein. Also doch wieder ausziehen. Was tut man nicht alles, um Leib und Seele etwas Gutes zu tun. Und es lohnt sich: die Vibrationen steigen bis ganz nach oben. Mit dem Suppenhühnchen fühlt man sich jetzt nur noch durch die einsetzende Gänsehaut verbunden.

Eigentlich möchte man sein liebgewonnenes Schüsselchen nach dieser Erfahrung gar nicht mehr verlassen. Zu lange zu verweilen wäre allerdings Verschwendung. Es gilt, möglichst schnell wieder in die Schuhe zu schlüpfen und Gürtel und BH zuzuzurren, um rasch einen Platz auf Magdalena Moravkovas Massagestuhl zu ergattern. Nachdem die Mitarbeiterin des Spa Resorts Sanssouci ausführlich Rücken, Schultern und Armen ihrer Besucher gestreichelt, geknetet und wieder gestreichelt hat, befreit sie auch dessen Gesicht aus dem klobrillenähnlichen Kopfteil des Massagestuhls. Sind die Erinnerungen an krankheits- oder alkoholbedingten Körperkontakt zur Badezimmereinrichtung einmal aus dem Kopf verdrängt, lässt die Kopfmassage den Magen sich nur noch vor Genuss zusammenziehen. „Eigentlich wäre das noch viel entspannender“, beendet Magdalena die traumhaften fünf Minuten mit einer Entschuldigung, „aber hier haben wir natürlich nicht so viel Zeit für jeden Besucher.“ Vor lauter Dankbarkeit möchte man sie am liebsten zum Abschied in die genussspendenden Arme nehmen. Die sind nur leider schon wieder damit beschäftigt, den nächsten gestressten Messetouristen zu verwöhnen.

Zum Glück warten auch außerhalb der Wellnesshalle noch dem Wellnesshungrigen gutgesinnte Menschen. Auf der ITB Berlin bekommt die Vorstellung von Engeln in Weiß eine leicht modifizierte Bedeutung. Und auch eine andere Form. Blonde Locken sucht man beispielsweise an Heinz-G. Joeken vergebens. Nur die Haarlänge stimmt in etwa. Der leicht an einen Latino erinnernde Mitarbeiter der Firma beauty connection versucht in Halle 25, die Messebesucher mit seiner Massage von einer Kreuzfahrt zu überzeugen. Wer es eher traditionell mag, kann sich auch in die Hände zweier freundlich lächelnder Thailänderinnen begeben. Der Tourismusrat des südostasiatischen Staates setzt in Halle 26 auf den Charme und geschickten Hände seiner Einwohnerinnen, um die Touristen zu begeistern.

Für diejenigen, die nach dem vielen Körperkontakt keine Lust mehr auf menschliche Nähe haben, bietet Halle 7.1c eine echte Alternative. Dort präsentieren gleich mehrere Anbieter elektrischer Massagegeräte ihre Produkte. „Natürlich hoffen wir vor allem, durch die ITB Berlin Großkunden gewinnen zu können“, gibt Eva Bauer von invitalis zu. Der Gedanke an Kapitalismus und Geldmacherei droht sofort, das neugewonnene Gefühl von Tiefenentspannung zu zerstören. Gottseidank scheint sich die gute Frau dessen bewusst und relativiert ihre Aussage schnellstmöglich: „Vor allem wollen wir aber dem Touristen für einen Moment das Gefühl des Sich-Wohl-Fühlens weitergeben.“

Da fühlt man sich doch gleich besser. Und wider Erwarten stellt sich das versprochene Wohlfühl-Gefühl tatsächlich auch bei den elektronischen Masseuren ein. Ob kleines Massagekissen oder kompletter Massagestuhl – plötzlich ist man der vorher noch verteufelten kapitalistischen Marktwirtschaft unglaublich dankbar. Schnell sind die Plastikgartenstühle vergessen, in die man sich erschöpft hat sacken lassen. Menschliche Wärme lässt sich durch die eingebauten Heizstufen ganz gut ersetzen und auch die Knetwirkung der elektronischen Freunde steht den Händen der Engel in weiß kaum noch nach. Zudem bieten die an Wartesäle der deutschen Bahn erinnernden Stuhlreihen einen nicht unerheblichen Vorteil: das Genusserlebnis lässt sich hier mit den Freundinnen teilen. Geteilte Freude gilt ja nicht umsonst als doppelte Freude. Außerdem sind die Stühle den Gängen der Halle zugewendet, sodass auch einem ordentlichen Tratsch keine Sichtbarrieren im Wege stehen.

Falls die beste Freundin sich für das Wochenende Besseres vorgenommen hat als einen Wellness-Trip auf die ITB Berlin, lässt sich notgedrungen auch ganz gut auf den Partner als Begleitung ausweichen. Während wir uns in Heinz-G’s Lationohände begeben, kann unser Schatz sich am nahe gelegenen Golfsimulator austoben. Geschickt platziert ist auch die Rudermaschine, die die Stadt Lodz in der Nachbarhalle der Wellness-Oase aufgebaut hat. Schließlich lässt man sich nur ungerne vom Blick auf ungeduldig wippende Turnschuhe aus der Ruhe bringen, während man in Magdalenas Klobrille hängend den Alltagsstress langsam vergisst.

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Mit Tourismus gegen die Mafia

Foto: Dario Riccobono und Eduardo Zaffuto von Addiopizzo präsentieren Sibylle Janssen den Stadtplan von Palermo, in dem alle 400 Mitglieder der Initiative verzeichnet sind. Quelle: Marcus Schoft.

„Nach Sizilien zu reisen war für mich immer schwierig mit meinem Gewissen zu vereinbaren.“ Das ist das Fazit von Sibylle Janssen, denn zu groß sei einfach das Risiko gewesen, die Mafia zu unterstützen. Nun hat die Besitzerin eines kleinen Reisebüros in Niedersachsen eine Möglichkeit gefunden, Reisen auf die italienische Insel anzubieten ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Die Initiative Addiopizzo machts möglich.

2004 wurde Addiopizzo ins Leben gerufen und die Idee dahinter ist denkbar einfach: Je mehr Geschäftsleute die Schutzgeldzahlungen an die Mafia verweigern, desto weniger kann diese dagegen tun. Das Konzept scheint aufzugehen: Schon 420 Mitglieder hat die Initiative inzwischen. Profitieren können davon nun auch Touristen, denn seit vergangenem Herbst bietet Addiopizzo Travel garantiert mafiafreie Reisen an. Sieben bis zehn Tage lang wohnen die Urlauber dabei in verschiedenen Hotels in Palermo und Corleone, werden zu den besten Restaurants geführt und besuchen alte Biohöfe, Ölmühlen und Weinkeller. Die Besitzer der Reisestationen haben eines gemeinsam: Sie zahlen kein Schutzgeld an die Mafia. Addiopizzo kontrolliert das mit strengen Beitrittsregeln. „Auch in Abrechnungsbüchern der Mafia, die immer wieder auftauchen, wenn ein Boss aufgefliegt, ist noch nie eines unserer Mitglieder aufgetaucht“, erklärt Eduardo Zaffuto von Addiopizzo.

Dass die Initiative nun auch Reisen anbietet sei eine natürliche Entwicklung, erklärt Dario Riccobono, einer der Gründer des Projekts. „Angefangen hat es damit, dass wir auf unserer Homepage gefragt worden sind, welche Hotels und Restaurants uns beigetreten sind.“ Außerdem wurde der junge Sizilianer, der bei einem amerikanischen Reiseveranstalter gearbeitet hat, immer öfter von Touristen über die Mafia ausgefragt. „Die meisten hatten eine ganz verrückte Vorstellung aus irgendwelchen Hollywood-Filmen“, erinnert sich Riccobono. Grund genug also, in die Reisebranche einzusteigen.

Zwei Angebote bietet das junge Unternehmen nun an. Einen Aufenthalt in Palermo, der für Schulklassen gedacht ist und eine Tour von Palermo nach Corleone. In dem Dorf, das durch zahlreiche Hollywoodfilme bekannt geworden ist, steht sogar ein kleines Museum auf dem Programm, das sich kritisch mit der Mafia beschäftigt. Bisher waren es noch nicht viele, die die Angebote in Anspruch genommen haben, aber schon vorher haben Riccobono und seine ehrenamtlichen Mitstreiter hunderte Tagestouristen durch Palermo geführt. Der Sizilianer ist zuversichtlich: „Wir waren jetzt schon auf einigen Reisemessen und haben viele Kontakte zu ausländischen Reiseveranstaltern geknüpft.“ Auch an Unterstützung mangelt es der Initiative nicht. Die Deutsche Botschaft in Italien steht hinter dem Projekt und hat zusammen mit Addiopizzo eine Straßenkarte von Palermo drucken lassen. Alle Mitglieder der Initiative sind dort verzeichnet. „Vor allem aber steht auch die Bevölkerung hinter uns“, ist sich Riccobono sicher. „Das zeigt, dass die Mafia langsam ihre Basis verliert.“

Janssen, die Reiseanbieterin aus Hemmingen in Niedersachsen, ist jedenfalls von dem Konzept begeistert. „Für mich ist das ideal und ich bin mir sicher, dass ich damit auch wesentlich mehr Leute nach Sizilien locken kann.“

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Brokkoli gegen Armut, Lodges gegen Malaria

Foto: Akwaaba-Ensemble der Musikhochscule Henningsdorf währed der Verleihung des To Do!-Preises. Quelle: Jasmin Siebert

Zum 15. Mal wurde der TO DO!-Preis im Wettbewerb für Sozialverantwortlichen Tourismus auf der ITB Berlin 2010 verliehen. Die Gewinner sind Gambia is good und die Guludo Beach Lodge in Mosambik. 80 Prozent der bisherigen Preisträger stammen aus armen Ländern.

Mit Gambia is good wurde eine Initiative ausgezeichnet, die auf den ersten Blick wenig mit Tourismus zu tun zu haben scheint: Ein gärtnerisches Netzwerk, das in den vergangenen fünf Jahren mehr als 1.000 Farmer geschult hat, um auf effiziente Weise Obst und Gemüse zu züchten. In Gambia werden die Lebensmittel überwiegend importiert. Gambia is good hat inzwischen einen Marktanteil von 35 Prozent erwirtschaftet. Der Bezug zum Tourismus ist dadurch gegeben, dass Gambia is good vor allem Hotels und Restaurants versorgt. Sie liefern Blumenkohl und Brokkoli – Gemüsesorten, die vormals nicht in Gambia gewachsen sind.

Mamud Touray erzählt in seiner Dankesrede eine kleine Geschichte, die vom Erfolg der Initiative zeugt: Illegale Auswanderung sei eines der Hauptprobleme in Gambia. Ein Rückkehrer aus Spanien sei inzwischen einer der besten Farmer bei Gambia is good.

22 Jahre war Amy Carter-James aus Großbritannien jung, als sie gegen das Elend der Welt ins Feld zog. Zuerst war die Idee da – mit einem touristischen Projekt die Armut zu bekämpfen – dann wurde der Ort ausgesucht. Die Wahl fiel auf Cabo Delgado, der ärmsten Provinz in Mosambik als Standort für die Guludo Beach Lodge. Diese Lodge wurde nun mit dem TO DO!-Preis ausgezeichnet. In Mosambik, einem Land, in dem die Lebenserwartung bei 37 Jahren liegt und eines von drei Kindern das fünfte Lebensjahr nicht erreicht.

Zwölf Prozent der Einnahmen aus der Lodge fließen in die Nema Foundation, die Carter-James und ihr Mann Tony Carter ebenfalls 2002 gegründet haben. Heute ist in der gesamten Provinz sauberes Trinkwasser erschlossen, 550 Kinder werden mit gesundem Schulessen versorgt, die Malaria wird bekämpft. Mit der Bevölkerung vor Ort wurde von Anfang an partnerschaftlich zusammengearbeitet. Die Bandas (Bungalows) wurden beispielsweise ausschließlich mit Materialien aus Mosambik erbaut. „Wir möchten den Rest der Welt überzeugen, dass Tourismus der richtige Weg ist, um die Armut der Welt zu bekämpfen“, schließt Carter-James ihre Dankesrede bei der TO DO!-Preisverleihung.

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Nachhaltiger Terrorismus

Foto: Emanuel Werabe, Dileep Mudadeniya beim Panel Tourism as a driver for peathbuilding and reconstruction am 12. März 2010. Tourismus, Frieden und Konflikt Pressekonferenz. Quelle: Imke Schröder

Wenn die Terroristen kommen, sind die Touristen schnell verschwunden. Bombenanschläge und Attentate schädigen das Geschäft. Wer denkt noch an unbeschwerte Urlaubsfreuden, wenn hinter der nächsten Ecke schon der nächste Konflikt lauert? Aber nicht nur Terrorismus kann einem Reiseland schaden: Politische Demonstrationen wie im Iran, Bürgerkriege wie in Sri Lanka und Ruanda schrecken ab. Welche Auswirkungen Konflikte auf den Tourismus haben, erläutert die Studie Tourism Peath and Conflict: How far does self-intereset carry?, die am Freitag auf der ITB Berlin vorgestellt wurde. Gefördert wurde die wissenschaftliche Arbeit der COMPASS GmbH von der Bundesstiftung Friedensforschung. Dabei wurden drei vergleichende Fallstudien in Ruanda, Sri Lanka und Kroatien durchgeführt.

Alle drei Länder waren von Bürgerkriegen heimgesucht, und versuchen sich jetzt als beliebte Reiseziele zu positionieren. Obwohl es auch während der Konflikte in Kroatien und Sri Lanka dennoch Tourismus gab, steht Ruanda diesbezüglich vor einem Neubeginn. Der Tourismus spielt hier auch eine friedensgebende Rolle. Durch Projekte wie der gemeinsamen Herstellung von Körben schließen Witwen des Genozids mit den Ehefrauen der Täter Freundschaft und ein neues Sozialgefüge entsteht, meint Emanuel Werabe vom Tourismusministerium Ruanda.

Der Tourismus kann auch zu völlig neuen Wirtschaftsideen führen: Nach Ende des Konflikts in Sri Lanka wurden die Militärhubschrauber kurzer Hand für touristische Touren umfunktioniert. Dileep Mudadeniya, Direktor des Sri Lanka Tourismus Ministerium, erkennt das große Potenzial Sri Lankas: Durch den Bürgerkrieg kam es zu keinerlei Entwicklung, und die Natur auf Sri Lanka ist somit weitgehend intakt und unberührt.

Doch liegt die Verantwortung für Investitionen in von Terrorismus heimgesuchten Ländern auch bei den Reiseanbietern, den Tourismus in solchen Regionen wieder wirtschaftlich rentabel zu machen. Auf Grund politischer Spannungen nimmt der Tourismus in Regionen wie dem Nahen Osten immer wieder ab. Dennoch wird in Länder wie Iran oder Palästina gereist. „Vor allem Pilger und christlich-historisch Interessierte reisen ins Westjordanland“, meint Marjed vom palästinensischen Tourismusministerium. Palästina rechnet dieses Jahr mit rund einer Million Touristen. Auch weil die Touristen oftmals Solidarität zeigen. Doch Tourismus kann in politisch instabilen Ländern nicht geplant werden. Nach der zweiten Intifada hatten über Nacht die gesamten Touristen das Westjordanland verlassen. Ähnliches weiß auch Fariba aus dem Iran zu berichten: Nach den Demonstrationen der Opposition im vergangen Jahr sanken die Besucherzahlen rapide ab. Und er fügt hinzu: „Politik kann man nicht planen.“

Als in Algerien vermehrt deutsche Touristen in der Sahara entführt wurden, brach fast der komplette Markt mit deutschen Touristen ein. Mittlerweile hat sich die Situation aber wieder entspannt, meint Hakim von einer algerischen Touristenorganisation. Auch dies ein Phänomen welches die COMPASS- Studie bestätigt: Ist der Konflikt erstmal vorbei, kommen auch die Touristen wieder.

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Wenn die Arbeit baden geht: Jobs auf dem Kreuzfahrtschiff

Foto: Leben und Arbeiten auf engstem Raum. Quelle: Kristine Arndt

In der schwimmenden Stadt würde Anarchie herrschen, wäre sie nicht da: Kapitän, Köche, Kellner und all die andern fleißigen Hände, die dafür Sorgen das der Urlaub auf dem Kreuzfahrtschiff nahezu perfekt wird. Sie arbeiten, wenn andere Urlaub machen. Auf engstem Raum leben sie alle zusammen. Urlauber und Besatzung, in ganz unterschiedlichen Welten.

Die einen in der Außenbordkabine mit Balkon, die anderen teilen sich eine Doppelkabine tief unten im Bauch des Schiffes, das Brummen der Motoren im Ohr. „Das prägt dich für das ganze Leben“, sagt Barbara Kress von G&P Cruise Hotel Management, „und macht einen beliebt auf dem Arbeitsmarkt.“ Wer einer Weile auf einem Kreuzfahrtschiff gearbeitet hat, stelle unter Beweise, dass er unter Belastung arbeiten kann, tolerant und teamfähig ist. „Wenn man so eng zusammen lebt, ist es ganz klar, dass Konflikte aufkommen“, erläutert Kress, „man muss diese Konflikte bewältigen, bevor einen der Konflikt selbst überwältigt!“

Niemand ist immer gut gelaunt, denn die Arbeit ist hart: Zehn Stunden am Tag – sieben Tage die Woche – sechs bis acht Monate, eine ganze Saison lang. „Manchmal hat man ausschlafffrei. Dann muss man erst anfangen zu arbeiten, wenn die Gäste zum Mittagstisch kommen“, erläutert der Hotelmanager Thomas Böge und schmunzelt. Er kann sich keinen besseren Job vorstellen: „Ich sehe Menschen und Gegenden, in die ich sonst nicht kommen würde!“ Wie Urlaub empfindet er es trotzdem nicht, wenn er nach dem Arbeitstag Landgang hat, und ein bisschen an den Stränden der Karibik ausspannt. „Das ist nur Freizeit“, sagt er und erklärt weiter: „Ich könnte mir im Moment nicht vorstellen auf einem Kreuzfahrtschiff Urlaub zu machen. Dafür bin ich noch zu jung. Und außerdem müsste ich immer an all die Prozesse denken, die sich im Hintergrund abspielen, und von denen der Gast so wenig wie möglich mitbekommen soll.“ Ein bisschen ist es wie bei einem Versteckspiel: Die Crew darf nur in den Fitnessraum und Wellnessbereich, wenn dieser für Gäste geschlossen ist“, erklärt Böge und Kress ergänzt: „Gegessen wird in der Schiffskantine. Für die Crew gibt es dort einfachere Speisen.“ Das Verhältnis zu den Gästen ist von Distanz geprägt und doch bauen sich durch die räumliche Nähe viel engere Beziehungen auf, als an einem Hotel an Land. „Man kennt die Gäste mit Namen, kann sich Vorlieben merken“, erzählt Böge. Details die den Urlaub für den Gast noch ein bisschen perfekter machen. Und während die Gäste im Kreis von Freunden und Familie schlemmen, ist die Crew von ihren Liebsten meist meilenweit entfernt. „Das bringt die Schifffahrt so mit sich“, sagt Seemann Böge und rückt seine Uniform zurecht. Arbeiten auf einem Schiff wirkt sich eben ein bisschen mehr aufs Privatleben aus, als anderswo.

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Filmpreisverleihung im ITB Cinema

Den als Oskar der Touristikindustrie weltweit bekannten Diamond Award erhielten auf der diesjährigen ITB Berlin die USA für Gorongosa National Park: Africa’s Lost Eden. Der Film über den mosambikanischen Nationalpark dokumentiert den Wiederaufbau des von Bürgerkrieg zerstörten Naturgebiets.

31 Länder hatten sich bei dem internationalen touristischen Film- und Medienwettbewerb Das Goldene Stadttor beworben, bei dem der Diamond Award als hochwertigste Auszeichnung gilt. In diesem Jahr wurde er zum neunten Mal verliehen. Einen ersten Platz konnte Kanada gleich zweimal erreichen, in den Kategorie Event und mit dem Film canada for explorers in der Kategorie Region. Jamaikas kurze TV-/Kinospots wurden eingespielt und konnten die Gäste der Verleihung persönlich davon überzeugen, dass ihre Erstplatzierung verdient ist. Die Stadt Warschau konnte für Polen den ersten Platz in der Kategorie Stadttourismus erzielen und die Schweiz erhielt für ihr Print Advertising des Bodenseetourismus ebenso die höchste Auszeichnung. In der Kategorie Hotel gewannen Grönland und eine Malaysische Website ebenso.

Heinz-Joachim Herrmann, Geschäftsführer Konferenz der Landesfilmdienste e.V., verlieh außerdem den Medienpreis der Landesfilmdienste. Mit dem Preis werden regelmäßig Bildungs-, Dokumentar- und Informationsfilme geehrt, die sich besonders für die Jugend- und Erwachsenenbildung eignen. Ausgezeichnet wurde in diesem Jahr der Film Jeder siebte Mensch, ein Dokumentarfilm in zwei Chinesischen Dörfern. Außerdem der Film SOS-Kinderdorf Berlin-Moabit, der über das stark von Migration geprägten Modellprojekt berichtet, zu dem neben den klassischen Kinderdorffamilien eine Vielzahl von

Angeboten gehört. Der ebenfalls ausgezeichnete Film HOME wurde vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit eingereicht und überzeugte mit beeindruckenden Bildern unseres Planeten.

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MarketingAward Leuchttürme der Tourismuswirtschaft

Foto: Warnemüde. Quelle: Julia Gutwein

Berlin, 11. März 2010. Vielen Gastronomen in Ostdeutschland geht es schlecht. Der Marketing Award Leuchttürme der Tourismuswirtschaft zeigt auf der ITB Berlin 2010 wie es besser werden kann. Zum fünften Mal prämierte Claus Friedrich Holtmann, Geschäftsführender Präsident des Ostdeutschen Sparkassenverbandes (OSV), herausragende ostdeutsche Unternehmen. Es wurden diejenigen Betriebe ausgezeichnet, die besonders stark regionale Produkte in ihre Gastronomie miteinbeziehen. Den Gästen der ausgezeichneten Unternehmen wird das Landleben näher gebracht. Das Preis-Leistungs-Verhältnis bei den Preisträgern stimmt. Die Jury, bestehend aus Vertretern der fünf ostdeutschen Bundesländer, wählte aus 67 Bewerbern die Gewinner. Sie sollen als gutes Beispiel für zahlreiche andere gastronomische Betriebe dienen.

Die Gewinner:

Mecklenburg-Vorpommern – Hotel Restaurant Gutshof Woldzegarten
Nach einer denkmalgerechten Restauration des 200 Jahre alten Fachwerk-Herrenhauses dient der Gutshof Woldzegarten an der Müritz vielen Zwecken. Er ist Hotel und Veranstaltungsort mit eigener Tierhaltung.

Brandenburg – Spreewälder Landgasthof und Hotel Zum Stern
Im Landgasthof und Hotel Zum Stern in Werben fühlen sich viele Zielgruppen wohl. Neben dem Urlaub in malerischer Natur kann der Besucher hier an Kochkursen teilnehmen oder sein Wissen über gesunde Ernährung und Kräuter vertiefen.

Sachsen – Weinhaus Schuh
Das Weinhaus Schuh bei Meißen bewirtschaftet seit einer Neugründung 1990 eine Rebfläche von 4,5 ha. Der Wein wird für den Gast erlebbar, sei es durch Weinproben, Weinwanderwege, Weinseminare oder die regelmäßige Veranstaltung Wein zum Anfassen.

Sachsen-Anhalt – Landhotel Mehrin
Das 3-Sterne Landhotel Mehrin in der Altmark ist nicht nur Anlaufstelle für Reiter. Auch Erholungssuchende, Radfahrer und Wanderer kommen gern. Das Landerlebnis in Verbindung mit regionaler Küche, Reiten und Kutschfahrten ist für Jung und Alt ein Erlebnis.

Thüringen – Rittergut Schwanditz
Im Altenburger Land gelegen befindet sich das Rittergut Schwanditz. Mit kleinem Hofladen, Landwirtschaftsbetrieb, Kneippangeboten und dem längsten Laubengang Thüringens bietet das Rittergut Schwanditz vielfältige Möglichkeiten für ein eindrückliches Landerlebnis.

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Strand, Meer, all-inclusive-Urlaub – die Türkei ist viel mehr als das: eine Rundreise auf der ITB Berlin

Foto: Lokum eine türkische Süßigkeit. Quelle: Christina Heuschen

„ …tatil…Türkiye … Çay içiyorum … “ Türkische Gesprächsfetzen. Irgendwo ertönt orientalische Musik. Hoş geldiniz – Willkommen in der Türkei. Das Partnerland der ITB Berlin 2010 präsentiert sich auf einer Fläche von rund 3.000 Quadratmetern von allen Seiten. İstanbul. Bursa. İzmir. Antalya. Zypern. Erzurum. Städte aus verschiedenen Regionen der Türkei zeigen sich. Ein Land auf zwei Kontinenten: Europa und Asien. Auf der Messe passt die Türkei in eine einzige Halle.

Goldene Kuppeln. Groß und überragend. So zeigt sich der Kapalıçarsı. Eine Reproduktion des ältesten Bazars der Welt mit sechs verschiedenen Geschäften: Teppiche, Lederwaren, Souvenirs, Keramik, Stoffe und Wasserpfeifen und vieles mehr. Der echte Bazar steht in İstanbul. Der Eroberer Fatih Sultan Mehmet erbaute diesen nach der Eroberung Konstantinopels. Fast wie in İstanbul: Eine Frau verhandelt mit dem Teppichhändler auf der ITB Berlin über den Preis eines Teppichs. Gegenüber unterhalten sich zwei Männer auf türkisch über die Messe und was sie bereits gesehen haben.

Direkt daneben steht das Portal der Divrii Ulu Camii Moschee. Angestrahlt. Umgeben von Pflanzen und einem künstlichen Rasen. Verziert mit Ornamenten. Direkt darüber die Flagge der Türkei. Inszenierung pur und ein beliebtes Fotomotiv. Menschen stehen davor und lassen sich im Bogen des Portals fotografieren. Das Original wurde 1229 in der Provinz Sivas erbaut und 1985 in die Liste der UNESCO-Welterbestätten aufgenommen.

Rund um diese historischen Nachbauten herum haben verschiedene Künstler ihre Stände aufgebaut. Sie kalligrafieren, machen Sandbilder.

Überall in der Halle verteilt sind kleine Stände, an denen man Getränke bekommt. Becher dampfen. Es riecht nach Çay, dem türkischen Tee. Die Frauen, die hinter der Theke stehen schütten ein wenig Tee in Becher und gießen dann heißes Wasser darauf. Wer möchte, kann auch noch etwas Zucker hinzugeben. So wird Tee in der Türkei getrunken. Naschwerk gibt es auch. Lokum – eine Honigspezialität. Klein, weich und klebrig. Süß und mit Kokosstreuseln bedeckt. Lecker!

Was interessiert die Besucher besonders? In der letzten Zeit interessiert die Besucher vor allem die Kultur der Türkei, erzählt eine Mitarbeiterin. Ein Urlaub nur mit Strand und Sonne scheint nicht mehr attraktiv. İstanbul und Bursa rücken in den Vordergrund. Kein Wunder. İstanbul ist dieses Jahr europäische Kulturhauptstadt. Sie präsentiert sich als Metropole. Auf den Prospekten stehen Worte wie: inspirierend, Neues entdecken oder faszinierend. Dafür sprechen: Kunst, Architektur, Festivals und internationale Gipfeltreffen. Mehmet Inceoğlu, Mitarbeiter der Information, drückt es so aus: „Interessant, dass ich weniger nach politischen Sachen gefragt werde. Nur ein Mann hat mich bis jetzt danach gefragt.“ Ob beispielsweise die Türkei in die EU aufgenommen wird, interessiere die Besucher nicht.

Vollkommen ist der Nachbau der Türkei auf der ITB Berlin nicht, weil ein paar Regionen fehlen. Aber einen Einblick bekommt man.

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Mehr als nur den Rausch erleben

Foto: Max Dahmer

Nachts feiern und sich tagsüber am Strand bräunen. Wer einmal abends durch die Straßen von Lloret de Mar gelaufen ist, mag einen Eindruck des verrohten Reiseverhaltens der Jugendlichen gewonnen haben. MTV Travel präsentierte am 12. März 2010 auf der ITB Berlin jedoch einen anderen jungen Reisetyp. Das Tochterunternehmen des bekannten Musiksenders hat durch mehrere Studien herausgefunden, dass der Mehrheit die Qualität wichtiger ist als ein niedriger Preis.

Nur einer von drei jungen Erwachsenen entscheidet sich laut Lisa Cowie für das billigste Angebot, um ein Ziel zu erreichen. Sie leitet MTV Youth Insight, die Abteilung, die die Interessen der Zielgruppe untersucht. Befragungen haben ergeben, dass die 16 bis 24-Jährigen Wert auf Qualität ihrer Reise legen und auch bereit sind, für diese einen angemessenen Preis zu zahlen.

Neue Erfahrungen, sonniges Wetter und viele Aktivitäten. Das sind die drei Dinge, die Jugendliche sich für ihren Urlaub wünschen. Das Nachtleben wird erst an neunter Stelle der Wunschliste geführt. Abenteuer zu erleben ist den Reisenden weitaus wichtiger als Sangriaeimer oder Cocktailschirmchen. Entgegen allgemeiner Erwartungen legt zudem jeder Zweite großen Wert darauf, etwas über die Kultur und Geschichte der bereisten Länder zu erfahren.

Und diese profitieren von ihren jungen Besuchern. Mehr als 154 Milliarden Dollar setzte die Reiseindustrie 2008 alleine im Bereich der Jugendreisen um. Von diesem großen Kuchen wollen jedoch immer mehr Urlaubsdestinationen ihren Teil abbekommen. Die Geschäftsführerin von MTV Travel, Albertina Cabal, betont, dass es immer schwieriger sei, sich im hart umkämpften Markt gegen andere Ferienziele durchzusetzen. Hierbei bietet der Musiksender Hilfestellung. Die Verantwortlichen können die große Beliebtheit und Reichweite von MTV nutzen, um ihre Region bei den jungen Erwachsenen bekannt zu machen. Dabei bietet MTV Travel verschiedene Dienste an, die von normaler Werbung in Fernsehen und Internet bis zur Veranstaltung großer Events reichen.

Ein gutes Beispiel für eine erfolgreiche Kampagne ist Malta. Dort veranstaltete MTV 2008 erstmals Island of MTV. Das kostenlose Event war der Höhepunkt umfangreicher Anstrengungen, das Image der Insel aufzubessern. Internationale Musikgrößen wie Enrique Iglesias oder Lady Gaga lockten tausende von jungen Urlaubern auf die Insel. Überließen es die Jugendlichen früher ihren Großeltern, nach Malta zu fahren, hat es sich heute zu einem attraktiven Ziel für alle Altersklassen entwickelt.

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Exotik in der Nähe

Gestern noch bedeuteten die Bankentürme Frankfurts Arbeit, morgen schon sind sie Teil des Sonnenuntergangpanoramas und Motiv für ein Urlaubsfoto. „Zeit die eigene Heimat zu entdecken“ findet der Geschäftsführer der Kölner Agentur Regionale 2010, Reimar Molitor. Er kämpft gegen das Image der „piefigen Naherholung.“ Für ihn gilt es, die Exotik der eigenen Heimat zu entdecken. Molitor ist mit diesem Ansatz nicht alleine.

Frankfurt am Main hat für dieses Wirtschaftsfeld eigens ein Konzept entwickelt. Seit 2008 gibt es das Programm Zu Gast in der eigenen Stadt. Wer in Frankfurt und Umgebung wohnt, kann sich für eine Sommernacht in einem Frankfurter 5-Sterne-Hotel zu günstigen Konditionen bewerben. Im Komplettpaket inbegriffen: Welcome-Geschenk, Stadtrundfahrt und 4-Gänge-Menü. „Warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah!“ wusste schon das Frankfurter Original Goethe. „Guckt euch die Stadt aus den Augen eines Touristen an“, fordert die Stadt Frankfurt. Und ihr Ruf wird seit dem erhört: „Im ersten Jahr sind innerhalb von zwei Stunden die Server zusammengebrochen. Alles ausgebucht. So groß war der Ansturm auf die rund 1.000 Betten,“ so Bischoff. Die Bankenstadt begegnet damit der gähnenden Leere in den Hotelbetten, die sonst in den Sommermonaten einzieht, wenn die Geschäftsreisenden fort sind.

Während in Frankfurt die Wirtschaftlichkeit zählt, verfolgt Molitor durchaus auch idealistische Ziele: „Nur wer seine Heimat kennt, weiß, was seine Identität ausmacht, kann ein guter Gastgeber sein.“ Dabei möchte der Rheinländer nicht auf Klischees reduziert werden. „Die Region Köln/Bonn bietet mehr als Karneval, Dom und Museumsmeile. Im Rheinland befinden sich auch die meisten Talsperren und die größten durch Braunkohle entstandene Löcher.“ Merkmale in der Landschaft, die touristische erschlossen werden können. „Man muss Touristen sagen, was sie finden und Einheimischen, was sie zu bieten haben“, erklärt er. Erfährt die eigene Heimat mehr Wertschätzung, nützt dies der ganzen Region: Besser Infrastruktur und mehr kulturelle Angebote beflügeln sich gegenseitig.

Und manches Mal wohnt man ja auch schon in einer Region, die unglaublich viel zu bieten hat. Dann kommt es auf den Perspektivenwechsel an: Wenn die Bankentürme sich rot von der untergehenden Sonne färben, sollte man nicht an all das denken, was wieder auf dem Schreibtisch liegen geblieben ist, sondern einfach den Augenblick genießen. Das kann ein Stück Urlaub und vielleicht Exotik ganz in die Nähe holen.

Allgemein ITB 2010

Wellness, Gesundheit und was noch? – Die Zukunft des Spas

„Das Spa der Zukunft – Welchen Weg nimmt der Markt?“ Das ist eine Frage, die auf der ITB Berlin für viel Gesprächsstoff sorgt. Zumindest auf dem Podium des Fachforums Wellness. Dabei ging es vor allem um medizinischen Tourismus, Gäste, Ökologie und Nachhaltigkeit, Ernährung, Mitarbeiterteams und Design. Im Fokus standen dabei jeweils die potentielle Eröffnung von Spas.

Ein wichtiges Thema für die Spa-Branche ist der medizinische Tourismus. Dr. Harald Stössier von VIVA – Das Zentrum für Moderne Mayr-Medizin erzählte von Gästen, die ihre Gesundheit erhalten wollen: Sich mit alternativen Therapien behandeln lassen, wenn die Schulmedizin nicht geholfen hat. Im Vordergrund steht aber immer die Gesundheit. Dabei betonte er, dass diese Art des Tourismus im wesentlichen auf Vertrauen beruht. Karl-Arnold Schüle, Inhaber von Schüle‘s Gesundheitsressort und Spa, stellte fest, dass die medizinischen Touristen deutlich länger als Wellnessgäste bleiben.

Natürlich. Ökologisch. Nachhaltig. Diese drei Schlagworte waren ebenfalls nicht zu überhören. Dabei machte vor allem Samantha Foster von Spa Source Asia Limited den Unterschied zwischen natürlich und ökologisch deutlich. Sie betonte, dass nicht alles, was natürlich sei, auch gleichzeitig ökologisch ist. Dabei wurde die Frage aufgeworfen, ob ein grünes Siegel sinnvoll sei. Andrew Gibson von Spa Mandarin Oriental Group hält dies für notwendig. Notwendiger als Produkte. Für Foster heißt das „Nachhaltigkeit für Gäste. Nachhaltigkeit für die Firma. Nachhaltigkeit für den Planeten.“

Auch die Ernährung ist wichtig. Alle waren sich einig, dass Spas in diesem Fall ihre Patienten beraten müssen. Nur wenn diese langfristig ihre Ernährung umstellen und sich gesund ernähren, dann hat die Gesundheit eine Chance.

Ein anderer wesentlicher Faktor für die Zukunft der Spas sind die Menschen, die dort arbeiten. „Was nützt das beste Spa, wenn Sie keine gute Software haben. Die Software sind die Mitarbeiter“, sagte Schüle. Aber was bedeutet dies für die Betriebe konkret? Schulungen. Haustraining. Qualitätsmanagement. Das scheinen die wesentlichen Bestandteile zu sein. Denn Schüle kritisiert „Es ist kolossal. Jeder Mitarbeiter hat zwar seine eigene Handschrift, aber die Leistungen sollten einheitlich sein.“

Neben diesen Faktoren führt schließlich auch das Design eines Spas in die Zukunft. Zu Beginn steht jedoch die Entwicklung eines Konzeptes. Erst wenn die Behandlungsmethoden feststehen, sollte das Design eine Rolle spielen. „Am meisten hat mich die Anzahl der Spas gewundert, die bevor sie überhaupt ein Konzept für Anwendungen hatten, designt wurden“, berichtete Jean Paul Blisset.

Welchen Weg sie auch nehmen – am Ende steht immer ein Spa. Auch in der Zukunft.

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Und ewig lockt der Fußball …

Foto: Prof. Dr. Rainer Hartmann von der Hochschule Bremen. Quelle: Imke Schroeder

Fußball bringt Menschen zusammen. Bei Großereignissen, wie einer Weltmeisterschaft, sind gerade die Austragungsorte im Fokus und können sich zu Touristenmagneten entwickeln. Anhand der Beispiele Hamburg, Berlin und Frankfurt am Main erläutert Prof. Dr. Rainer Hartmann von der Hochschule Bremen, wie das Image einer Stadt durch eine Weltmeisterschaft geprägt werden kann. „Emotionalität ist der Schlüssel“, verkündet er. Über positive Gefühle hat eine Stadt die Möglichkeit, Bilder zu erzeugen und Touristen anzuziehen.

Bei der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2006 nahmen rund 21 Millionen Menschen in Deutschland am Public Viewing teil, und 3,36 Millionen Zuschauer waren in den Stadien live dabei. All diese Menschen stellen potenzielle Städtereisende dar. Von den Milliarden vor den Bildschirmen ganz zu schweigen.

Durch Umfragen fand Hartmann heraus, dass in diesem Jahr vor allem Berlin, Hamburg und Frankfurt an Attraktivität gewinnen konnten. So präsentierte Hamburg sich als Tor zur Welt mit dem Aufstellen von übergroßen, blau leuchtenden Toren über die ganze Stadt verteilt, und blieb so in bleibender Erinnerung. In Frankfurt a.M. griffen sogar die dort ansässigen Banken in die Tasche, um mit der SkyArena eine Bildcollage über die Fußballgeschichte auf ihre Hochhäuser projizieren zu lassen. Nach den Zahlen des Bremer Forschers blieben Städte wie Kaiserslautern, Dortmund und Mönchengladbach dagegen ohne ein konkretes Konzept als Austragungsort nicht im Gedächtnis der Befragten hängen.

Das kommenden Jahr ist eine Chance, es besser zu machen: Bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland haben neue Austragungsorte wie Sinsheim und Bochum die Möglichkeit ihr Image zu verbessern. Bisher fällt beispielweise zum Austragungsort Augsburg rund einem Drittel der Deutschen nichts ein. Eine neue Studie der Hochschule Bremen wird zeigen, inwieweit sich dieses Bild nach der Weltmeisterschaft geändert hat.

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Corporate Social Responsibility ist keine Lorbeere

Foto: Jan Wittwer, Geschäftsführer von ACCEPT-Reisen aus Aachen mit der CSR-Zertifizierungsurkunde, die er beim Corporate Social Responsibility Day auf der ITB Berlin erhalten hat. Quelle: Jasmin Siebert

Sie sparen Papier und spenden für Aufforstungsprojekte: 20 Reiseunternehmen des forum anders reisen wurden beim zweiten Corporate Social Responsibility Day auf der ITB Berlin das CSR-Zertifikat verliehen.

Das forum anders reisen ist der Vorreiterverband für nachhaltiges Reisen. Die 150 Mitglieder durchlaufen nun alle nach und nach den CSR-Zertifizierungsprozess. Auch Nichtmitgliedern steht die Zertifizierung durch die vom forum anders reisen unabhängie Gesellschaft für CSR-Zertifizierung im Tourismus TourCert ab sofort offen. Im vergangenen Jahr hat TourCert das CSR-Siegel Berlin erstmals an 15 Reiseveranstalter verliehen.

Was muss ein Reiseveranstalter tun, um dieses Siegel für Corporate Social Responsibility zu erhalten? ACCEPT-Reisen, ein kleiner Reiseveranstalter aus Aachen hat den CSR-Prozess bereits durchlaufen. Geschäftsführer und CSR-Beauftragter Jan Wittwer nahm im September 2009 am ersten CSR-Workshop teil. Danach begann Wittwer als CSR-Beauftragter einen Unternehmensbericht zu erstellen. Bei einem zweiten Workshop im Januar 2010 wurde ein Maßnahmenkatalog erstellt und Strategien zur Verbesserung überlegt.

Wer ein CSR-Siegel erhält, begibt sich in einem permanenten Prozess der Überprüfung und Verbesserung. „Man kann sich nicht darauf ausruhen“, sagt Wittwer. Alle zwei Jahre muss die Zertifizierung erneuert werden. Was bringt das einem Unternehmen? „Der Prozess der Nachhaltigkeit wird sichtbarer gemacht. Wir haben ein Controlling eingeführt.“ Die Kontrolle betrifft alle Unternehmensbereiche, beispielsweise auch wie viel Papier, Wasser und Strom im Büro verbraucht wird.

Doch was verbirgt sich hinter der englischen Abkürzung CSR? Verantwortung, Transparenz und Glaubwürdigkeit. Mit diesen drei Schlagworten umschreibt das forum anders reisen ihr Konzept vom fairen Reisetraum.

Verantwortung wird auch bei ACCEPT übernommen. Wittwer hat beispielsweise eine Partneragentur in Kenia mitaufgebaut. „Das ist sehr familiär bei uns“, meint er. ACCEPT kennt seine Partner in Kenia und in den anderen erst kürzlich hinzugekommenen Reiseländern gut. Den Geschäften gehen oft langjährige private Kontakte voraus.

Transparenz wird vor allem durch den Nachhaltigkeitsbericht gewährt, den die Unternehmen alle zwei Jahre herausgeben müssen. „Darin stehen Daten, die andere Unternehmen nicht veröffentlichen würden“, sagt Wittwer. Das ist beispielsweise der Anteil des Reisepreises, der ins Reiseland fließt. Bei ACCEPT waren das 2008 73 Prozent vom Umsatz.

Glaubwürdig werden die ökologischen und sozialen Kriterien schließlich durch das CSR-Siegel. Und das erhält nur, wer sich einer externen Prüfung unterzieht. Große Firmen hätten manchmal ihre eigenen CSR-Projekte, so Wittwer. Wenn sich dagegen ein kleineres Reiseunternehmen wie ACCEPT freiwilig auf von außen festgelegte Kriterien prüfen lässt, dann wird die gesellschaftliche Verantwortung wirklich ernst genommen.

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All Inclusive im Allgäu?

Foto: Bad Hindelang PLUS Karte. Quelle: Marian Wilhelm

Ab Mai startet dieses Finanzierungskonzept auch in den Alpen durch.

Wenn sich das Bergdorf Bad Hindelang neben Abu Dhabi und Tadschikistan präsentiert, dann ist man auf der ITB Berlin. Auf der diesjährigen Tourismusmesse will die 5.000 Einwohner Gemeinde nicht nur mit dem ausgerufenen Trend Exotik der Nähe punkten, sondern stellte auch ihr Projekt Bad Hindelang Plus vor: zwar „keine Weltneuheit, aber für uns doch eine absolute Neuheit“, wie Projektleiter Andreas Ferstel meint. All-inclusive-Angebote sind ja nun nichts Neues: Sie machen einen nicht unerheblichen Teil der Tourismuswirtschaft aus. Urlauber finden sie in Strandresorts von der türkischen Riviera bis nach Spanien und auf den meisten Kreuzfahrtschiffen. Im Alpentourismus wurde dieses Konzept aber bisher nur sehr spärlich angeboten. Nun hat Bad Hindelang als zweite Gemeinde im Allgäu den Versuch gestartet, den Urlaub aus einer Hand anzubieten.

Mit Schwung und sichtlich stolz erläuterten die Allgäuer das Konzept der Bad Hindelang PLUS Karte, das sich ab Mai in der Praxis bewähren muss. Das Kernstück dabei sei, dass sämtliche Transport- und Infrastrukturangebote für den Gast enthalten sind und somit gleichzeitig deren Auslastung verbessert werden soll. Wichtig dabei ist nun, dass der Gast sie von seinem Quartiergeber gratis zur Verfügung gestellt bekommt. Das ist auch das Innovative an diesem Projekt. Denn viele Leistungen mit einer Karte zusammenzufassen ist nicht neu und gehört in großen Städten zum Standard. Doch dort muss der Gast jedoch meist rechnen, ob sich der Kauf des Pakets lohnt, und wird dann von einem Jäger- und Sammlertrieb erfasst auch alle bezahlten Leistungen auszunutzen, wie es Kurdirektor Maximilian Hillmeier formuliert. Dies möchte die PLUS Card der Bad Hindelanger vermeiden.

Doch, wer bezahlt das? Wie genau die Kalkulation des „solidarischen Umlagesystems“ aussieht, wollten die Verantwortlichen nicht ausführen. Die Basis allerdings ist ein Anteil pro Nacht und Gast, den jeder teilnehmende Quartiergeber in einen Topf einzahlt und dafür seinen Kunden die Karte zur Verfügung stellen darf. Jene im Dorf, die dem Projekt bisher noch skeptisch gegenüberstehen, geraten damit unter Druck mitzumachen – aber das ist von den Initiatoren durchaus erwünscht, denn es soll ausgebaut und in der Zukunft möglicherweise auf die gesamten Region ausgeweitet werden. Auf lange Sicht müssen sich aber wohl alle Vermieter beteiligen.

Bürgermeister Adalbert Martin sieht das Modell auch als Möglichkeit, die in letzter Zeit etwas schwächelnde Bilanz der kleineren Betriebe wieder zu verbessern. Insgesamt wies die Jahresbilanz 2009, die Bernhard Joachim vom Allgäu Marketing stolz präsentiert hatte im Vergleich zu 2008 zwar eine Steigerung der Ankünfte (+ 4,2 Prozent) aber einen leichten Rückgang bei den Übernachtungen (- 0,2 Prozent auf; der Trend zu kürzeren Aufenthalten setzt sich also auch hier fort. Ob das neue all- inclusive-Modell hier ein Rezept bietet, bleibt offen. Das offensive aber durchaus auch riskante Modell mit dem Motto Urlaub ohne Nebenkosten ist eher eine generelle Antwort auf die Sparsamkeit der Gäste in der Wirtschaftskrise. Für den Gast bringt dieses Angebot jedenfalls eindeutige Vorteile. Man darf gespannt sein, wie viel Resonanz das Modell findet und ob sich all-inclusive auch in den Alpen durchsetzen kann.

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