„Als Reiseblogger ist man heute ein kleiner Fisch im großen See. Wenn man eine Nische findet, ist man ein großer Fisch im kleinen See.“

Wie Reiseblogger ihr Geld verdienen.

5.000 internationale Journalisten und 350 internationale Blogger sind dieses Jahr auf der ITB Berlin. “Wir haben extra eine Person die sich nur mit den Akkredierungen der Blogger beschäftigt, welche jedes Jahr mehr werden“, so Astrid Zand, Pressesprecherin der ITB Berlin. Alle von ihnen hoffen, hier Geschäfte zu machen oder schöne Urlaubsdeals abzuschließen.

„Viele junge Blogger denken, wenn sie ein bis zwei Wochen einen Blog schreiben können sie die Welt kostenlos bereisen und noch Geld damit verdienen. Doch so einfach ist das nicht, 99 Prozent der Reiseblogger, die heutzutage starten, scheitern“ , sagt Yvonne Zagermann, Reisebloggerin von justtravelous. Denn viele sind sich nicht bewusst, dass es viel Arbeit ist einen erfolgreichen Blog zu führen und es ein bis zwei Jahre dauert bis man Geld damit verdienen kann. Zagermann hat das Bloggen zu ihrem Hauptberuf gemacht, mittlerweile kann sie von ihrem Reiseblog leben. „Es hat sich gut eingependelt. Ich verkaufe meine Fotos, Filme und Texte an Destinationen und Touristik Unternehmen“. Yvonne fügt hinzu, dass jeder ein anderes Geschäftsmodell hat und es davon abhängig ist wie viel man verdient. Viele Blogger haben Kooperationen mit Firmen, die ihre Reisen bezahlen. Die meisten Blogger versuchen ihre Neutralität zu behalten und halten an ihrer Meinung fest. „Ich schreibe in meinem eigenen Stil und lass mir da auch nicht reinreden“, so Yvonne. Ihr ist wichtig, dass sie Spaß am Bloggen hat und es Themen sind, die sie interessieren. „Ich mache das für mich und nicht für andere. Dass ich damit mein Geld verdienen kann ist super.“

Einer der wenigen, der davon auch leben kann ist Terry Lee, ein erfolgreicher Reiseblogger aus England. Mit seiner Frau zusammen hat er seinen Luxus Travel Blog „LiveShareTravel“, von Anfang an als Business aufgezogen. Das man heute durch sein Hobby langsam professioneller Blogger wird, hält er für sehr unwahrscheinlich. Lee sagt: „Es ist sehr schwer in einen Markt einzubrechen in dem es seit Jahren schon viele erfolgreiche Blogger gibt, die einem weit im Voraus sind.“ Man müsse von Anfang an als Business Person an die Sache gehen, es als Business verstehen und so aufziehen, sagt er. Die ersten drei Jahre hat Lee Geld in seinen Travelblog gesteckt,. Mittlerweile hat er einen hohen Lebensstandard. „Nach dreieinhalb Jahren konnten wir gut davon leben, mittlerweile geht es uns sehr gut“, sagt Lee. Nur die wenigsten Reisebloggern geht es so gut, das weiß auch Nienke Krook aus Holland. Wie die meisten Reiseblogger hat sie hobbymäßig angefangen und ist dann langsam erfolgreich geworden. Sie verdient zwar Geld mit ihrem Reiseblog „TheTravelTester“, zum Leben reicht es trotzdem nicht. Nebenbei macht Nienke noch andere Dinge, wie zum Beispiel Videos verkaufen, in denen sie Pinterest erklärt. Die Plattform ist bei den meisten Bloggern nach Google sehr beliebt und gut um seinen Blog bekannt zu machen. Ihr Tipp an zukünftige Reiseblogger ist auch bei ihr: „Behandele deinen Blog als Business und habe einen Businessplan“.

Doch nicht nur die Anfangsphase wird unterschätzt, sondern auch die Arbeit, die mit einem Reiseblog in Verbindung steht. Nienke sagt: „Man muss jeden Tag Instagram, Pinterest, Snapchat und Facebook befüttern, damit man präsent bleibt.“ Zudem müssten jeden Tag viele Emails von Lesern und potentiellen Kunden beantwortet werden. Das nimmt die meiste Zeit in Anspruch, meint auch Yvonne. Doch auch die Blogeinträge nehmen viel Zeit in Anspruch.

Nicht nur Blogger legen großen Wert auf Qualität, sondern auch Firmen, die mit Bloggern arbeiten möchten. Bei der Auswahl der Blogger achten die meisten darauf, dass ihr Blog eine große Reichweite hat und der Inhalt aussagekräftig ist. „Wir bezahlen die Leute nicht dafür das sie einen Blog haben, sondern für den Inhalt den sie uns liefern“, sagt Emma Gorman, Publicity Coordinator aus Irland. Die meisten Unternehmen kooperieren lieber mit professionellen Bloggern, aber auch Neulinge der Bloggerszene sollte man nicht ignorieren, so Enver Duminy, CEO: „ Auch ein Amateur könnte schnell zum Profi werden, auch Ihnen sollte man Chancen geben.“

Obwohl es heutzutage zahlreiche Reiseblogger gibt, scheinen viele kein Konkurrenzdenken zu haben. Es existiert eine „Community“, in der sie sich gegenseitig aushelfen. „Manchmal bekommen wir Jobangebote, die uns nicht interessieren oder wir haben keine Zeit. Dann leiten wir es an Blogger weiter, zu denen es passt“, sagt Nick. Wenn Yvonne Zagermann Artikel anderer Blogger gut findet, teilt sie diese auch. Damit zeigt sie nicht nur ihr Interesse an dem Blogpost, sondern macht gleichzeitig auf deren Blog aufmerksam. Manchmal inspirieren Zagermann Fotos oder Artikelideen von anderen Bloggern. Trotzdem macht sie nach eigener Aussage „ihr Ding“ und vergleicht sich nicht mit anderen. „Es wird immer Leute geben, die besser sind als du.“

Der Markt ist voll mit Reisebloggern in allen möglichen Bereichen. Es ist wichtig, zu recherchieren was es noch nicht gibt und worüber nicht schon tausendmal berichtet wurde. „Als Reiseblogger ist man heute ein kleiner Fisch in einem großen See. Wenn man aber eine Nische findet, ist man ein großer Fisch im kleinen See“, sagt Lee.

 

Nienke Krook ist 32 Jahre alt und kommt ursprünglich aus Holland, zurzeit lebt sie in England. Ihren Blog „TheTravelTester“ gibt es seit 2011 und ist auf englisch geschrieben. www.thetraveltester.com

Nienke Krook ist 32 Jahre alt und kommt ursprünglich aus Holland, zurzeit lebt sie in England. Ihren Blog „TheTravelTester“ gibt es seit 2011 und ist auf englisch geschrieben.

www.thetraveltester.com

Yvonne Zagermann ist 36 Jahre alt und schreibt ihren Blog „Justtravelous“ seit sechs Jahren auf englisch und deutsch.

Yvonne Zagermann ist 36 Jahre alt und schreibt ihren Blog „Justtravelous“ seit sechs Jahren auf englisch und deutsch.

www.justtravelous.com

Margherita Ragg (32) aus Italien und Nick Burns (37) aus Australien, leben in Italien. Sie schreiben seit 2014 auf englisch zusammen den Reiseblog „TheCrowdedPlanet“.

Margherita Ragg (32) aus Italien und Nick Burns (37) aus Australien, leben in Italien. Sie schreiben seit 2014 auf Englisch zusammen den Reiseblog „TheCrowdedPlanet“.

www.thecrowdedplanet.com

Terry Lee ist 58 Jahre alt und hat seit fünfeinhalb Jahren den englischsprachigen Luxus Blog „LiveShareTravel“.

Terry Lee ist 58 Jahre alt und hat seit fünfeinhalb Jahren den englischsprachigen Luxus Blog „LiveShareTravel“.

www.LiveShareTravel.com

ITB 2016 Tag 4 | 12. März 2016 young press 2016

Snapchat weltweit – Die Snapchat-Trends in der Reisebranche

Facebook, Twitter und Instagram sind längst bekannt. Doch was ist dieses Snapchat, wovon auf einmal alle reden? Mit Snapchat lassen sich Fotos und Videos machen, bearbeiten und an andere Snapchatter schicken. Einmal angeschaut, verschwinden sie im Abfalleimer des Internets. Teilt man Bilder in seiner Geschichte, können sie von Freunden und anderen Leuten weltweit 24 Stunden lang angesehen werden, dann werden sie gelöscht. Snapchat ist kurzlebig und hat eine „Jetzt oder nie“-Mentalität. 

Mit 7 Billionen Videoaufrufen pro Tag ist Snapchat längst nicht mehr nur eine App für Teenies mit einem Faible für Emojis. Besonders bei den unter 30-jährigen wird die App immer beliebter. Jeder Zweite in dieser Altersgruppe benutzt bereits den Instant-Messenger. Täglich nutzen über 100 Millionen Snapchatter die App. Auch Unternehmen springen auf diesen Zug mit auf. Wir haben Tipps, wie Snapchat in der Unternehmenskommunikation der Reisebranche funktioniert.

Geofilter – snap mir, wo du bist

Snapchat erfasst durch GPS den aktuellen Standort. Steht man unter dem Brandenburger Tor, macht einen Snap und wischt durch die Filter, erscheint „BERLIN“ in bunten Buchstaben auf dem Bildschirm. Die Geofilter können auch in der Unternehmenskommunikation eingesetzt werden. Die Hotelkette W-Hotels hat zum Beispiel eine Aktion gestartet, dass sobald man sich in der Nähe eines dieser Hotels befindet und einen Snap macht, der Geofilter von W-Hotel auftaucht. „Wish you were here“ und das Firmenlogo erscheinen dann groß auf dem Bildschirm. 

Produktplatzierungen – snap mir, was du magst

Alicia Drewnicki, Videobloggerin aus London, hat pro Snap bis zu 2.000 Aufrufe. „Wenn ich in fünf 10-Sekunden-Snaps einen Ort oder ein Hotel vorstelle, das mir gut gefallen hat, dann erreiche ich damit auch eine große Anzahl von potentiellen Kunden“, sagt Drewnicki. Sie bietet Unternehmen an, Gewinnspiele auf ihrem Snapchat-Account stattfinden zu lassen. „Ich habe einmal einen Pulli einer englischen Marke verlost. Es haben Leute von überall auf der Welt mitgemacht, obwohl die Marke dort gar nicht bekannt ist“, sagt Drewnicki.

Eigene Unternehmens-Snapchatter – snap mir, wer du bist

Neben Social Media Experten und Bloggern, setzten Unternehmen auch vermehrt auf eigene Snapchatter. Petra Vorackova snappt regelmäßig für das Reisenetzwerk Travel Massive. „Wenn ich etwas Witziges erlebt habe oder von bevorstehenden Events berichten möchte, snappe ich es“, sagt Vorackova.

Bevor ein Unternehmen sich einen Snapchat-Account zulegen möchte, sollte erst einmal privat geübt werden. Nur Selfies und schöne Landschaftsbilder reichen meist nicht aus, um erfolgreich zu werden. Auf der diesjährigen ITB Berlin wurden Workshops für Snapchatter und die, die es werden wollen, angeboten. ane

ITB 2016 Tag 4 | 12. März 2016 young press 2016

Kambodscha mal anders: Wie der Tourismus-Boom auch bei den Einheimischen ankommt

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„Intercultural Innovation Camps“. So heißt die Initiative, die seit etwa fünf Jahren junge Menschen aus Europa und den USA mit jungen Kambodschanern zusammen bringt. Gegründet hat sie der Rentner Wilfried Ifland, der „eine neue Herausforderung sowie Aufgabe für den Ruhestand“ suchte. Mit seinem Projekt will er vor Ort helfen und gleichzeitig jungen Leuten aus Europa interkulturelle Kompetenzen näherbringen „statt Partyurlaub oder klassischen Freiwilligen Jahr“. In zwei- bis vierwöchigen Workshops arbeiten die 18-26-Jährigen vor Ort an Projekten, die die Einheimischen unterstützen sollen. In den letzten Jahren sind so beispielsweise Faltkarten zur Sehenswürdigkeit Ankor Wat oder auch eine App mit den wichtigsten Floskeln in Khmer, Kambodschas Landessprache entstanden. Von den Einnahmen profitieren die Kambodschaner, die zudem eine geringe Aufwandentsschädigung für ihre Teilnahme am Camp enthalten. So versucht Ifland zu erreichen, dass der boomende Tourismus in Kambodscha auch den jungen Leuten vor Ort nützt. Denn bisher lebt immer noch etwa jeder fünfte der 15 Millionen Einwohner Kambodschas unterhalb der Armutsgrenze.

Auch ein anderes Projekt versucht, dass die Kambodschaner noch mehr von den jährlich mehr als vier Millionen Touristen profitieren können. Es nennt sich „Artisans Angkor“ und fördert traditionelle Handwerkskunst in Kambodschas Region Siem Riep. Jungen Kambodschanern wird eine kostenlose Ausbildung in einem traditionellen Handwerksberuf sowie eine garantierte Anstellung danach geboten. Den etwa 1.100 Angestellten wird zudem eine kostenfreie Gesundheitsversorgung ermöglicht. Einige der Ausbildungsworkshops sind für Touristen geöffnet, dadurch und durch den Verkauf der Handwerkskunst finanziert sich die Initiative.

 mlp

ITB 2016 Tag 4 | 12. März 2016 young press 2016

Bunt, laut und prallgefüllt – Impressionen des Privatbesuchertages auf der ITB

Künstliches Vogelgezwitscher, rhytmisches Trommeln, Kindergeschrei. Das Rattern der Rollkoffer von gestern ist abgelöst worden von begeisterten „Ahs“ und „Ohs“ aus allen Richtungen. Heute ist der erste Tag für Privatbesucher auf der Reisemesse ITB und das hört man nicht nur, sondern sieht man auch. Beinahe jeder Aussteller trägt jetzt ein Kostüm und die Stände wirken noch bunter als an den vergangenen Tagen. Es fühlt sich ein bisschen an wie Karneval im Urwald. Nur ohne Tageslicht.

Die ITB ist heute eine ganz andere. Keine Geschäftsleute mehr, die „Big Business“ machen und Visitenkarten austauschen. Dafür aber viele, etwas hilflos durch die Gegend laufende Privatpersonen. Wie viele genau, wird erst morgen bekanntgegeben. „Nach dem Bild, das wir von den Hallen der letzten Tage haben, gehen wir aber von einem leichten Zuwachs aus.“ sagt Astrid Zand, die Pressereferentin der Messe Berlin. Letztes Jahr kamen über 50 000 Privatbesucher zur ITB.

In der völlig überfüllten Halle direkt neben dem Haupteingang tummeln sich die Menschen, denn sie haben scheinbar noch nicht herausgefunden, dass es hier mehr, als nur eine Halle gibt.

Aber was sind das für Leute, die an einem Wochenende in Berlin auf eine Messe gehen? Der Altersdurchschnitt der Besucher liegt heute auf den ersten Blick bei ungefähr 30 Jahren. Grund dafür ist allerdings nicht, dass tatsächlich die meisten Leute um die 30 sind, sondern daran., dass gefühlt die Hälfte der Besucher sehr alt und die andere Hälfte sehr jung ist. Etwas dazwischen sieht man eher seltener.

Marianne ist 79 Jahre alt und jedes Jahr auf der ITB. Doch diesmal ist sie etwas enttäuscht, denn sie hat das Gefühl, die guten Angebote werden immer weniger. Der sechsjährige Jonas dagegen findet alles total super. Überall gibt es Neues zu entdecken und er bekommt ständig etwas geschenkt. Und wenn er mal nichts bekommt, dann nimmt er es sich einfach. „Darf ich?“ ruft er am Stand von Sachsen-Anhalt der Hostess entgegen und nimmt sich im gleichen Moment auch schon ein rotes Bonbon aus der Glasschüssel.

Die Erwartungen der Besucher des heutigen Tages sind vollkommen verschieden. Ein junges Paar möchte sich über einen Schnorchelurlaub in Asien informieren, eine ältere Dame interessiert sich für Transportmöglichkeiten und andere suchen einfach nur nach Inspiration für den nächsten Urlaub. Doch eines haben alle gemeinsam: Ein Faible für Goodiebags. Fast niemand geht mit weniger als zwei prallgefüllten Papptaschen nach Hause. Umsonst ist schließlich umsonst. Auch wenn es ein Plüschteddy mit pinkem Irokesen zum Aufhängen ist. caw

ITB 2016 Tag 4 | 12. März 2016 young press 2016

Offen für alle(s)

Von Mittwoch bis Freitag konnten sich ausschließlich Fachbesucher auf der Tourismusmesse ITB austauschen. Jetzt sind die Türen auch für private Besucher geöffnet und wir wollten herausfinden, was sich die über 50.000 Besucher am Wochenende von der ITB versprechen. Die Antworten, die man uns gab, waren sehr unterschiedlich.

Ein junges Paar freut sich schon auf die Asiahalle – beide möchten im Sommerurlaub in exotischen Ländern schnorcheln. Eine ältere Dame will im Laufe des Tages die Fernbusse aufsuchen, da sie selbst nicht mehr Auto fahren kann, aber mobil bleiben möchte. „Früher, als ich jünger war, bin ich auch viel international gereist“, schwärmt sie und hofft, durch die bunt gestalteten Hallen ein wenig in Erinnerung schwelgen zu können. Drei Generationen einer Familie, die wir treffen, fahren schon seit Jahren zusammen auf die ITB und suchen nach Inspiration für den nächsten gemeinsamen Urlaub. „Neuseeland vielleicht.“, überlegt der Familienvater. Einige junge Studenten kamen extra aus den Niederlanden, Frankreich und Polen. „Wir sind offen für alles“, sind sie sich einig und hoffen „Vielleicht können wir ja regionale Gerichte probieren.“

Die ITB und ihre Besucher – offen für alle und offen für alles. Und die ITB bleibt dies noch heute am 12. März, bis 18 Uhr und morgen am 13. März von 10 bis 18 Uhr. alb

ITB 2016 Tag 4 | 12. März 2016 young press 2016

Klanggewitter im ITB Pressezentrum

Geschirrklimpern. Stimmendurcheinander. Handyklingeln. Eine Kellnerin bahnt sich ihren Weg durch die Menschentrauben, die sich um die Stehtische herum gebildet haben. Der Duft von Würstchen liegt in der Luft. Es ist Mittagszeit auf der ITB Berlin. An Pause ist am zweiten Tag der größten Reisemesse der Welt im Pressezentrum in Halle 6.3. aber nicht zu denken. Rund um die Bar, die den Mittelpunkt der Halle bildet, herrscht hektisches Treiben. Viele sind gerade angekommen und ziehen ihre Trolleys über den grauen Teppichboden, andere machen sich schnellen Schrittes auf den Weg zur nächsten Pressekonferenz. 6.000 Journalisten und Blogger aus aller Welt kommen dieses Jahr zur Messe, um darüber zu berichten.

Der Media Work Room ist am 2. Messe-Tag voll besetzt.

Der Media Work Room ist am 2. Messe-Tag voll besetzt.

Virginia Geizman schreibt im Media Work Room an einem Artikel für eine spanische Tageszeitung.

Virginia Geizman schreibt im Media Work Room an einem Artikel für eine spanische Tageszeitung.

Eine gelbe Wand trennt den Media Work Room neben der Bar vom Rest der Halle. Hier ist es etwas ruhiger, mehr als 70 Arbeitsplätze, Laptops und Drucker stehen bereit. An diesem Tag sind nur mehr wenige Plätze frei. Die Redaktionsschlüsse nahen, die Journalisten sitzen sich gegenüber und tippen in ihre Laptops. Eine davon ist Virginia Geizman, die von hier aus ihre Artikel für „La Opinión de Málaga“, eine Tageszeitung in Andalusien, schreibt. Neben ihr telefoniert ein älterer Mann mit leiser Stimme, von draußen sind Stimmen und das Geschirrklimpern zu hören. Trotzdem kann die Spanierin, die schon zum 7. Mal auf der ITB ist, hier gut arbeiten: „Manchmal ist es laut, aber hier habe ich Wifi und alles, was ich brauche“, erklärt sie.

Der freie Journalist Paul Streuff schreibt lieber von zu Hause aus.

Der freie Journalist Paul Streuff schreibt lieber von zu Hause aus.

Anders sieht das Paul Streuff, ein freier Journalisten aus Berlin. „Ich schreibe alles von zu Hause aus, hier ist es zu voll heute“, sagt er und deutet auf die Stehtische vor dem Media Work Room, wo an diesem Tag kein Platz mehr frei ist. Am meisten los im Pressezentrum ist an den Tagen der Fachmesse, viele Journalisten reisen danach schon ab, weiß Astrid Zand, Pressesprecherin der ITB Berlin: „Für die Journalisten sind die ersten beiden Tage der Messe am interessantesten, weil dann die meisten Pressekonferenzen und Termine stattfinden.“

Das Presse Service Desk-Team steht für Fragen zur Verfügung.

Das Presse Service Desk-Team steht für Fragen zur Verfügung.

Bloggerin Jana Zieseniß will vom Blogger-Zentrum aus arbeiten.

Bloggerin Jana Zieseniß will vom Blogger-Zentrum aus arbeiten.

Wann diese Events stattfinden und was das W-Lan Passwort ist? Das sind die häufigsten Fragen, die die ITB-Mitarbeiter am Presseservice-Desk gegenüber des Media Work Rooms zu hören bekommen. Reisebloggerin Jana Zieseniß erkundigt sich, wo sich das Blogger-Zentrum befindet. Sie will sich in dem eigenen Blogger-Bereich einmal umschauen, ansonsten kann sie sich aber auch vorstellen, vom Pressezentrum aus zu arbeiten. „Ich blogge von überall aus. Und hier ist es leiser als auf dem Rest der Messe.“

Die ITB Berlin News-Redaktion von außen.

Die ITB Berlin News-Redaktion von außen.

ITB Berlin News-Chefredakteur Richard Barnes in der Redaktion.

ITB Berlin News-Chefredakteur Richard Barnes in der Redaktion.

Im Gegensatz zum vorderen Teil des Pressezentrums ist der hintere Teil fast leer – zumindest nach außen hin. Hinter den einzelnen, mit hellgrauen Plastikwänden abgetrennten Räumen, haben Medien und Verlage ihre Redaktionen eingerichtet – wie zum Beispiel das Team der ITB Berlin News, das von hier aus Jahr für Jahr eine eigene, englischsprachige Zeitung zur Messe produziert. An zwei Tischreihen sitzen die Journalisten, die vorwiegend aus Frankreich, aber auch aus Großbritannien und Deutschland kommen. Sie tippen in ihre Laptops. Der Lärm in der Halle scheint sie nicht zu stören. „Wir können uns hier gut konzentrieren. Ich glaube, wir Journalisten sind es gewohnt, in einer lauten Umgebung zu arbeiten“, sagt ITB Berlin News-Chefredakteur Richard Barnes.

Das travelcam.tv-Studio im Pressezentrum.

Das travelcam.tv-Studio im Pressezentrum.

 

Einen Gang weiter hat travelcam.tv in einer der Kojen sogar ein eigenes TV-Studio aufgebaut. Dort werden Tourismusexperten zu den verschiedensten Themen interviewt. Auch hier ist die Lautstärke kein Problem. „Wir zeichnen alles mit Ansteckmikro auf“, erklärt Benjamin Oettel, travelcam.tv-Projektleiter. „Eine gewisse Messeatmosphäre wirkt außerdem authentisch.“

Die Not macht erfinderisch – Wiebke Sander arbeitet vom Boden aus.

Die Not macht erfinderisch – Wiebke Sander arbeitet vom Boden aus.

 

Ihren Arbeitsplatz auf den Boden verlagert hat kurzzeitig Wiebke Sander, PR-Consultant aus Zürich. Sie muss ein wichtiges Mail schreiben, hat aber keinen Sitzplatz mehr gefunden. „Das Pressezentrum ist okay, aber dafür, dass es so stark frequentiert ist, gibt es zu wenig Sitzplätze“, kritisiert sie. Auch an den Stehtischen vor der Bar schräg gegenüber ist alles voll. Es wird diskutiert, es wird gelacht. Gläser klirren. Ruhe wir hier erst einkehren, wenn die ITB am Sonntag für dieses Jahr ihre Pforten schließt. Die Medienberichte enden damit aber nicht. Denn über die ITB berichtet wird das ganze Jahr.

fri

 

 

ITB 2016 Tag 4 | 12. März 2016 young press 2016

Jeder will ihn, kaum einer praktiziert ihn

Copyright TourCert Mag

Copyright TourCert Mag

Nachhaltiger Tourismus: Ein Gespräch mit Marco Giraldo, Geschäftsführer von TourCert

Der Ruf nach nachhaltigem Tourismus wird immer lauter. Fast jedem dritten Deutschen ist die ökologische Verträglichkeit seiner Urlaubsreisen wichtig, wie eine Studie für das Bundesumweltministerium kürzlich herausfand. Knapp die Hälfte der Deutschen hält es für wichtig, dass sich Reiseveranstalter für Nachhaltigkeit engagieren. Doch zwischen dem Wunsch nach nachhaltigen Reisen und ihrer Umsetzung gibt es eine große Diskrepanz. Dies ist unter anderen mit dem Fehlen von Informationen und klaren Zertifizerungen begründet, weiß auch Marco Giraldo, Geschäftsführer der Tourismus-Beratungsgesellschaft TourCert. Seit rund sieben Jahren berät und zertifiziert er Reiseveranstalter, Reisebüros, Unterkünfte und Urlaubsregionen im Bereich Coporate Social Responsibility und nachhaltiger Tourismus.  

Ein weiteres Problem sei zudem die fehlende Klarheit, was genau Nachhaltigkeit bedeutet. Die meisten Deutschen brächten Nachhaltigkeit in Verbindung mit Umweltschutz, doch Nachhaltigkeit bedeutet der Einklang von Ökologie, Sozialem und Ökonomie. Neben dem Umweltschutz zählen also soziale Aspekte wie die Einhaltung der Menschenrechte und auch ökonomische Faktoren dazu. Tourismus muss sich bei allen guten Vorgaben auch rentieren.

Doch obwohl viele Touristen nachhaltiges Reisen für wichtig empfänden, treten sie in den Augen von Giraldo zu wenig dafür ein. „Die Reisenden selbst müssen es verstärkt einfordern.“ Denn je öfter Reiseveranstalter oder Hotels von ihren Kunden auf Nachhaltigkeit angesprochen würden, desto höher wäre die Chance, dass sie beginnen sich zu engagieren. Zudem sei es ein großes Problem, dass viele Unternehmen nur kurzfristig dächten und schnelle Erfolge erzielen wollten. Daher werden viele Initiativen nach kurzer Zeit wieder eingestellt. Doch Nachhaltigkeit funktioniere nur langfristig und viele Erfolge von nachhaltigem Wirtschaften zeigten sich erst auf lange Sicht und nicht schon nach wenigen Jahren.

Zudem sei der Gesetzgeber gefragt, denn bisher müssen Reiseveranstalter und Hotels nachhaltige Standards nur freiwillig einhalten. „Der Gesetzgeber muss klare Vorgaben machen“, fordert Giraldo. Die Zahlen geben ihm recht. Nur etwa fünf Prozent der Anbieter im Beherbungsbereich sind als nachhaltig zertifiziert, bei Reiseveranstaltern und Reisebüros liegt der Wert noch deutlich darunter.  

Dabei kann Nachhhaltigkeit schon im Kleinen anfangen. Der Kellner im Restaurant in Baden-Württemberg beispielsweise könnte statt einem kalifornischen Wein, einen Wein aus der lokalen Umgebung empfehlen. Auf den Shampooflaschen im Hotel könnte freundlich bemerkt sein, dass das Wasser beim Einseifen ausgeschaltet werden sollte. „Das ist wie mit einem tollen Schuh. Der braucht auch hin und wieder Pflege, damit man lange was von ihm hat“, erklärt Giraldo. So benötigt auch der Tourismus ein nachhaltiges Konzept und Pflege, damit Strände auf der ganzen Welt schön und müllfrei bleiben, damit die Menschen in den Urlaubsdestinationen auch vom Tourismus in ihrer Region profitieren und damit die Tier- und Naturwelt erhalten bleibt.

mlp

ITB 2016 Tag 3 | 11. März 2016 young press 2016

Lamborghini auf zwei Beinen: Menschliche Roboter auf der ITB

Bild_RoboterAuf der ITB-Website ist ChihiraKanae bereits unter „Referenten“ aufgeführt und auch während ihrer Präsentation ist ihre Rolle klar: Die humanoide Roboterfrau ist kein Produkt, das vorgestellt wird, sondern auch ein Interviewgast, der sich selbst vorstellt. Das Problem: Die Antworten sind vorprogrammiert, der Roboter reagiert also nicht spontan auf die Fragen. In zehn Jahren könne dies jedoch möglich sein, wirft Hitoshi Tokuda, Chef-Spezialist der Herstellerfirma Toshiba, einen Blick in die Zukunft.

Als Uncanny Valley-Effekt, wörtlich übersetzt „Unheimliches Tal-Effekt“, bezeichnet man das Phänomen, dass wir uns vor Robotern fürchten, die fast, aber eben nicht ganz menschengleich sind. ChihiraKanae hat dieses Problem nicht, weil sie eindeutig als Roboter zu erkennen ist. Zwar bewegt sie beim sprechen ihren Mund, verbeugt sich, blinzelt ab und zu mit den Augen und hebt gestikulierend die Hände. Doch all das macht sie in einer Regelmäßigkeit und Monotonie, die eher an eine Kaffeemaschine als an menschliches Verhalten erinnert. Die Frage auf der Präsentation lautete daher: Was kann die Roboterfrau und wofür ist sie schlicht ungeeignet.

Das größte Problem für Hersteller von Robotern ist nach Einschätzung von Tokuda, dass sie zwar eine Attraktion seien, aber für Services im Tourismus noch nicht besonders nützlich. Besonders in einem Dienstleistungssektor wie der Tourismusindustrie seien sie noch kein „must have“. Zudem übernehmen Roboter manche Nachteile von Computern, wie Hacking und Virenanfälligkeit, und Maschinen, wie Schmutzentwicklung und mechanische Fehler. Tokuda erklärt zwar, ChihiraKanae werde beim Händeschütteln niemandem die Hand zerquetschen, aber dafür „wird sie nach zehn Jahren sehr schmutzig sein, denn sie wäscht sich nicht. Also sollten Sie ihr nach zehn Jahren lieber nicht mehr die Hand geben.“ Ein Blick auf die Produktionskosten zeigt, dass humanoide Roboter von Prototypen abgesehen von einer Marktreife noch weit entfernt sind: „Sie sind sehr teuer und entsprechen ungefähr dem Preis eines Autos, aber das Auto ist ein Lamborghini oder Ferrari“, so Tokuda.

Für eine Massen-Nutzung ist auch die Akzeptanz in der Bevölkerung nicht groß genug: Nach einer weltweiten Umfrage des Medienunternehmens Travelzoo glaubt 77 Prozent der Befragten zwar, dass Roboter in wenigen Jahren eine wichtige Rolle in unserem Leben spielen werden, aber 92 Prozent sagen, dass sie an der Hotelrezeption lieber von einem Menschen bedient würden. Dabei wird deutlich, dass die Einsatzmöglichkeiten für Roboter in Serviceberufen stark von deren Aufgabe abhängt: Während Kunden bei Problemen nicht auf die Möglichkeit verzichten wollen, sich an menschliche Ansprechpartner zu wenden, würde ein Roboter zum Beispiel als Hotelportier, der das Gepäck aufs Zimmer befördert, akzeptiert. Entsprechend erklärt auch Hitoshi Tokuda, dass Roboter am besten arbeiten, wenn sie sich in einem klar abgesteckten Gebiet bewegen. Dann hat ihre Arbeit einige Vorteile: Sie können Fragen von Touristen mehrsprachig beantworten und zu jeder Tages- und Nachtzeit auch unangenehme oder monotone Arbeiten erledigen, ohne müde zu werden. Außerdem „können Sie ihr dumme Fragen stellen, ohne sich schämen zu müssen“, erklärt Tokuda. fep

 

ITB 2016 Tag 3 | 11. März 2016 young press 2016

Urlaub auf der ITB Berlin

Deine Freunde posten die schönsten Fotos von überall auf der Welt? Du willst das auch, kannst es dir aber nicht leisten? Dann ab auf die ITB Berlin. Die Tourismusmesse ist der perfekte Ort für Fake-Urlaubsbilder. Hier zeigen wir dir die Top 6 der besten Selfie-Stellen. ane

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Halle 4.1 – Jugendreisen

Halle 4.1 – Jugendreisen

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Halle 4.1 – Jugendreisen

Halle 4.1 – Jugendreisen

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Halle 26 – Asien

Halle 26 – Asien

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Halle 6 – Bayern

Halle 6 – Bayern

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Halle 5.2 – Indien

Halle 5.2 – Indien

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Halle 26 – Asien

Halle 26 – Asien

 

ITB 2016 Tag 3 | 11. März 2016 young press 2016

Generation Anspruchsvoll – Einmal bitte eine Jugendreise, wie aus dem Bilderbuch

Gebräunte Haut, sonnengebleichte Haare und salzige Lippen. Im Hintergund weißer Sand und hohe Wellen. Hier könnte das perfekte Instagram-Selfie entstehen. Vielleicht auch ein Grund, weshalb Jugendreisen zum Surfen rund um die Welt gerade so beliebt sind.

Das Wort Jugendreise lässt bei vielen Eltern und Kindern die Alarmglocken läuten. „Sind die Reiseleiter dazu da, um aufzupassen, oder um Alkohol auszuschenken?“ fragen sich Mütter und „Bin ich wirklich so pubertär, dass ich in ein Erziehungscamp muss?“ fragen sich Töchter. Und die elterlichen Sorgen sind berechtigt, denn viele Feriencamps sind überlastet. Zu große Camps und zu wenig Arbeitskräfte. „Die Betreuer sitzen dann im Büro und haben keine Zeit mehr, sich um die Jugendlichen zu kümmern.“ sagt Helge Maul aus dem Vorstand des Reisenetz E.V.

Ob die eskalative oder die pädagogische – beide Seiten des Reisens für Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren sind nicht besonders attraktiv. Aber da gibt es auch etwas dazwischen.

Aktiv-Reisen nennt sich die Sparte, die auf der Reisemesse ITB von fast jedem Aussteller für Jugendreisen empfohlen wird. Für eine Woche soll durch gemeinsame sportliche Aktivitäten ein Gefühl von Gemeinschaft und Zusammenhalt herrschen. Es werden Abenteuer prophezeit. Und das nicht nur in einer Jugendherberge in Brandenburg, sondern auch am Strand, unter Palmen. Wenn Preis und Verpflegung stimmen, kommt das Kriterium „Strand“ als drittwichtigstes, bei der Entscheidung der Jugendlichen, wohin es gehen soll (Ruf Young Traveler Kompass 2016).

Aktiv-Reisen zielen auf ein Erlebnis ab, denn Jugendliche wollen mehr als nur Sightseeing und Sex-on-the-Beach. „Solche Reisen sind für die Jugendlichen Erinnerungswerte“, sagt Jessica Quander von Herolé Reisen, einem Anbieter für besondere Klassenfahrten. Erinnerungswerte, mit denen man in der heutigen Zeit gerne prahlt, besonders auf dem Netzwerk Instagram. Inzwischen nutzen 68 Prozent der Jugendlichen auf Reisen das Foto-Portal täglich, vor zwei Jahren waren es nur halb so viele. Besonders der Hashtag #surfing mit über vier Millionen Beiträgen hat es der Community angetan. Das haben nicht nur die Jugendlichen, sondern auch die Reiseveranstalter mitbekommen und ihr Angebot angepasst.

RUF Reisen bietet seit Anfang des Jahres eine Fernreise nach Sri-Lanka an. Dort können die Jugendlichen mit Begleitung zweier Reiseleiter nicht nur Elefanten-, sondern auch Wellenreiten. Sie lernen eine ferne Kultur und kulinarische Spezialitäten kennen und sind endlich einmal wirklich weit weg von Zuhause. Obwohl die klassischen Party-Touren nach Spanien immer noch sehr gefragt sind, sind die Reisen nach Sri Lanka schon jetzt fast ausgebucht. Die RUF Angebote der „USA Traumreise“ von der West- bis zur Ostküste und die Fernreise nach Japan in eine Welt voller Mangas sind, neben den zahlreichen Angeboten der Städtetrips innerhalb von Europa, auch sehr gefragt. Ein breites Spektrum an Aktiv-Reisen bietet auch GO Jugendreisen an, wie Kajaking in Italien, Klettern in den Pyrenäen und Schnorcheln in Kroatien. Besonders beliebt ist die Atlantik Küste, dort gibt es ein großes Angebot an Surfcamps. „Es reicht allerdings nicht mehr, nur ein Zelt hinzustellen und eine Isomatte auszurollen. Es muss Komfort da sein und Abwechslung geboten werden.“ sagt Jörg Daase am Stand von GOJugendreisen.

Aber auch die deutschen Jugendherbergen sind wieder im Trend, so Helge Maul. Der Standard steigt und inzwischen gibt es kaum noch Mehrbettzimmer oder Bäder auf dem Gang. Außerdem ist eine Jugendherberge schon lange nicht mehr nur bloße Übernachtungsmöglichkeit. Es wird dort mit Erlebnis- und Tourguides zusammegearbeitet, so dass einem nicht nur die weiche Bettdecke, sondern auch das Reiseerlebnis in bester Erinnerung bleibt. Die Jugendherberge Breisach im Elsass zum Beispiel bietet eine sieben-tägige Radtour rund um den Schwarzwald an, bei der man ganz nebenbei auch noch seine Muskeln trainieren kann. Deutsche Jugendherbergen sind also nicht nur wieder sexy, sondern machen auch wieder sexy.

Reichlich Abwechslung, genug Komfort, strahlende Sonne, blaues Meer, ein ausgefallener Sport, gutes Essen. Die Generation ist anspruchsvoll. Sie weiß, dass „cool sein“ nicht mehr bedeutet Party bis ins Morgengrauen zu machen, sondern das Morgengrauen zu fotografieren und einen Instagram-Filter rüberzulegen. Davon profitieren dann nicht nur die Jugendlichen, sondern auch ihre Eltern, die durch Instagram ganz sicher sein können, dass ihre Schützlinge gut aufgehoben sind. caw

ITB 2016 Tag 3 | 11. März 2016 young press 2016

„Barrierefreiheit ist längst nicht mehr nur der orthopädische Schuh.“

Der 5. Tag des barrierefreien Tourismus auf der ITB

„Barrierefreiheit ist keine Frage einer einzelnen Zielgruppe, sondern betrifft jeden.“

„Inklusion bedeutet: Alles für alle.“

„Wenn man vor Jahren gesagt hätte, wir machen eine Kunstausstellung für Blinde, für Sehbehinderte, hätte man zu hören bekommen ‚Was soll das?‘“ – „Das kriegst du heute auch noch zu hören.“

(Stimmen körperlich eingeschränkter Besucher auf der ITB.)

Die Veranstaltungen vom Tag des barrierefreien Tourismus findet in einem großen Raum statt, eine Rampe führt im flachen Winkel auf die Bühne. Es gibt freie Flächen für Rollstühle. Zwei Gebärdendolmetscher übersetzen abwechselnd die Begrüßungsworte von Iris Gleicke, der Beauftragten der Bundesregierung für Mittelstand und Tourismus. Zeitgleich erscheinen die Worte in vereinfachter Form auf einer zwei mal zwei Meter großen Leinwand. In einer Kabine am Eingang des Saals übersetzen zwei junge Damen über Headsets jedes Wort. Wohin man sieht: Barrierefreiheit. 

2002 trat das Behindertengleichstellungsgesetz in Kraft. Seitdem ist viel passiert. Ein solider Anfang sei gemacht, darin sind sich die Teilnehmer an der Podiumsdiskussion Im City Cube einig. Der barrierefreie Tourismus bietet inzwischen rund 900.000 Arbeitsplätze und erwirtschaftet momentan über fünf Millionen Euro. Argumente, die „selbst das größte Brett vorm Kopf lösen sollten“, so Verena Bentele, Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen. Sie ist selbst blind. In nur zwanzig Jahren sei ein Drittel der Bevölkerung voraussichtlich auf Barrierefreiheit angewiesen. Davon dreißig Prozent durch eine Behinderung, ganze siebzig Prozent aus Altersgründen. Die barrierefreien Angebote für Touristen seien deshalb vielfältiger geworden. In Soest, einer nordrheinwestfälischen Kleinstadt, die aufgrund von ihren Pflastersteinen bisher schwer zugänglich war, gibt es jetzt zum Beispiel eine Navigationshilfe für Sehbehinderte. Mit einer kostenfreien App können diese Busse in der Stadt identifizieren und schon auf dem Handy ihren Haltewunsch angeben, der an den Bordcomputer des Busses weitergegeben wird. Daneben gibt es barrierefreie Websites, auf denen Sehbehinderte sich den Text vorlesen lassen können, Kunst zum Tasten und Hebebühnen oder Fahrstühle an touristisch wichtigen Orten.

Wie das Ganze in der Praxis aussieht, lässt sich auch gut vor Ort auf der ITB beobachten. Auf der Messewebsite findet man bei „Anreise“ einen Link zur barrierefreien Verkehrsmöglichkeiten und auch auf dem Messegelände gibt es Fahrstühle mit Blindenschrift, Rolltreppen und stufenfreie Gänge. Die Messe bietet zudem einen speziellen Lageplan für Rollstuhlfahrer mit Fahrstühlen oder Wegen ohne Ebenenwechsel. An allen Infoständen bekommen körperlich eingeschränkte Messebesucher Informationen zu ihren Möglichkeiten. Die einzelnen Stände jedoch sind teilweise noch nicht auf Barrierefreiheit ausgerichtet. Viele Stände haben immer noch Hochtische oder Theken für die Beratung. „Gerade im Messebereich wäre es wichtig, eine individuellere Betreuung zu bekommen, um Barrierefreiheit zu garantieren“, erklärt Verena Bentele, die Bundesbehindertenbeauftragte. Zum Thema Barrierefreiheit im Tourismus sei noch viel Luft nach oben, die es auszuschöpfen gelte. Denn „der demografische Wandel wird uns einholen“, weiß auch Carolin Ruh, Geschäftsführerin vom Tourismusmarketing Niedersachsen.

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ITB 2016 Tag 3 | 11. März 2016 young press 2016

Fünf Tipps für das perfekte Reisevideo

Bloggen ist aus der Reisebranche kaum noch weg zudenken. Doch zu einem guten Blog gehören nicht nur Texte und Fotos, sondern auch gut durchdachte Videos: Unser Reporter Till war auf dem Workshop „Erfolgreiche Reisevideos im Internet“ und gibt euch hier die fünf wichtigsten Tipps um möglichst viele Zuschauer zu gewinnen:

Tipp 1: Wählt einen passenden und interessanten Überschrift.

Über 80 Prozent aller Zuschauer auf Youtube entscheiden wegen der Überschrift, ob sie sich ein Video anschauen oder nicht. Dabei ist es vor allem wichtig, dass der Titel alle W Fragen beantwortet: Wo? Wie? Was? Wann? Warum? Scheut euch nicht längere Headlines zu wählen und achtet darauf, dass diese auch mit eurem Video übereinstimmen. Youtube besitzt bekanntlich ein Ranking das entscheidet wie oft dein Video gesehen wird. In diesem achtet Google jedoch nicht nur auf die Klick-Zahlen eines Videos, sondern auch auf die Zeiten die die jeweiligen Zuschauer dort verbracht habe. Sollte dein Video also ein paar mal angeklickt, aber immer schon nach ein paar Sekunden wieder geschlossen werden, sinkst du in dem Ranking und dein Video verschwindet in den Weiten des Internets.


Tipp 2: Findet exklusive Perspektiven

Jedes Gebäude, jede Sehenswürdigkeit kann aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden. Dabei sind die Einfachen langweilig, deswegen solltet ihr immer auf der Suche nach einem besseren Blickwinkel sein. Kniet euch hin, klettert auf Bäume oder macht Luftbilder mit Hilfe einer Drohne. Ganz egal. Hauptsache eure Videos wirken frisch und nicht als hätte man sie schon gesehen.


Tipp 3: Vermeidet Gewackel und entfernt es notfalls vor dem Hochladen.

Es gibt nichts schlimmeres als sich Videos anzugucken, in denen andauert die Kamera hin und her wackelt oder das Bild verrutscht. Um dies zu verhindern benutzt am Besten entweder ein Stativ oder haltet eure Kamera bei kürzere Videos möglichst ruhig. Solltet ihr nach dem Drehen feststellen, euer Video ist trotzdem voll von Geschwenke, entfernt es mit Hilfe von entsprechender Software. Diese findet ihr entweder im Internet oder bei Youtube selbst. Dort könnt ihr direkt vor dem Hochladen das Programm „Anti Shock Position“ benutzen.


Tipp 4: Aktiviert die Kommentare, sendet regelmäßig mindestens ein mal die Woche und bleibt in Kontakt mit den Zuschauern.

Umso mehr ihr euch mit euren Betrachtern beschäftigt, umso mehr beschäftigen sie sich auch mit euch. Deswegen beantwortet die Kommentare, die ihr bekommt und ihr ergattert mehr Follower. Das ist ja schließlich euer Ziel: Mehr Personen, die euch folgen, ist gleichbedeutend mit mehr Geld.

Tipp 5: Benutzt Mikrophone und achtet auf euren Ton

Bei Videos wird zwar auch auf das Bild geachtet, doch vor allem auch auf den Klang. Ohne gute Mikrophone geht es nicht. Benutzt Musik, um eventuelle Tonlücken zu schließen und sprecht betont. Wenn ihr selbst nicht besonders gut sprechen könnt, engagiert einen professionellen Sprecher. Diese bekommt man schon für 45 Euro pro gesprochene Minute.


Sind eure Videos fertig, zeigt sie zunächst einmal euren Freunden. Diese können euch dann noch mal Verbesserungsvorschläge geben und mitentscheiden ob es sich lohnt diesen Film ins Netz zu stellen, oder eben nicht!

tis

ITB 2016 Tag 3 | 11. März 2016 young press 2016

„Wenn man bloggt, reist man interessanter.“

Ein Portrait über den Reiseblogger des Jahres 2016, Johannes Klaus.

Johannes-Klaus

Gleich zwei Preise bekam der Blogger Johannes Klaus bei der diesjährigen Verleihung zum Reiseblogger des Jahres 2016 auf der ITB. Applaus, Fotos, Händeschütteln. Komplimente ist Johannes schon gewöhnt. Sein Reiseblog „Reisedepeschen“ war erstplatzierter Reiseblog des Jahres und auch sein Blog „Travelepisodes“ wurde drittplatzierter. 2011 gewann er schon den Grimme Online Preis.

Nach dem Abitur absolvierte Johannes den Zivildienst und reiste danach ein halbes Jahr. 2001 begann er eine Ausbildung zum Grafikdesigner. Anschließend arbeitete er in zahlreichen Agenturen als Art Director. 2010 hängte er seinen Job als Grafikdesigner an den Nagel und reiste 14 Monate um die Welt. Der damals 29-Jährige hielt seine Erlebnisse auf einem Blog fest, der ursprünglich nur für Freunde und Familie gedacht war.

 „Wenn man bloggt, hat man einen anderen Blick auf alles, reist interessanter, weil man Möglichkeiten sieht darüber zu schreiben, etwas daraus zu machen.“

Als er von seinen Reisen zurückkam, hatte er Post: Er hatte den Grimme Online Preis gewonnen. Das war 2011. Sein Blog hieß damals noch Reisedepesche, weil heute aber ein ganzes Autorenteam dafür schreibt wurde noch ein „n“ drangehängt – „Reisedepeschen“. „Ich wollte die gewonnene Öffentlichkeit nutzen, um anderen Bloggern zu helfen, eine größere Leserschaft zu erreichen.“

Reisedepeschen erzählt Geschichten und listet keine Fakten auf, so wie viele andere Blogs. „Diese Art von Blogs hat es schwieriger, denn bei Google werden sie nicht so einfach gefunden“. Johannes stößt entweder auf passende Reiseblogs oder Blogger schreiben ihm. Er sucht immer nach neuen Autoren, denn manche Blogger hören auf zu schreiben, wenn ihre Reise vorbei ist. Reisedepeschen verzeichnete im Januar 2016 21.500 Besucher. Mittlerweile kann der selbsternannte ‚Multimedia Travel Storyteller‘ von seiner Arbeit als Reiseblogger leben.

Nachdem Reisedepeschen ins Leben gerufen wurde, arbeitete Johannes zunächst weiter als freischaffender Grafikdesigner. „Monetarisierung war nicht meine Intention, es geht um den Spaß am Schreiben.“ Die Autoren bekommen kein Honorar für ihre Texte. Sie profitieren von den hohen Besucherzahlen, die Leser auf ihre Seite bringen und sie bekannter macht. Manche Blogger verdienen auch durch das Schreiben für Unternehmensblogs oder durch gesponserte Artikel, „die klar gekennzeichnet werden“. Er selbst lebe auch von Reisefotographie und Reisefilmen und hat vor kurzem ein Buch mit ausgewählten Reisegeschichten herausgebracht.

Natürlich gehören auch bezahlte oder unbezahlte Pressereisen mit zum Reisebloggerleben. „Pressereisen sind eine völlig andere Art zu reisen, ich kann sie aber für mich nutzen und trotzdem auf meine Art reisen.“ Für Johannes kommt es darauf an, was man aus diesen Reisen macht. Er macht auch klar, dass vor allem bei Pressereisen und Auftragsreisen kein Urlaub stattfindet. Es ist ein Job, wie jeder andere auch. Nur manchmal eben unter Palmen.

Auf die Frage, was Johannes Bloggeranfängern rät, antwortet er, dass Qualität und Authenzität wichtig sind. „Es ist schwieriger als früher, weil es einfach eine große Menge an Blogs gibt.“ Dennoch ist er nicht der Meinung, dass es aussichtslos ist einen Blog zu starten. „Wenn man etwas zu erzählen hat, finde ich es toll das einfach zu tun.“

Johannes muss zum nächsten Termin. Er hat es eilig, denn zu Hause wartet seit kurzem eine ganz besondere, vorerst „Travel Story Hörerin“ auf ihn: Seine kleine Tochter, die erst vor kurzem die große weite Welt erblickt hat. Ursprünglich aus Heidelberg und nun Wahlberliner, kann sich Johannes zwar vorstellen mal im Ausland zu leben, aber eher nur für die Wintermonate. „Ich bin schon viel herumgereist aber es ist auch immer wieder schön nach Hause zu kommen.“

Reisedepeschen.de

Travelepisodes.de

 

Buch-links-1500-1

Zum Buch

ITB 2016 Tag 3 | 11. März 2016 young press 2016

Zzzzzzzzzz….Klatsch! – Brasilien, die Olympischen Spiele und das Zika-Virus

Im August finden die Olympischen Sommerspiele in Rio de Janeiro statt und immer noch infizieren sich täglich Menschen mit dem Zika-Virus. Das Olympische Komitee hat den Athleten und Teammitgliedern die Teilnahme freigestellt. Doch wie riskant ist eine Reise nach Rio wirklich?

Camilla Bonin und Glaucio Mynssen vertreten Brasilien auf der diesjährigen ITB Berlin. Sie sehen in der Verbindung Zika-Virus und Olympischen Spielen kein Problem. „Es gab nur sehr wenige Stornierungen und in Rio sind fast alle Hotels ausgebucht“, sagt Camilla Bonin. Sowohl Bonin als auch Mynssen haben bisher auf der ITB viele Besucher über die Olympischen Spiele informiert und wurden häufig nach Tickets für die Olympischen Spiele gefragt. „Niemand hat Fragen zum Zika-Virus gestellt oder ihn erwähnt“, sagen beide. In Brasilien hingegen findet das Virus große Beachtung und Mynssen findet es sogar gut, dass das Virus in Verbindung mit den olympischen Spielen auftritt. „Ohne die Olympischen Spiele würden sich nicht so viele Menschen für das Zika-Virus interessieren“, sagt er. So bekommt Zika viel mehr Aufmerksamkeit, die notwendig ist, damit schneller geforscht wird und das Virus behandelt werden kann. Denn obwohl er ihn nicht als Reiserisiko ansieht, ist Mynssen der Meinung, dass die Forschungen bisher nur langsam vorangegangen sind. Da die Olympischen Spiele im Winter stattfinden werden, ist die Gefährdung von Mücken gestochen zu werden geringer. Das sieht nicht nur Glaucio Mynssen so, sondern auch der Deutsche Olympische Sportbund. Das Virus sei ein größeres Problem in ländlichen Regionen.

Michael Schirp, Sprecher des DOSB, findet keinen, dass es keinen Grund gibt nicht zu fahren. „Sportler reisen das ganze Jahr rund um die Welt und begegnen allen Krankheiten dieser Welt. Dessen sind sie sich bewusst.“ Trotzdem nimmt der Deutsche Olympische Sportbund gerade das Zika-Virus sehr ernst. Es gibt eine Internetseite für Leistungssportler, die über Infektionskrankheiten aufklärt. Auf dieser Seite wird schon seit Monaten über das Zika-Virus informiert. Vor den olympischen Spielen nehmen die Wettkampf-Ärzte an speziellen Workshops teil. Dieses Jahr wurde dieser Workshop extra mit Informationen über das Zika- Virus ergänzt. Durchgeführt wurde das Ganze von einer Beraterin des Robert Koch-Instituts. „Unsere Grundsätze sind: keine Panik zu verbreiten, vorzubereiten und mitzudenken“, sagt Schirp. Die einzelnen Sportverbände geben Flyer und Hinweise mit Zika Informationen für die Athleten weiter. Dort werden sie über Prophylaxen und darüber, dass es keine Medikamente oder Impfungen gibt, informiert. Die Athleten sollten Fenstergitter, Moskitonetze und Insektenspray nutzen. Zudem soll stehendes Wasser gemieden werden. „In den olympischen Dörfern werden offene Wasserflächen trockengelegt“, so Schirp. Auch das Auswärtige Amt geht von keiner Gefahr während einer Brasilienreise aus. Es weist auf seiner Internetseite auf das Zika-Virus hin, aber spricht nur eine Warnung für schwangere Frauen aus. Camilla Bonin fasst die Situation auf der ITB wie folgt zusammen: „Die Teilnehmer haben nur zwei Möglichkeiten: ignorieren und fliegen oder stornieren.“

LAW

ITB 2016 Tag 2 | 10. März 2016 young press 2016

Zwischen Krise und Erholung: Kamerun kämpft auf der ITB um jeden Touristen

„Ebola hat den Tourismus in ganz Afrika total zerstört“, sagt Agnés Kah, Tourismusbeauftragte Kameruns. Obwohl bei weitem nicht alle Länder Afrikas von der Epidemie betroffen waren, brach der Tourismus im gesamten Kontinent ein. So auch in Kamerun. Doch während die Ebola-Epidemie wieder unter Kontrolle ist, gibt es noch weitere Krisen um Kamerun. Denn das Land ist indirekt von der Präsenz terroristischer Gruppen wie Boko Haram im Nachbarland Nigeria betroffen. Dadurch ist vor allem das Grenzgebiet im Norden Kameruns gefährlich. Das Auswärtige Amt hat deshalb eine Teilreisewarnung ausgesprochen. Um seine Grenze zu Nigeria zuätzlich zu sichern, habe Kamerun mehr als 200.000 Soldaten in die nördlichen Grenzgebiete geschickt. In den letzten Monaten hat sich der Tourismus wieder langsam erholt und erste Touristengruppen sind wieder ins Land gereist. Tourismusbeauftragte Agnés Kah hofft, dass sich die Lage in 2016 noch weiter beruhigen wird und wieder mehr Touristen ihr Heimatland besuchen werden. Besonders traurig findet sie es, dass die meisten Deutschen nichts über die deutsche Kolonialisierung Kameruns wissen. „Alle kennen unseren berühmten Fußballer wie Roger Milla, aber selbst die Gebildeten wissen nichts über unsere Geschichte. Trotzdem zieht sie nach den ersten zwei Tagen auf der ITB in Berlin eine positive Bilanz: „Wir waren sehr, sehr beschäftigt“.

Kameruns Tourismusbeauftragte auf der ITB im Gespräch mit young press

Kameruns Tourismusbeauftragte auf der ITB im Gespräch mit young press

„Ein Massentourismus-Land ist und wird Kamerun jedoch nie werden“, so Kahs Einschätzung. Denn es sei schwer, Tourismus bei den 23 Millionen Kamerunern beliebt zu machen. Viele von ihnen seien der Ansicht, ausländische Touristen kämen immer nur, um etwas von den Einheimischen zu nehmen. Aus diesem Grund sei es sehr schwer, die Einheimischen davon zu überzeugen, dass ihnen der Tourismus etwas bringt.

Diese Einstellung der Kameruner bringt jedoch auch Vorteile für Touristen mit sich, meint Kah, vor allem was die Urpsrünglichkeit und Unverstelltheit der Bewohner angehe: „Die Kameruner warten nicht bis du kommst, um dann für dich zu tanzen, sondern du triffst sie dort beim Tanzen so, wie sie sind“, erklärt Kah.

fep & mlp

ITB 2016 Tag 2 | 10. März 2016 young press 2016

Beim Wandern ist 4.0 nicht gleich 4.0

Nach der Industrie 4.0, die für die Maschine-zu-Maschine-Kommuikation im Produktionsprozess steht, ist auf der ITB der Begriff „Travel 4.0“ in aller Munde. Die Messe versteht darunter vor allem touristische Serviceleistungen durch menschenähnliche Roboter. Auf der Projektpräsentation „Wandern 4.0“ wurde die Versionsbezeichnung einmal ganz anders verwendet: Nach den Projekten Wanderbares Österreich (1.0), Lehrwanderwege (2.0) und Geprüfte Wanderqualität (3.0), stellten Eckhart Mandler, Geschäftsführer der österreichischen Wanderhotels, und Sieghard Preis, Chef des Reisemanagers TAO, „Wandern als ganzheitliches Erlebnis“ (4.0) vor. Zu diesem Zweck schlossen sich sechs Dörfer aus der Alpenregion zu „Europas Wanderdörfern“ zusammen, darunter Lech am Arlberg und Pfronten im Allgäu. Ihnen sollen in Zukunft rund 30 weitere Dörfer folgen, um den Wanderern eine Vielfalt an verschiedenen europäischen Landschaften unter einem Gütesiegel zu bieten. Die Kriterien des Siegels sind trotz 4.0-Label ganz untechnologisch: Sie umfassen eine dörfliche Leitidee, ein positives Erscheinungsbild und ein Leitsystem mit Wanderstartplatz und Orientierungssystem. Außerdem muss im Dorf mindestens drei Wanderbetriebe bieten, wer sich dem Projekt anschließen will. Der Teilnehmerkreis soll zukünftig auch über die Alpen hinaus erweitert werden. Die Idee sieht laut Reisemanager Preis vor, dass demnächst etwa Dörfer aus der Provence oder dem brandenburgischen Flachland der Hochgebirgs-Initiative beitreten können. fep

ITB 2016 Tag 2 | 10. März 2016 young press 2016

Die Karriere im Blick: Das ITB Career Center

Es ist 11 Uhr morgens, die ITB hat seit zwei Stunden geöffnet. Die Stühle, die vor der Bühne im Career Center stehen, sind schon jetzt voll besetzt. Der erste Vortrag über Karrieremöglichkeiten im Tourismus beginnt, die Zuschauer sind still. Gleich daneben werben Universitäten und internationale Tourismusunternehmen um die größtenteils jungen Besucher. Die Infostände sind voll besetzt.

Mit über 50 Ausstellern ist das Career Center der zentrale Anlaufpunkt zu den Themen Karriere in Tourismus, Reiseverkehr und Gastgewerbe. An allen fünf Messetagen können sich hier interessierte Touristiker jeden Alters über die Perspektiven ihres Berufszweiges informieren. An zwei großen Stellwänden in der Mitte der Halle hängen Informationen über vakante Stellen, an denen nicht nur Einsteiger und junge Menschen stehen bleiben. Bei vielen Stellenausschreibungen gibt es die Möglichkeit, sich vor Ort mit den Ausstellern zu einem kurzen Kennenlerngespräch zurückzuziehen. Seit 2009 ist zudem die Bundesagentur für Arbeit vertreten und informiert über vakante Stellen im Zusammenhang mit der Tourismusindustrie. Hier können Besucher private Berufs- und Bewerbungsberatungen wahrnehmen.

Daneben sprechen Universitäten, (Hoch-)Schulen und Weiterbildungsanbieter im ITB Career Center besonders jüngere Besucher an. Sie haben Studenten oder Auszubildende akquiriert, die mit Begeisterung für ihre Universität, ihr Unternehmen und ihren Beruf werben. Justina und Morgane sind zwei von ihnen. Justina ist Vorzeigestudentin mit Stipendium im Hotelmanagement an einer privaten Akademie in Dubai, „The Emirates Academy“, Morgane eine Studentin der „HOTELSCHOOL THE HAGUE“ im FastTrack Programm – ein Programm, bei dem eine zuvor absolvierte Ausbildung im Tourismus auf die Studienzeit angerechnet wird. Die Strategie scheint aufzugehen. Die jungen  Studenten und Schüler locken immer wieder Gleichaltrige an die Stände und geben ihnen dort Informationen und werben potenzielle Studenten oder Angestellte. Wie viele der späteren Bewerbungen jedoch direkt auf den Auftritt auf der ITB zurückzuführen sind, sei nicht nachzuvollziehen, sind sich die Anbieter des Career Centers einig, da man auch auf anderen Wegen um den Nachwuchs werbe.

Wer das Career Center besuchen möchte, hat bis zum 13.03. dazu die Möglichkeit. Es befindet sich in der Messehalle 11.1.

Das Bühnenprogramm kann unter http://www.itb-berlin.de/Besucher/CareerCenter/ heruntergeladen werden.

ITB 2016 Tag 2 | 10. März 2016 young press 2016

Mehr als Kuli und Cap – die fünf besten Giveaways auf der Reisemesse

Kugelschreiber sagen, abgesehen von einem aufgedruckten Logo, wenig über ein Land aus. Aber wer ein bisschen die Augen offen hält, der findet auch auf einer Kugelschreiber-lastigen Messe wie der ITB Giveaways, die eine Geschichte erzählen.

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Malaysia: Nutmeg-Sweets

Ein süßlich beißender Geruch liegt in der Luft, am Stand von Malaysia. Er kommt von den kleinen gelben Streifen in den Plastikdöschen, die einem beim Vorbeigehen in die Hand gedrückt werden. Sie sehen aus wie gezuckerter Ingwer, doch es ist Nutmeg. Jeder, der nicht weiß, was Nutmeg ist, weiß es spätestens nach dem ersten Probieren. Dieser Geschmack ist unverkennbar: Muskatnuss! Sehr süß und sehr gewöhnungsbedürftig. In Malaysia wird Muskat in allen Variationen gegessen: Muskat-Bonbons, Muskat-Tee, Muskat-Saft, Muskat-Wasimmermanwill. Man sollte allerdings nicht zu viel wollen und auch nicht den ganzen Becher alleine essen, denn Muskat enthält halluzinogene Wirkstoffe. Bei zu hohem Konsum wirken diese wie Ecstasy. Vielleicht sind die Malayen am Stand ja deswegen immer so super drauf.

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Kasachstan: Filz-Blume

Ein Haus, das man beim Umzug einfach einpackt und auf dem Pferd transportiert. Für Aigul aus Kasachstan ist das nichts besonderes. Sie stammt von den Nomaden ab, die wegen ihrer Tiere ständig weiterwandern. Filz ist für die Nomaden ein Produkt, das ihnen nicht ausgeht, deshalb stellen sie auch fast alles daraus her. Nicht nur ihre Inneneinrichtung, sondern auch ihre Häuser. Sie wickeln den Filz um Holzstangen und spannen ihn als Dach von einer Seite zur anderen. Ziehen sie weiter, falten sie den Filzteppich einfach zusammen und ziehen ihn am nächsten Ort wieder hoch. Der Stoff wirkt wie eine Thermoflasche – bei Kälte wärmt er, bei Hitze kühlt er. Am Stand für Kasachstan filzt Aigul ausnahmsweise mal kein Haus, aber dafür eine schöne Blume, die man sich als Andenken an die Nomaden mitnehmen darf.

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Südkorea: Gaksi-Maske

Es war einmal ein kleines Mädchen im Hahoe-Dorf in Südkorea. Als sie 17 war, starb ihr Mann und kurz darauf auch das Mädchen selbst. Ihr Geist jedoch ist bis heute am Leben und beschützt seit jeher das Dorf und all seine Bewohner. Zu Ehren des kleinen Mädchens hängt an jeder Haustür in Hahoe eine Maske, die böse Geister vertreibt. Die Gaksi-Maske.“ Die Südkoreanerin Cho-Rong erzählt diese Legende gerne, während Besucher kleine Holzmasken, die auf dem Tisch liegen, selber anmalen dürfen. In echt sind die Masken größer, aus robustem Holz und werden von Hand geschnitzt. Die Künstler achten darauf, dass jede Gaksi-Maske kleine, zugekniffene Augen und einen schmalen Mund bekommt. Diese Gesichtszüge stehen sinnbildlich für den Charakter des Mädchens: Zurückhaltend und ruhig. Attribute, die in Südkorea sehr geschätzt werden.

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Indien: Mehendi-Tattoo

Goldene Armreifen, gemustertes Gewand, schwarzer Kayal und eine kleine Tube mit brauner Paste in der Hand. So sitzt die Inderin Nimisha am Stand von Indien und begrüßt ein Mädchen nach dem anderen, die sich Henna-Tattoos von ihr machen lassen wollen. Kunstvoll lässt Nimisha innerhalb von Sekunden ein Mehendi, wie die Tattoos ursprünglich genannt wurden, auf den Händen der Mädchen entstehen. In Indien tragen Frauen diese zu wichtigen Anlässen wie Hochzeit oder Geburt auf beiden Händen und Füßen. Es ist eine Tradition, die Glück bringen soll. Bei Hochzeiten ist das Henna-Tattoo der Bräute besonders groß, denn jede Form und jedes Muster hat eine Bedeutung, und das alles muss auf den Körpern untergebracht werden. Blumen zum Beispiel stehen für Glück und das „V“ für Schönheit. In manchen Städten in Indien bekommen auch Männer zu Hochzeiten Mehendis aufgemalt, aber das ist eher selten. Die Muster sind für sie zu feminin. „Meine zwei kleinen Söhne wollen oft auch Henna-Tattoos, aber nicht sowas mädchenhaftes. Deshalb male ich ihnen ab und zu eine Henna-Rakete auf die Arme, dann sind sie zufrieden.“, erzählt Nimisha, bevor sie sich wieder ganz ihren Mehendis widmet.

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Zypern: Halloumi-Korb

Wenn man es weiß, erscheint es ganz logisch, wenn nicht, rätselt man sehr lange herum. So lange, bis Kemal aus Zypern im gebrochenen Englisch erklärt, wozu die grünen Körbchen, die er den ganzen Tag flechtet, gut sind. Sie sehen zwar schön aus, sind aber keine Deko, sondern eine Kochutensilie. Aus langen, festen Grashalmen, die wörtlich übersetzt „Spagetthi-Gras“ heißen, werden sie zusammengebunden. Nudeln stellt man mit den Körben allerdings nicht her – sondern Käse. Milch und Joghurt werden in einen solchen Korb gekippt, die Flüssigkeit fließt durch die Lücken heraus und das, was in dem Korb übrig bleibt, ist Halloumi. Die besondere Würze des Grillkäses entsteht auch dadurch, dass der Geschmack des „Spagetthi-Gras“ vom Käse angenommen wird. Die Körbe sind also ein natürlicher Filter, geben Würze und sind ganz typisch für Zypern und sein kulinarisches Angebot. caw

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Sharing is CARing -Trends der Sharing Economy

Neue Technologien haben die Reisemobilität grundlegend verändert. Travel 4.0. Zu diesen neuen Konzepten gehört auch Corporate Carsharing.

„Jede 1,4 Sekunden wird ein Carsharing-Fahrzeug gemietet,“ sagt Ensar Askeül, ein Mitarbeiter des Carsharing-Anbieters car2go. Kunden sind dabei längst nicht mehr nur Hipster und Leute mit wenig Geld, auch immer mehr Unternehmen steigen auf den Trend mit auf.

Die Studie „Chefsache Business Travel 2016“ des Deutschen Reiseverbandes belegt, dass zwei Drittel der Geschäftsreisenden schon einmal Carsharing genutzt haben. Gefunden, geöffnet und wieder abgeschlossen wird das gemietete Fahrzeug einfach per Smartphone-App. Das Problem am Public Carsharing: Jeder kann es benutzen und deswegen ist nicht immer ein Fahrzeug in der Nähe. „Obwohl alleine car2go und DriveNow in Berlin über 2.000 Autos zur Verfügung stellen,“ sagt Stephan Tillmanns, Produktmanager bei corporate-carsharing.com.

 Eine Alternative könnte das zusammen führen von Carsharing und Leasing eines Firmenwagens sein. Manuelle Buchungsprozesse, Fahrtenüberführungen und Schlüsselübergaben machen den gängigen Firmenwagen unnötig umständlich. Außerdem ergab eine Studie des Fraunhofer Instituts, dass Dienstfahrzeuge eine durchschnittliche Standzeit von 70 Prozent haben.

„Führt man beide Konzepte zusammen und kombiniert ein Leasingfahrzeug mit der Carsharing Technologie, so bekommt man die scheinbar ideale Lösung: Corporate Carsharing,“ sagt Tillmanns. Schlüsselkästen und Fahrtenbücher werden damit abgeschafft, die exklusive Mobilität jedoch erhalten. Schon ein Fünftel der deutschen Unternehmen setzen laut Tillmanns schon auf den neuen Trend des Carsharings. ane

ITB 2016 Tag 2 | 10. März 2016 young press 2016

Umfrage: Wie erleben Sie Berlin?

Mehr als 115.000 Fachbesucher aus aller Welt tummeln sich auch dieses Jahr wieder auf der ITB Berlin. Auch wenn Sie hauptsächlich zum Netzwerken und Geschäfte abwickeln vor Ort sind, sind sie gleichzeitig auch Touristen in der Hauptstadt. Wir haben fünf ITB-Besucher aus fünf verschiedenen Kontinenten gefragt, wie ihnen Berlin gefällt und was sie damit verbinden.

Maria Kaldani, Miami/Florida (USA), Hotelberaterin:

1„Was ich an Berlin am meisten mag, ist, dass es so vielfältig ist. Hier trifft man Menschen aus der ganzen Welt. Es ist schon eine deutsche Stadt, aber man findet zum Beispiel nicht nur deutsche Restaurants, sondern auch französische, italienische oder indische. Und ich finde die Berliner sehr freundlich. Sie sind aufgeschlossen und wissen über Vieles Bescheid. Sie haben für alles, was du fragst, eine Antwort. Es ist eine sehr internationale Stadt.“

 

Chen Ziping, China (Asien), Management-Student:

2„Ich mag die Architektur, die Landschaft und das Essen. Ich bin auf Studienreise mit meinen Kollegen in Deutschland. Als erstes waren wir in Düsseldorf, und mein erster Eindruck von der Stadt war, dass viel weniger Menschen unterwegs sind als in China. Hier schließen die Geschäfte früher, danach wird es ruhiger auf den Straßen. Im Gegensatz dazu ist Berlin belebter.“

 

 

Modou Jagne, Gambia (Afrika), Hotelier:

3„Es ist eine sehr nette Stadt mit jeder Menge Geschichte dahinter. Man kann viel unternehmen und entdecken. Und ich finde das öffentliche Verkehrssystem sehr gut. Der einzige Nachteil ist, dass es für mich ein bisschen schwer ist, deutsch zu verstehen. Oft brauche ich ein bisschen, bis ich etwas herausfinde. Wenn man auf Englisch etwas fragt, ist es manchmal schwer, hier eine Antwort zu bekommen.“

 

 

Thorsten Gerke, Ostfildern (Deutschland), Tourismus-Manager:

4„Ein Stück von Berlin ist bei jedem Besuch neu. Immer wieder, wenn ich in die Stadt komme, merke ich, dass sie sich permanent verändert. Immer wieder ist etwas Neues passiert – egal, ob eine neue Location aufgemacht hat, eine neue Baustelle eröffnet wurde oder sich kulturell etwas Neues tut. Berlin verändert sich – das kann stressig sein, das kann aber auch etwas Tolles sein.“

 

Ashley, Turtle Down Under (Australien), Marketing Manager:

5„Berlin ist schön, freundlich und ein bisschen underground – einfach anders. Es ist reich an Kultur und Geschichte. Jeder hier ist unglaublich freundlich. Man kann hier so viel zu unternehmen und entdecken, zum Beispiel Orte zum Essen und Ausgehen. Die Stadt hat wirklich alles.“

 

 

 

 

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ITB 2016 Tag 1 | 9. März 2016 young press 2016

Russland: Nichts Neues, aber alles „toll.“

Eine Erfahrungsbericht von einer Pressekonferenz der etwas anderen Art.

Mitten im internationalen Pressezentrum liegt an diesem Morgen die offizielle Einladung zur russischen Pressekonferenz. „10 Gründe um Moskau zu besuchen“ lautet die vielversprechende Überschrift des „Departments für Nationalpolitik, internationale Beziehungen und Tourismus der Stadtregierung Moskau.“ Um 14 Uhr sitze ich in einem kleinen, aber überfüllten Raum. Überwiegend russische Journalisten warten gespannt auf die angekündigte Rede.

Die Pressekonferenz beginnt und sie wird statt auf dem sonst üblichen Englisch auf Russisch gehalten. Über eine Stunde spricht der Minister der Moskauer Stadtregierung Vladimir V. Chernikov über Sehenswürdigkeiten wie Denkmäler, Museen, Wahrzeichen, Festivals, Theater. Für Chernikov ist alles, aber wirklich alles toll. Die Parks: Weltklasse, die 270 Museen: Großartig, die gerade neu eröffnete Moschee: Unglaublich, selbst die Moskauer Polizisten, die, ich kann es kaum glauben, zwei Sprachen sprechen sind einfach nur super klug und super freundlich.
Und sonst so? Neues? Ungewöhnliches? Kostenloses Wifi oder Doppeldecker-Busse mit acht Sprachen. Das soll es sein? Für mich sind diese „Highlights“ in unserem Jahrhundert doch Standard. Und offenbar nicht nur für mich. Nach zehn Minuten verlassen die ersten Journalisten den Raum. Minister Chernikov aber macht unverdrossen weiter: Mehr als 60 Prozent der Moskauer machen Sport, es gibt 2500 Fahrräder in der Stadt und sogar Hotels mit weniger als 4 Sternen. Grandios. Weltklasse. Sensationell. Ich verlasse den Raum mit dem Gefühl eine ganze Stunde meiner Lebenszeit sinnlos verschwendet zu haben. Na toll. tis

ITB 2016 Tag 1 | 9. März 2016 young press 2016

Zwischen Terrorismus und Boom: Der zweigeteilte Reisemarkt

Terroraschläge wie in Paris, Istanbul oder Hurghada verunsichern deutsche Urlauber. Viele fragen sich, wo sie noch gefahrlos hinreisen können. Die diesjährige Reisemesse ITB reagiert darauf mit Podiumsdiskussionen und Gesprächsrunden.  Denn „Sicherheit ist für die Tourismus-Branche von allerhöhster Priorität“, versichert der Präsident des Deutchen Reiseverbands Norbert  Fiebig. Der Verband befindet sich rund um die Uhr in engem Austausch mit dem Auswärtigen Amt, um im Zweifelsfall schnell reagieren zu können. Der DRV ist sogar überzeugt, dass kaum eine Branche so ein gutes Krisen- und Sicherheitsmanagement hat wie die Reisebranche.

Die Deutschen sind weiterhin unangefochten Reiseweltmeister. Durchschnittlich 20 Tage verbringen sie pro Jahr auf Reisen. Doch Terror, politische Krisen oder Naturkatastrophen beeinflussen die Wahl des Urlaubsziels und verändern das Ranking der bisher beliebtesten Reiseländer. Aktuell bekommen das vor allem die Türkei, Ägypten und Tunesien zu spüren, die teilweise einen Buchungsrückgang von bis zu 40% verzeichnen. Die Türkei, letztes Jahr noch auf dem dritten Platz der Lieblingsurlaubsländer der Deutschen mit mehr als fünf Millionen deutschen Touristen, wurde zum Jahresanfang nur von wenigen Touristen gebucht. Ein herber Schlag für die Türkei. Die Toursimusbranche ist mit einem Anteil von etwa 10% am Bruttoinlandsprodukt ein wichtiges Standbein der türkischen Wirtschaft. Veranstalter erhoffen sich trotz der Einbrüche eine starke Spätbucherphase in diesem Jahr. Ähnlich sehen dies die Reiseveranstalter in Ägypten und Tunesien, die stets behaupten, ihre Länder seien sicher. Das Auswärtige Amt sieht das anders und hat beispielsweise für Ägypten eine Teilreisewarnung ausgesprochen. Doch die Reisebranche konnte schon oft beobachten, wie nach Anschlägen oder anderen Katastrophen die Buchungen schlagartig zurückgingen, sich aber auch relativ schnell wieder erholten, sobald sich die Situation beruhigte. So haben sich nach Angaben des DRV beispielweise die Paris-Buchungen bereits wieder stabilisiert.

Doch auch in unruhigen Zeiten lassen sich die Deutschen ihren Urlaub nicht nehmen. Deshalb gibt es neben den Verlierern auch aktuelle Gewinner. Zu diesen zählen vor allem Spanien, Italien, Portugal aber auch Bulgarien, da Urlauber auf diese Reiseziele ausweichen. So sei es bespielsweise jetzt schon kaum noch möglich in den Sommerferien Zimmer am Gardasee zu bekommen, so der DRV. Auch Deutschland, traditionell das liebste Reiseland der Deutschen, profitiert und konnte einen deutlichen Anstieg der Buchungen zum Jahresanfang verzeichnen.

Auch die vielen Flüchtlinge, die sich aktuell in oder auf dem Weg nach Europa befinden, haben Auswirkungen auf die Reisebranche. Vor allem das Urlaubsziel Griechenland ist direkt betroffen. Auf den griechischen Inseln kommen täglich viele Menschen an und wollen weiter nach Europa. Zwar gehört Griechenland nicht zu den aktuellen Verlierern der Branche und konnte im Vergleich zum Vorjahr fast konstante Buchungen für den Jahresanfang verzeichnen, doch die griechischen Reiseveranstalter bemerken bereits eine leichte Verschiebung der Urlaubsbuchungen. So erfreuen sich vor allem die ionischen Inseln an der griechischen Westküste großer Beliebtheit, da diese nicht auf der Route der Flüchtlinge liegen. Trotzdem würden viele Touristen, vor allem Stammgäste, dennoch auch auf andere griechische Inseln wie zum Beispiel Lesbos fahren, „um die dortlebenden Griechen und ihren Tourismus vor Ort zu unterstützen“, so schätzt es eine griechische Reiseveranstalterin ein.

Eine große Sorge des Deutschen Reiseverbands ist die poltische Lage in Europa und die zunehmenden Grenzschließungen. „Wir sollten uns das hohe Gut der Reisefreiheit nicht nehmen lassen“, warnt der Präsident des Deutschen Reiseverbands Norbert Fiebig eindringlich.

ITB 2016 Tag 1 | 9. März 2016 young press 2016

Beten auf der ITB

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Smalltalk, Lärm, Visitenkarten – alles schreit auf der ITB nach Aufmerksamkeit und das hat Auswirkungen auf den Stresspegel der Beteiligten. Inmitten des Trubels sind Orte der Ruhe umso wichtiger. Der „Raum der Stille“ ist ein kleiner Gebetsraum, der Besuchern wie Beschäftigten aller Konfessionen Zuflucht bietet vor der Reizüberflutung des hektischen Messealltags. Er wird von der evangelischen Kirche angeboten und liegt ganz unscheinbar inmitten der riesigen Hallen zwischen einem großen Aufzug und dem Messe-Shop. Es gibt auch einen nach Mekka ausgerichteten Gebetsteppich, was den Ort unter Muslimen besonders beliebt macht. Auch an diesem Tag kommen einige Besucher: Eine Muslimin in beigem Oberteil läuft am Eingang vorbei. Sie sieht die weißen Vorhänge unter dem zweisprachigen Schild „Raum der Stille / Room of Silence“, wird neugierig, geht zurück und öffnet schließlich zögerlich die Tür. Zum Beten hat sie heute keine Zeit: „Ich war jetzt nur kurz drinnen, aber der Raum ist eine super Idee und hat mir sehr gut gefallen“, sagt sie danach.

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Wie wichtig für Muslime an einem Ort wie der ITB die Möglichkeit zum Gebet ist zeigt sich auch im Gästebuch des Raumes, in dem sich mehr als die Hälfte der Besucher speziell für die muslimische Gebetsecke bedanken. So schreibt zum Beispiel Mustafa auf deutsch: „Danke, dass an einen Gebetsraum gedacht wurde, sonst müsste man wohl oder übel draußen auf dem harten Boden beten.“

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Andere wie Abu Baker vom sudanischen Ministerium für Tourismus schaffen sich ihren eigenen Gebetsraum: In Halle 21 haben sich Aussteller aus muslimisch geprägten Ländern wie Sudan, Marokko und Tunesien zusammengeschlossen und hinter den Ständen eine kleine Gebetsecke eingerichtet. Das ist vielleicht sicherer: Zurück im Raum der Stille kratzt gerade Pfarrei-Helferin Christine Thon die Wachsreste von den Kerzenständern. Sie erzählt, dass der Gebetsteppich in Wirklichkeit nicht genau nach Mekka zeigt. Das sei bei der Raumaufteilung nicht möglich gewesen, lacht sie, „aber die Leute haben sich daran gewöhnt“. fep

ITB 2016 Tag 1 | 9. März 2016 young press 2016